Dienstag, 9. August 2011

VIII Von Buchara bis Chojand

3.8.
Nichts spezielles. Morgenspaziergang, Socken und Nastücher einkaufen, die in Chiwa geblieben sind. Letzter Besuch bei Jakub Andreiewitsch, der sehr zufrieden ist mit der Wunde. Uebermorgen kann ich den Verband abnehmen, nur noch desinfizieren mit einem furchtbar färbenden Stoff, türkis. Ausruhen.

5 Brissago
Am Abend unterhalte ich mich noch mit Rahim. Er will Tourismus studieren gehen ins Ausland und wieder zurückkehren. Mal sehen. Ich schenke ihm noch ein kleines Victorinox-Taschenmesser (Danke, Heiri!). Und dann gibt er sich sichtlich einen Ruck und bittet: „Could I please have five Swiss cigars?“ Er will fünf Brissago! Mir ist schleierhaft, was er damit macht, aber selbstverständlich bekommt er sie. Er ist ein Goldstück!

4.8.
Heute sind wir um halb sechs früh los, damit wir ohne grosse Hitze nach Samarkand kommen. das hat geklappt, wir waren um halb elf im Hotel, das ich trotz Baustellen in der Stadt mit List und Tücke gefunden habe. Die durchgängig vierspurige Strasse war durchzogen, aber alles in allem relativ gut, auch wenn das Quietschen des Büssli (kaputte Aufhängung) nervig ist und vorsichtiges Fahren angesagt.















In der Altstadt



Das Hotel Zarina ist gut gelegen, aber eher eine Enttäschung. Wir werden wechseln, und wir wissen auch schon wohin: Antica, etwas weiter vom Hauptplatz Registan, aber dafür direkt neben dem wunderschönen Mausoleum Bibi Amir, das Timur Lan für sich gebaut hat, und wo auch seine Söhne liegen. Er hat beide überlebt, sein Nachfolger war sein Enkel Ulug Bek, der grosse Wissenschaftler, Philosoph, Musiker und Dichter.













Nachmittag: ausruhen.

Registan

Timur hat auch das erste Gebäude am Registan gebaut, dem Hauptplatz, an dem drei Medressen drei Seiten einnehmen. Den haben wir am Abend ansehen wollen, aber er war zu. Es ist ein eindrückliches Ensemble, auch wenn es zur Zeit durch eine Tribüne und vielem technischem Drum und Dran völlig verstellt ist. Aber wir sind drum herum gegangen und haben es von allen Seiten bewundert. Die Parkanlage, die neben dem Registan gebaut wurde, ist dafür eher in die Hosen gegangen: steril, mit Kitschlöwen usw.
Das Klima ist hier immer noch sehr heiss, trotz 750 M.ü.M. Aber abends und frühmorgens ist es wesentlich angenehmer als in Buchara.

5.8.
Auf dem Minarett
Frühmorgens sind wir zum Registan, um ihn in anderer Beleuchtung zu sehen. Erneut ist er sehr eindrücklich. Besichtigen können wir ihn aber nur von zwölf bis drei, also in der grössten Hitze. Der Grund ist, dass für das Festival (welches?) gebaut und geprobt wird, und die Touristen nur reingelassen werden, wenn die Profis Siesta machen.
Als wir seitlich um die Gebäude gehen, kommt ein Polizist, und schlägt vor, für 20 Euro auf ein Minarett steigen und dann auch noch die Medresse selbst besichtigen zu können. Gesagt, getan. Es war en fürchterlicher Aufstieg: Bauschutt, Leitern, Steinhaufen waren zu überkraxeln, dann eine halsbrecherische Wendeltreppe, hoch auf allen Vieren, runter mehr oder weniger auf dem Hosenboden, immer kurz vor dem Stolpern. Aber die Aussicht – die hat das gelohnt. Samarkand im Morgenlicht, die Berge am Stadtrand, die kuppeln der Timuriden türkis im Morgenlicht (am Abend sind sie dunkelblau).

Hotelwechsel
Dann haben wir gefrühstückt und ausgecheckt. Der Wirt war erstaunt, als wir sagten, wir seien nicht gewöhnt in einem Hotel zu wohnen, in dem in unserer Abwesenheit das Zimmer und unser Bett betreten würde. Irgendjemand – es war der Wirt, der Trottel – hat jeweils nicht nur den Stecker der Klimaanlage ausgezogen, sondern auch noch die Schaltung abgestellt, wofür er auf das ungemachte Bett steigen musste, auf das wir uns dann wieder zu legen hatten. Er war erstaunt ob unserer Reaktion und wollte uns noch ein besseres Zimmer anbieten. Um das hatten wir schon am Vortag gebeten, aber da gab es scheinbar nichts…
Jetzt sind wir im Antica, das wir gestern Abend rekognosziert haben. Es ist sehr schön, hat einen grossen, üppigen Garten, auf den das Zimmer geht. Trauben, Feigen, Quitten, Maulbeebäume und Aprikosen (eigene Marmelade).









Unser Zimmer




Kutbiya Rafiewa
Und dann die Wirtin. Sie spricht fast perfekt Deutsch, war Dolmetscherin. Ihre Kinder und Neffen decken alle europäischen Sprachen mehr oder weniger ab. Kutfiya Rafiewa erzählte von Delegationen, die sie begleitet hatte, so Joschka Fischer. „Aus der Schweiz?“, fragten wir? „Ja, verschiedene, so auch Thomas Wagner, Zürichs Stadtpräsident.“ Ihr Erstaunen war schon nicht gerade klein, als wir sagten, den würden wir gut kennen, er sei Präsident der Gesellschaft Schweiz-China und wir hätten die Zeitschrift gemacht etc.

Sie versorgt uns mit Lesestoff über Samarkand, Usbekistan und sich selbst, den wir uns jetzt vornehmen.

Ueberraschung und Hilfe
Am Abend machten wir Bekanntschaft mit Gästen aus der Deutschen Botschaft in Taschkent. Daniel Pabst ist 1. Sekretär. Seine Frau Barbara ist – so heisst das im Beamtendeutsch wirklich – MAP = Mitausreisende Partnerin. Sie und ein verwandtes Ehepaar aus Stuttgart mit insgesamt 5 Kindern waren sehr nett und äusserst hilfreich. Die Pabsts haben die Region ausführlich bereist und kennen alle Strassen. Vor allen kennt Daniel alle Grenzübergänge.
Und das ist hilfreich, denn es stellte sich heraus, dass der nächste Grenzübergang seit einem Jahr zu ist, und damit die Tadschiken Usbekistans – Samarkand und Buchara sind an sich tadschikisch, aber Stalin wollte das anders – von ihren Verwandte und Beziehungen abgeschnitten hat.
Die Angaben wurden später von einer Dame aus Lausanne bestätigt, sie ist von da gekommen. Das alles war ein weiteres Beispiel für die alte Reisegel: Der beste Reiseführer sind die Reisenden, die dir auf deiner Route entgegenkommen. Ihr Wissen ist immer aktuell.
Wir müssen auf die Fahrt durch die schönen Berge Nordtadschikistans verzichten, und weiter oben einreisen, südlich von Taschkent. Schade. Und auch dort ist der einfachste Grenzübergang für Dirttstaatler gesperrt. Wir müssen 50 Kilometer nach Norden und dann über einen kleinen Uebergang, der auch für uns zugelassen ist! Und dann wieder nach Süden, denn wir wollen nach Kuhjand, um das Auto zu reparieren. Die südliche Variante durch die Berge nach der Hauptstadt Duschanbe will ich ihm nicht zumuten.

 
Elos Einschub 5.8.
Genervt von Hitze und Staub
Von Kasachstan und Usbekistan bin ich etwas genervt. Auf den ersten Blick nur Wüste… Von der Romantik der Seidenstrasse ist überhaupt nichts zu spüren. Aber mich hat ja schon der Teil der Seidenstrasse in China enttäuscht. Dabei habe ich mir überlegt, dass alle …stans (Afghanistan, Pakistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Kasachstan, Usbekistan und auch Chinas Uiguren-Provinz Xinjiang, die sich selbst gern Ost-Turkistan nennt) von den Umständen wenig begünstigt sind. Wüste, allenfalls unwirtliche Berge, im Sommer grosse Hitze, im Winter grosse Kälte. Es wächst nur, was bewässert wird. Zum Beispiel Baumwolle. Die Folgen davon zeigt der ausgetrocknete Aralsee. Die Wasser-Zukunft ist düster. Zudem sind diese Länder noch von politischen Zuständen betroffen, die jegliche Entwicklung erschweren.

President for ever
Usbekistan ist seit 20 Jahren unabhängig, Präsident ist aber nach wie vor Karimov, der schon Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetrepublik Usbekistan war. Wir wissen nicht, wie es hier vor 20 Jahren aussah, und es hat sich sicher manches entwickelt. Aber Usbekistan gehört zu den ärmeren Ländern dieser Welt. Das sieht man am Zustand der Strassen, der Gebäude (sofern es nicht Regierungsgebäude sind), der Autos und der Kleidung der Leute. Es wird zwar viel gebaut – aber mir scheint, das sind vor allem neue Anlagen zur Feier der 20-jährigen Unabhängigkeit. An vielen Wohngebäuden sieht man auch Klimaanlagen – sicher ein Fortschritt, der das Leben erleichtert. Und Hunger muss wohl auch keiner leiden. Man sieht wenig Bettler, und die Kinder machen einen fröhlichen und gepflegten Eindruck.
Dollar gefragt
Für uns ist alles relativ billig: ein respektables B&B kostet etwa 50 Dollar, eine Taxifahrt führt mit 2 Dollar ziemlich weit, fürs Internet zahlen wir für eine Stunde 1,50, für ein Bier ebensoviel, für eine Kanne  Tee etwa 50 Cent. Gehen wir essen, kommen wir mit 15 Dollar weg (Getränk: Wasser und Tee). Für die Menschen hier ist das aber alles nicht so billig. Der Angestellte im Hotel, der jeden zweiten Tag lang eine Nacht als Portier waltet, verdient 40 Dollar im Monat. Das mag schlecht bezahlt sein, aber Jürgs Arzt verdient wohl auch nur das Doppelte. Eine Packung Zigaretten – hier wird noch viel geraucht – kostet 1 Dollar! Die Inflation ist hoch, man sagt 40 Prozent. Alle wollen deshalb Dollar.

Auch die Arbeitslosigkeit scheint hoch zu sein. Es gibt sehr viel Strassenhandel, viel zu viele Wächter, Polizisten etc. Viele junge Menschen  scheinen davon zu träumen, ins Ausland zu gehen, nach USA, nach Australien, dort ihr Glück zu machen, dann zurückzukommen und ein kleines Geschäft zu eröffnen.

Hemmnisse für die Wirtschaft
Aber gerade das scheint in dieser Volkswirtschaft (z.T. noch Planwirtschaft nach sowjetischen Muster) sehr schwierig. Das Bankensystem funktioniert nur unter Schwierigkeiten, der Handel ist unter solchen Strassenbedingungen äusserst schwierig. Wer ein Auto kaufen will, muss extrem hohe Steuern zahlen und hat zudem nur die Wahl zwischen Chevrolet und Chevrolet…Die Fabrik produziert im Ferganatal Autos, die mit usbekischem Gas fahren. Wer ein Auto importiert, zahlt nicht nur noch mehr Steuern, sondern findet an den Tankstellen auch kein Benzin. Der Baumwollhandel, wohl das einzig einträgliche Geschäft, ist Staatsmonopol. Und am Eingang zum Markt ist eine grosse Tafel mit festgesetzten Preisen für alle Lebensmittel angeschlagen. Jürgs Hang zum Handeln ist hier völlig fehl am Platz.
Das einzig Positive (?): Medizinische Versorgung ist kostenlos. Allerdings müsse man schmieren, wenn man behandelt werden wolle. Die Regierung fördert anscheinend die Privatisierung der Medizin, aber dann könnte die Versorgung für die meisten unerschwinglich werden. (eb)




 (Jürgs verarztete Bein)







6.8.


Der Morgenspaziergang führte uns zum grossen Friedhof, wo wir eine Strasse von zum Teil uralten Mausoleen besichtigten. Dann wollten wir zum Observatorium von Uluk Bek, dem Enkel Timurs. Da kamen wir aber mit dem Taxi nicht durch, es war eine Sportveranstaltung, Biathlon oder Triathlon. Wir sahen Radfahrer und Läufer, ob sie auch geschwommen sind (wo?) blieb unklar.











Wo ist der Esel?




Am Mittag bezogen wir ein anderes Zimmer, das das uns versprochen war, das aber eine Bande von Italienern nicht räumen wollte. Das erste war etwas schwierig, denn die Klimaanlage war ein Flugzeugmotor, der alle 20 Minuten sich neu aufladen musste – ein Höllenlärm. Das jetzige Zimmer ist schön, die Klimaanlage funktioniert, wenn Strom da ist. Der aber wird immer wieder mal abgestellt, wenn sie in Vorbereitung des Musik- und Tanzfestivals von Ende Monat die Bäume schneiden.
Gegessen haben wir, zusammen mit den Leuten von der Botschaft, in einem alten Familienhaus, das durch die Kollektivierung der Sowjetzeit gerettet werden konnte. Die Familie hatte die Führung der Sufi-Sekte und war sehr einflussreich. Als das Haus versteigert werden sollte, fand sich kein Bieter. Gekocht hat Frau Saida Kaiumowa, die uns auch die Geschichte des Hauses näher brachte. Es war sehr gut.




7.8.


Heute sind wir am Morgen in der Neustadt spaziert, unter breiten Parkanlagen mit vielen Bäumen. Eine orthodoxe Kirche hat zum Sonntagsgottesdienst gerufen, die Studenten haben für das Festival geprobt. Auf den Spaziergängen fühlen wir uns immer sicher hier im Land, sei das morgens, mittags, abends oder nachts. Nie ein ungutes Gefühl, das ist schön.


Verschönerung
Nach dem Frühstück wurde ich fachfraulich verschönert. Elo meinte schon lange, die langen weissen Haare in den Augenbrauen gehörten ausgezupft. Dieser Aufgabe hat sich die junge Dame Felicia mit Ernsthaftigkeit, Hingabe, Akuratesse und offensichtlicher Freude angenommen. Sie hat sich nicht stören lassen, dass die Pinzette meines Sackmessers nicht gerade ideal war. Sie hat meinen Kopf festgehalten, gepopelt und gezupft – und wir haben uns übe jedes ausgerissene Haar gefreut. Danke, Felicia, auch in Elos Namen, die das Resultat perfekt findet.

Dichtergarten
Am Nachmittag sind wir in ein kleines Museum gegangen, das Sommerhaus des Dichters Arifa Gulhani, der bis in die 50er Jahre gelebt hat. Er war ein grosser Gelehrter und hat im Sommerhaus einen wunderschönen Garten angelegt, in dem heute viel Pflanzen und Früchte wachsen. Eine Oase im heissen Samarkand.

Am Abend machen wir noch ein Bild von unserer Wirtin und ihrer Tochter. Morgen früh geht es los in Richtung Tadschikistan. Mal sehen. Ich würde jetzt gerne vorwärts.









8.8.
Früh um halb sechs geht es los. Die Fahrt nach Chojand in Tadschikistan ist problemlos, die Strasse in Usbekistan nach lokalem Standard gut, überraschende Schlaglöcher mit eingerechnet. Zweimal erhält das Büssli vorne Schläge, dass es mir im Tiefsten weh tut: Auf einer guten Strasse, auf der wir 90 fahren, ist plötzlich eine Querrinne aussgegraben, 35-40 cm breit und ebenso tief, ausweichen unmöglich, völlig runterbremsen ebenso. Dass ich auch die zweite genommen habe, ist dann schon eher Dummheit. Aber es passiert nichts, zum Glück, das Büssli hält es aus.
Hilfsbereite Usbeken
Der Grenzübergang ist für uns nicht 30 Kilometer vor Chojand, sondern als Ausländer müssen wir 100 Kilometer Umweg nach Norden und dann wieder nach Süden fahren. Warum, das wissen die Götter, aber, wie Schwester Ruth zu sagen pflegt, die sagen’s nicht.
In der Industriestadt Schirin in der Ecke, wo die Grenze und wir von West-Ost nach Süd-Nord abbiegen, finden wir den Weg nicht, Ausschilderung Null.
Wir fragen einen Polizisten, ein zweiter kommt dazu, ein langes Palaver nach woher und wohin, und wir denken, die wollen jetzt auch ein Geschenk, wie der Kollege vor 40 Kilometer, der aber nichts bekommen hat. Wofür auch? Dass er die Karte verlangt hat, angesehen wie ein Erstklässler den Pythagoras der diesen wohl besser versteht, als jener die Karte, und dann meinte, er hätte was verdient. Aber die beiden sind anders. Einer mit einem strahlenden Vollmondgesicht amüsiert sich köstlich, weil wir uns im Detail überhaupt nicht verstehen. Njet Russki, njet usbek, njet Tadschik wir, njet Aleman, njet Angliski, njet Franzes die beiden. Er kugelt sich vor Lachen – und dann lösen sie das Problem. Sie halten einen Wagen an, erklären dem Mann die Sache und bitten ihn, uns voraus zu fahren. Mindestens 5 Kilometer macht er das und steigt am Ende noch aus, erklärt die Details der Weiterfahrt und bedankt sich auch noch bei uns.








Richtung Grenze




Grenzübergang im Niemandsland Schlegel a Wegge
Der Grenzübergang ist neu, gross und mitten im Niemandsland. Wir sind das einzige Auto, was uns freut. Die Usbeken sind, wie immer bürokratisch, pedantisch aber freundlich. Am längsten dauert die Neugier der Zöllner, die alles ansehen wollen und denen ich dann auch noch die italienische Kaffeemaschine erkläre. Da staunen sie nicht schlecht. Wir füllen brav Formulare aus. Die Papiere werden kaum angesehen, und die Mühe mit dem Geld hätten wir uns sparen können. Wir haben soviel Dollar im Geheimfach des Büsslis versteckt („Wo?“, fragt Ihr Euch. Geheim eben…), dass wir nicht mehr rausnehmen, als wir beim Eintritt deklariert haben. Das hätten sie, meint Elo, die auch hier recht hat, nie begriffen, auch mit allen Quittungen von der Bank nicht, die wir bei unseren Abhebübungen erhalten haben. 45 Minuten und durch.
Bei den Tadschiken ging es noch schneller: 30 Minuten. Der Pass ging ganz schnell. Der Mann hat etwas in zwei Hefte eingetragen (Männer und Frauen getrennt!), was auch immer, mir war das egal. Dann dauerte die Zollkontrolle etwas länger, weil ich mich mit den beiden Zöllnern auch hier über woher und wohin unterhalten habe, mit der Karte. Wir haben Varianten diskutiert, sie erklärten mit bis 3000$ Bargeld brauche es keine Deklaration – und das war es dann auch schon. Einer wollte noch Schweizer Geld sehen, denn dass es bei uns Banken gibt, das hat sich bei allen rumgesprochen. Als ich ihm dann eine Zehnernote quasi als Souvenir schenken wollte, hat er das strikte abgelehnt.
Desinfektion
Zwischen Pass und Zoll stand eine Blechbude mit einem Kompressor und einem Hochdruckschlauch: Desinfektion durch zwei Uniformierte. Wir und das Büssli liessen das als offensichtlich sinnvolle Massnahme in einer Landwirtschaftsgegend geduldig über uns gehen. Dann wurde ich in die Blechbude gebeten, in der auch ein Bett zum Ausruhen stand, was bei der Fahrzeugfrequenz offensichtlich nötig ist. Dort hat der eine ein Formular rausgenommen, auf dem ein Stempel war. Das war aber nicht für mich, das gehörte ihnen, und sie machten mir – nach den Sprüchen über die Schweizer Banken – deutlich, dass sie eine Entschädigung für den Service erwarteten. Gutmütig, wie ich bin gab ich ihnen 5 Dollar, blieb aber standhaft bei diesem Betrag, als sie zehn wollten.

Die 60 Kilometer bis Chojand waren die beste Strasse seit Russland. Sie werden von einer Privatfirma betrieben und kosteten einen Dollar Maut, den wir gerne bezahlten. Es war ein tolles Fahrgefühl! Chojand liegt am Sirdarjya, dem Jaxartes der Griechen. Es wurde von Alexander dem Grossen als östlichste Stadt seines Reiches gegründet.

Remont Maschin
In Chojand haben wir im Grand Hotel Chojand eingecheckt. Sehr gut, währschaftes Preis-Leistungs-Verhältnis, schönes Zimmer, gutes Restaurant. Ich habe der Empfangsdame, die kein Englisch ausser einigen Worten spricht, ein Blatt hingehalten, das ich mir in Samarkand habe schreiben lassen. „Remont Maschin?“ meinte sie und ich meinte „Da!“, ja. Ich war zwar Füsilier, nicht Kavallerist, aber das habe ich doch begriffen.
Sie hat zu telefonieren begonnen und kam dann fragen „Typ Maschin?“ Ich habe ihr das zusammen mit dem Jahrgang aufgeschrieben. Nach einiger Zeit sagte sie uns, morgen werde das repariert, um 9 solle ich bereit sein. Das hört sich gut an.









Der Sirdarjya (Jaxartes) am Abend


Die Stadt hat zwar keine Sehenswürdigkeiten, aber nach all den Käffern in Usbekistan (unabhängig der Einwohnerzahl), macht sie einen guten, lebhaften Eindruck, mit vielen Geschäften. Und dass sie am Fluss liegt, angelehnt an, wenn auch raue, abweisende Berge, das tut nach all dem Flachland gut.
Heute habe ich beschlossen, die 10 Tage ohne Alkohol, die mir Jakub Andejewitsch verordnet hat, seinen um, und ich habe ein Bier getrunken.
9.8.
Nicht ganz so einfach

Um 9 kam – nicht der Garagist, sondern ein Abschleppwagen! Weiss der Geier, was da auf meinem Zettel in Russisch gestanden hat. Das hat das Buessli und mich dann schon beleidigt! Der Mann war ein Gangster, kam nicht draus und verlangte für die kurze Fahrt sieben Franken, ein ganzes Abendessen. Helfen konnte er nicht.
Dann aber hat das gespielt, was in diesen Ländern immer spielt: Wenn sie dein Problem erkannt haben, hängen sie ein und helfen, wo immer sie können. Der Mann vom Empfang, der drei Worte Englisch spricht, und den Rest mit der Internet-Uebersetzung seines Natels macht, hat sich meiner angenommen. Wir sind in eine Grossgarage gefahren. Dort kam das Büssli auf den Lift, das Rad wurde abgenommen.
½ Beruhigung
Die Fachleute sahen sich die Sache an. Sie hatten das Teil nicht (ich denke immer noch, es ist die Radaufhängung). Aber sie sagten, die zwei Schrauben, die noch dran sind, seien genügend, es bestehe keine Gefahr. Das glaube ich ihnen, die die Schläge von gestern wurden klaglos überstanden. Das Quietschen komme von der kaputten Gummidämpfung, sei aber nur ein Problem für das Gehör. Rad wieder drauf, Kosten null!
Mit dem Mann vom Empfang habe ich nun ausgemacht, dass er heute nach einem Ersatzteil sucht, das wir, wenn er es findet heute oder morgen montieren lassen. Wenn nichts da ist, geht es weiter mit Musik. Verständigt haben wir uns teilweise via USA. Sein Bruder ist dort, den hat er einfach angerufen und informiert. Dann habe ich ihm gesagt, was er will, er hat es weitergegeben, und das ist gut so. Für die Spesen durfte ich nicht aufkommen!

Wolken
Heute früh war der Himmel bedeckt. Ganz eigenartig, nach den wolkenlosen Wochen, mit viel Sonne zwar, aber eine Sonne, die brennt, knallt und ausglüht. Selbst Elo war das manchmal zuviel. Hier sind die Morgen und Abende sehr angenehm, wie an einem richtig heissen Sommertag bei uns. Jetzt kommt wieder heiss durch das Fenster herein, während ich schreibe. Aber kein Vergleich mit Samarkand, geschweige mit  Chiwa und Buchara.

9.8. / Chojand / JB.