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Ich werde jedenfalls Delphine in der Gefangenschaft nur noch mit gemischten Gefühlen sehen können. Sie brauchen viel Raum.
ad Christoph
Aber das war schon früher so: War es doch dieser saubere Herr, der während des Abstimmungskampfes um die Minarettabstimmung (zusammen mit seinem Kumpel Z. aus Münchwilen) bewaffnet mit einem Kartonminarett (jeder wählt seine Waffen selbst) lärmend um den Postkreisel in Frauenfeld gezogen ist. Als ich ein führendes SVP-Mitglied auf die Sauerei ansprach, redete er sich mit „Bubenstückchen“ heraus.
Die neuesten Schandtaten des feinen Herrn bestätigen mir den Eindruck von damals. Die Parteioberen der SVP TG haben ihre politpädagogischen Aufgaben sträflich vernachlässigt. Sie sind halt froh um jeden, der ihrer Ansicht nach Stimmen bringt. Mag die Ethik dabei auch zum Teufel gehen. Und wer hat schon die Zivilcourage, öffentlich gegen den Mainstream in der Partei aufzutreten? Jetzt, wo der Wind gekehrt hat, werden sie sich schon melden. Zu hoffen ist, dass sie es jetzt wirklich gelernt haben, und dass das In-sich-gehen nicht nur ein Strohfeuer ist.
Genug der Unappetitlichkeiten und Ende des Exkurses]]]
Nach Tasmanien
Heute früh sind wir um 0630 in Werribee von Peter weggefahren, und schon um diese Zeit ist der Verkehr voll am Laufen. Auf 4 und mehr Spuren wälzt sich die Blechlawine, oft im Schritttempo, dem Moloch Melbourne zu. Das jeden Morgen? Nein Danke!
Jubilar
Zuvor haben wir uns noch einen Stromgenerator gekauft. Nun sind wir unabhängig von Stromanschlüssen, können die Uebernachtungen freier wählen, wo es schön ist. Aber das Ding ist etwas gross, und ich musste hinten unter dem Bett noch ein Brett auswechseln. In dieses schnitten wir dann ein Loch, und nun passt die Matratze genau darauf. Peter musste, so Elos Ansicht, noch ganz schön schaffen, wo er doch an dem Tag Pensionär geworden ist!
Verspätete Weihnachtspäckli
Nordwesten
Berg und Meer
Vor Tullah (Ullas aufgemerkt, schon wieder dabei!) bogen wir spontan zum Mackintosh-Stausee ab. Nach dem Damm fanden wir einen wunderschönen Platz. Wir schwammen im bernsteinfarbenen See und grillierten am offenen Feuer, das uns noch bis zum Einnachten im Freien hielt. Der Generator erlaubte uns, den Mikrowilli laufen zu lassen, und so das Gemüse vorzukochen. Dann geht das Grillieren schneller, und das grosse Stück Rindfleisch braucht sowieso nicht lange.
Von Tullah ging es durch die Berge ans Meer nach Strahan, einem alten Hafen für die Minenindustrie, der heute touristisch genutzt wird. In dieser Bucht, dem Macquarie Harbour, war die erste Strafkolonie für Verbannte, Verurteilte (Convicts) bis in die 30er-Jahre des 19. Jahrhunderts. Dann war es auch für hartgesottene englische Kolonialbeamte hier zu kalt, stürmisch, abgelegen. Die Kolonie wurde 1832 nach Port Arthur verlegt (s.u.).
Die Strasse geht munter rauf und runter, 3-400 Meter hoch, 3-400 Meter abwärts, viele Kurven, schöne Aussichten. Dazwischen immer wieder Stauseen von weitverzweigten Wasserkraft-Anlagen. Und an einem solchen sind wir wieder gelandet, am Lake Burbury, wo neben uns nur noch ein Paar campiert: aus Lörrach. Sie haben das Auto mitgenommen, das erste, das wir so sehen, denn das ist recht kompliziert, ein Auto hier einzuführen.
Heute ist es merklich kühler, und wir werden den gekochten Hummer (Cray Fish genannt) drinnen essen müssen. Er wird auch so schmecken, Weissen haben wir, und auch Roten zum Käse danach.
Von einem Parkplatz geht ein mehrtägiger Wanderweg zum Frenchmans Cap ab. Durch diese Gegend sind im 19. Jahrhundert fünf aus der Macquarie-Kolonie entwichene Verbannte gekommen. Einer hat überlebt, nachdem er – so die lakonische Bemerkung auf der Informationstafel – die vier Anderen verspeist hatte!
Port Arthur war ein richtiges Gefangenendorf. Wir besichtigen die Ruinen des Gefängnisses, der Offiziershäuser, der Kirche (etwas vom Ersten, das gebaut wurde, sollte doch die Moral der Convicts gebessert werden) usw. Die ganze Anlage fiel gut 10 Jahre nachdem sie als Gefängnis aufgegeben worden war und der Unterbringung von Geisteskranken diente(!), Ende des 19. Jahrhundert einem Buschfeuer zum Opfer.
Das Convict-System
Dann kamen die Convicts zu Bauern (mit Glück zu guten), bei denen sie die Zeit der Verbannung abarbeiten konnten. Oder sie wurden als Zwangsarbeiter im Bergbau, in der Holzindustrie, im Strassenbau, für öffentliche Bauten eingesetzt. Die Widerspenstigen wurden in Ketten gelegt, die sie bei der Arbeit tragen mussten; sie bildeten die sogenannten Chain-Gangs. Auch für Frauen – ein Viertel der Deportierten war weiblichen Geschlechts – gab es Einrichtungen, die sogenannten Female Factories, in denen sie ihre Strafzeit abzuarbeiten hatten.
Die Convicts, wurden im 18. Jahrhundert nach Kanada geschickt, bis dann Australien ab Ende des 18. Jahrhunderts die bessere, weil entferntere Lösung erschien. In den meisten der heutigen Staaten Australiens wurde die ersten Entwicklung unter dem Einsatz dieser Verurteilten überhaupt erst möglich. Ausnahme ist da Süd-Australien, das stolz darauf ist, keine Convict-Vergangenheit zu haben. Das System wurde Mitte des 19. Jahrhunderts abgeschafft.
Ich lese zur Zeit auf Kindle einen Ende des 19. Jahrhundert geschriebenen Roman, der – auch durch seine Verfilmung – in Australien wesentlich zur Neueinschätzung der Convicts beigetragen hat: Marcus Clarke, For the Term of His Natural Life (Für die Zeit seines irdischen Daseins, geschrieben 1870). Eindrücklich.
(England war und ist nicht das einzige Land, das sich unliebsamer Personen durch Deportation in ferne unwirtliche Gegenden zu entledigen versuchte. Russland schickte seine „convicts“ nach Sibirien, Frankreich dorthin, wo der Pfeffer wächst, nämlich nach Cayenne. Die USA richteten für Gefangene, mit denen sie nicht wussten, wohin, auf Guantanamo ein Gefängnis ein. Und selbst das heutige Australien isoliert unwillkommene Flüchtlinge und illegale Einwanderer auf den Christmas-Inseln.)
Fish&Chips vom Feinsten
Hobart, die Hauptstadt Tasmaniens, hat über 200 000 Einwohner, ist aber ein Provinznest. Ein schönes zwar, mit einem Hafen und Beizen, aber Wil, Solothurn oder selbst Frauenfeld haben bessere Einkaufsmöglichkeiten.
Wir campieren in Cambridge, etwas ausserhalb, wo wir waschen. Elo wurde zu ihrem grossen Vergnügen von einer Ratte beschnuppert wurde, als sie am Lesen war! Hat das gequietscht! Das Elo, nicht das Ratt!
In die Stadt fahren wir mit dem Bus, der vor der Tür hält. Wir bekommen den Seniorentarif, auch als Ausländer. Die Fahrer drücken ein Auge zu! Wir machen in der Stadt den Rundgang, den Freund Viedebandt in seinem erwähnten Reiseführer beschreibt. Danke, Viede, das war ein guter Tip. Auf dem Hügel der ersten Ansiedlung, dem Battery Point, wo die Kanonen standen, finden wir schöne alte Kolonialarchitektur und ein eindrückliche, fast 200 Jahre alte Kirche. Es ist aussergewöhnlich warm, über 30 Grad. Uns gefällt das.
Minus ein Stuhl
Von Hobart geht es die Ostküste hoch. Sie ist wunderschön, feine Strände, auch wenn das Meer hier etwas kälter ist und nicht zu langem Schwimmen einlädt. Aber die Campingplätze sind wunderbar. Dank des Generators sind wir unabhängig, müssen wir nicht in die organisierten Campgrounds gehen.
Aber zuerst verlieren wir einen Faltstuhl. Ich habe die Ladeklappe unten hinten links nicht abgeschlossen, und in der ältesten Stadt Tasmaniens, in Richmond macht uns ein Passant darauf aufmerksam. Einer der beiden Stühle fehlt. Wir fahren die 15 Kilometer zurück, aber er ist verschwunden. Den hat einer mitgenommen, denn so blau wie er ist, ist er nicht zu übersehen. In einem nahe gelegenen Outdoor-Supermarkt, wir der (doppelt) ersetzt. Jetzt haben wir drei.
Leben ohne Internet
Die freien Campingplätze sind sensationell. Einmal sind wir, geschützt vom starken Wind, etwas über dem Strand, den wir sehen, und den wir auch benutzen. Eine tolle Feuerstelle lässt uns grillieren und dann am Feuer sitzen. Aber dann beginnt es zu regnen, und wie. Ueber Nacht kühlt es von 30 auf 11 Grad ab, und wir frieren ganz schön. Erst als wir fahren, wird es mit der Autoheizung besser.
Was wir nicht erwartet haben: Am Abend sitzen wir bis 10 wieder im Freien. Es ist zwar kalt, aber zusammen mit unseren vier Campnachbarn, die aus Queensland kommen, haben wir ein grosses, wärmendes Feuer. Wir schmeissen Esswaren und Getränke zusammen und haben ein feines Abendessen. Von unserer Seite kommen Crevetten und Jakobsmuscheln, letztere von Elo fein gekocht, von ihnen kommen Fisch an Tomatensauce und Reis. Ein sehr schöner Abend.
Durch das nordöstliche Bergland.
Auf dem Weg zum Wasserfall, der nach dem heiligen Columban benannt ist (St. Gallen!), sehen wir einen kleinen Echinda, ein Art Kreuzung zwischen einem Igel und einer Spitzmaus. Es ist ein urtümliches Tier, verwandt mit dem Känguru, wenn mich nicht alles täuscht, ein Beuteltier also. Unserer ist drollig, er ist jung, kann noch nicht so gut gehen, und fällt auf der unebenen Strasse immer wieder um (Bild eines Echindas: s. „Südostküste“). Auch einen Adler sehen wir im Regenwald, er streicht ab, als wir kommen.
In Launceston, bilden der nördliche und der südliche Elk River den Tamar, der als Mischwasser ist, bewegt von Ebbe und Flut, und der über viele Kilometer die Mündung zum Meer bildet. Launceston ist kleiner als Hobart, aber es ist viel urbaner, damit die urbanste Stadt der Insel, die einzige, die mehr ist, als ein ausgewalztes Provinznest. Hochhäuser – Hob art hat 4 – 5 10 bis 15-stöckige) fehlen, aber eine gute städtische Atmosphäre macht den Stadtbummel angenehm und unterhaltend.
Launceston hat dazu noch eine doch aussergewöhnliche Attraktion. In unmittelbarer Fussdistanz – eine wirkliche Ausnahme in Australien – fliesst der südliche Elk River durch eine Schlucht aus den umliegenden Bergen. Die Schlucht beginnt gleich um die Ecke und eine schöne, eindrückliche Wanderung von jeweils 20 Minuten führt auf der einen Seite bis zu einem natürlichen Becken am Schluchteingang und auf der anderen Seite hoch über die Felswand wieder zurück. Beim Becken haben die Engländerinnen (es waren die Frauen!) auf einer Aussichtsterrasse einen Park mit Musikpavillon und Restaurant angelegt. Da ist dann im Laufe der Zeit noch eine Hängebrücke dazu gekommen, dann ein Schwimmbad auf der anderen Seite und schliesslich eine neckische Schwebebahn, die die faulen Leute im Zeitlupentempo über die ganze Sache befördert.
Internet verbessert
Am Morgen sind wir dann nochmals in die Stadt und haben so eines gekauft. Es geht super, ich kann bis 5 PCs bedienen, und ich kann erst noch die Daten von meiner Telefonkarte nutzen, die sonst verfallen, da mein Dampftelefon alter Schule Daten nicht empfängt und mein iPhone von Swisscom für andere Betreiber noch gesperrt ist.
Ich sitze jetzt auf dem Meer auf der Fähre und habe bis weit hinaus Internet, ich kann alle Blogarbeiten machen. Die Deppen von Telstra in Melbourne haben mir nichts gesagt von dieser Möglichkeit! Und es ist nicht mal teurer als der USB-Stick.
Ueber Grindelwald zum Lake Burbury
Wir fahren für den letzten eigentlichen Campingabend (die letzte Nacht werden wir in der Nähe der Fähre verbringen) an den Lake Burbury, wo wir im West End Campground – frei, d.h. kostenlos, aber mit gut unterhaltenem WC – etwa 15 Höhenmeter über dem Seeufer einen genialen Platz für uns finden, mit Feuerstelle. Zuerst suche ich Holz, und meine Pfadierfahrung sowie der Ratschlag von Cousin Hansheier in Kanada, dass das trockenste Holz nicht am Boden liegt, sondern noch am Baum hängt oder steht, kommen mir zugute. Der Vorrat ist gross und reicht für das Grillieren und ein Feuer bis zum Ins-Bett-gehen.
Das zeigt uns nochmals, wie viel Glück wir mit dem Wetter hatten. Zwei verregnete Tage (den letzten eingerechnet!) und sonst schön und doch fast immer angenehm warm.
Bass Strait Potpurri
Nach Kreisler kommt jüdische Klezmermusik mit Giora Feidmann; lesen kann ich dazu nicht, zu mächtig ist die musikalische Sprache des Klarinettisten, in der, unterlegt von amerikanischen Elementen, die Tradition der Ostjuden spricht, Freude und Leid, immer mit dem typischen melancholischen Unterton. Dann fahre ich musikalisch runter mit dem Hornkonzert Nr. 2 von Richard Strauss.
Den Abschluss des musikalischen Nachmittags macht eine Platte mit der Kapelle Alder aus Urnäsch, auch sie grosse Künstler. Es ist schon schräg, zu einem Hackbrett-Stück des grossartigen Emil Zimmermann durch das Tasmanische Meer zu fahren, gewiegt wie in einer riesigen Hängematte durch die grossen Wellen der sanften Dünung der Bass Strait.
Die Alders machen Freude darauf, wieder in der Schweiz zu sein. Aber das dauert noch, wir haben ja erst eine kleine Ecke des Landes (Kontinents!) gesehen und noch gar kein Heimweh!
Fazit
I Fischen /Delphine
Im letzten Blog vergessen:
Beim Riff-Fischen in Bermagui sind wir auf der Rausfahrt in eine Delphinschule gekommen, mitten hinein. Das war eindrücklich. Die Fische sind um uns rum gesprungen. Und zwei sind mit uns geschwommen, ganz nah. Wir waren schnell, aber sie hatten gar keine Mühe, uns zu folgen. Sie äugten aus dem Wasser und ich weiss nicht, wer neugieriger war, sie oder wir. Und so wie wir hier etwas zu erzählen haben, werden auch sie ihren Gspönli etwas erzählt haben.
Ich werde jedenfalls Delphine in der Gefangenschaft nur noch mit gemischten Gefühlen sehen können. Sie brauchen viel Raum.
II Innenpolitik
Auch wenn ich die Geschichte mit Hildebrands Rücktritt nur aus der Ferne mitbekommen habe, geht mir dazu Einiges immer wieder im Kopf herum. Daher aufgeschrieben und dann, hoffentlich, abgeschrieben:
ad Christoph
Dem scheinheiligen Pfarrerssohn aus dem Zürcher Unterland ist doch völlig egal, wem und was er schadet, auch wenn es die von ihm so exclusiv mit Heimatliebe in Beschlag belegte Schweiz ist. Dass er seinen Mammon einem Insidergeschäft verdankt, mit dem er seinen Arbeitgeber reingelegt hat, sei am Rande vermerkt.
ad Lei sen
Hermann Lei senior war ein vielleicht auch das ein oder andere Mal überforderter aber durchaus honoriger Politiker freisinniger Provenienz. Im MThB-Debakel zog er die Konsequenzen und trat als Regierungsrat zurück. Er hatte die Regierung im Verwaltungsrat vertreten, so, wie jahrzehntelang üblich, nach dem Motto: Die werden das schon recht machen. Als es dann nicht recht war, wurde er von seinen Kollegen fallengelassen und in den Wind gestellt. Pikant aus heutiger Sicht (s.u.) ist, dass die Hälfte dieser Kollegen in der SVP waren.
ad Lei jun
Da ist der in der SVP – und das will was heissen – rechts aussen politisierende Junior doch aus ganz anderem Holz geschnitzt, das nette Früchtchen. Der denkt nicht an Rücktritt, bewahre, auch wenn er es vielleicht mit der Wahrheit nicht so genau genommen hat, geschweige mit dem Codex iruisprudensis. (Ist er in Frauenfeld eigentlich in einer Kanzlei? Trägt ihn da jemand mit?) Und die Partei tut sich ausserordentlich schwer, klar Schiff zu machen.
Aber das war schon früher so: War es doch dieser saubere Herr, der während des Abstimmungskampfes um die Minarettabstimmung (zusammen mit seinem Kumpel Z. aus Münchwilen) bewaffnet mit einem Kartonminarett (jeder wählt seine Waffen selbst) lärmend um den Postkreisel in Frauenfeld gezogen ist. Als ich ein führendes SVP-Mitglied auf die Sauerei ansprach, redete er sich mit „Bubenstückchen“ heraus.
Die neuesten Schandtaten des feinen Herrn bestätigen mir den Eindruck von damals. Die Parteioberen der SVP TG haben ihre politpädagogischen Aufgaben sträflich vernachlässigt. Sie sind halt froh um jeden, der ihrer Ansicht nach Stimmen bringt. Mag die Ethik dabei auch zum Teufel gehen. Und wer hat schon die Zivilcourage, öffentlich gegen den Mainstream in der Partei aufzutreten? Jetzt, wo der Wind gekehrt hat, werden sie sich schon melden. Zu hoffen ist, dass sie es jetzt wirklich gelernt haben, und dass das In-sich-gehen nicht nur ein Strohfeuer ist.
Ein weiteres pikantes Detail ist der Verteidiger, den sich der Kerl für seine Anklage wegen Geheimnisverletzung (oder so was, ich bin da nicht genau informiert) zugelegt hat: Valentin Landmann. Da treffen sich offensichtlich verwandte Seelen, die Grenzbereichen der Legalität nicht scheuen. Hat doch Landmann einschlägige Erfahrungen. Nicht nur als Verteidiger derTöff-Rockerbande Hells Angels, wo die Grenzen zwischen juristischem Beistand und freundschaftlicher Anteilnahme nur schwer zu ziehen sind. Sondern auch im Fall der Krankenkasse KBV, die Konkurs ging und deren Geschäftsleitung des Betrugs und der Unterschlagung angeklagt ist (in 2. Instanz verurteilt, weitergezogen vor Bundesgericht). Landmann war im Verwaltungsrat der KBV und hat die Geschäftspolitik mitgetragen, und er war in der Anfangsphase des Prozesses dann auch gleich noch der Verteidiger des Geschäftsführers, der ihn in den VR berufen hatte. Das Mandat scheint ihm dann doch zu heiss gewesen zu sein. Landmann wird schon wissen, wie er den Kollegen raushauen muss.
Genug der Unappetitlichkeiten und Ende des Exkurses]]]
Nach Tasmanien
Zur Zeit schreibe ich mit ausgezeichneter Aussicht: Wir sitzen in luxuriösen Liegesesseln vor Panoramascheiben hinten auf dem 7. Deck der Fähre „Spirit of Tasmania“, die uns in 9½ Stunden von Melbourne nach Devonport in Tasmanien bringen wird. Es ist ein strahlender Tag, das Meer ruhig.
Nur saukalt ist es hier drin, denn wie immer läuft die Klimaanlage auf Volltouren, das Ziel scheint, wie in allen ehemaligen englischen Kolonien, zu sein, London Temperature herzustellen. Mostköpfe!
Die Aussicht ist grossartig. Zuerst fahren wir zweieinhalb Stunden durch die riesige Port Phillip Bay (so die richtige Schreibweise), immer vor unseren Augen die Skyline Melbournes. Mit der Zeit sieht sie aus wie Bauklötze, die Kinder auf ein Brett gestellt haben. Dann gibt es unten einen Dunststreifen, und jetzt ist es wie eine schwimmende Insel. Dann fahren wir durch eine Meerenge in die Bass Strait ein, die das Festland von Tasmanien trennt. Hier geht der 40. Breitengrad südlich durch, und das Meer ist für die vielen starken Winde und Stürme berüchtigt, die Gegend heisst darum Roaring Fourties (Brüllende 40er). Aber wir spüren – bisher – gar nichts davon.
Heute früh sind wir um 0630 in Werribee von Peter weggefahren, und schon um diese Zeit ist der Verkehr voll am Laufen. Auf 4 und mehr Spuren wälzt sich die Blechlawine, oft im Schritttempo, dem Moloch Melbourne zu. Das jeden Morgen? Nein Danke!
Jubilar
Zu Peter sind wir über die Fährverbindung gekommen, die am Ausgang der Port Phillip Bay zwischen Sorrento und Queenscliff die beiden Halbinseln Mornington (Osten) und Bellarine (Westen) verbindet. Da haben wir für die Fahrt nach Tasmanien etwas geübt, aber das Schiff ist schon wesentlich kleiner.
Gestern (22.1.) haben wir Peters 65. Geburtstag gefeiert. Mit einen schönen Barbeque auf Peters Grillstelle im Garten. Dann haben wir noch etwas Australian Open geschaut, Federer hat gewonnen, und zuhause (sorry: in Oesterreich) auch der Cuche. So sind wir über die wichtigsten Dinge aufdatiert, bevor wir wieder in die nachrichtentechnische Wildnis verreisen.
Zuvor haben wir uns noch einen Stromgenerator gekauft. Nun sind wir unabhängig von Stromanschlüssen, können die Uebernachtungen freier wählen, wo es schön ist. Aber das Ding ist etwas gross, und ich musste hinten unter dem Bett noch ein Brett auswechseln. In dieses schnitten wir dann ein Loch, und nun passt die Matratze genau darauf. Peter musste, so Elos Ansicht, noch ganz schön schaffen, wo er doch an dem Tag Pensionär geworden ist!
Verspätete Weihnachtspäckli
Kurz vor unserer Rückkehr nach Melbourne rief uns Peter an: Die Pakete aus Vladivostock sind endlich angekommen. Nach vier Monaten! Wir haben sie aber dankend angenommen, denn da sind Schlafsäcke drin und vieles andere nützliche Zeug, wie Knorr-Aromat, Wäscheleine, Spanngummis, Leim, die Kissen von Ulla usw. usf.
Nordwesten
Devonport ist eine kleine Stadt, die vor allem vom Fährverkehr lebt. Wir sind gut von der Fähre gekommen (nur den Hering haben sie beschlagnahmt, es dürfen keinerlei Fischprodukte eingeführt werden, auch nicht verpackte. Desgleichen Gemüse, aber das wussten wir). Wir haben uns verproviantiert (der Kühlschrank war ja eben leer) und sind dann weiter nach Penguin gefahren, genannt nach einer Kleinpinguinart, die dort brütet. Dort gibt es eines der besten Fischrestaurants weit und breit. „Gäbe es“, wäre richtiger, denn es war Montag, und daher die Beiz geschlossen. Wir assen also kalt, denn Fleisch wollten wir erst am anderen Tag einkaufen.
Genächtigt haben wir auf dem vom Lions-Club eingerichteten öffentlichen Campground, direkt am Meer gelegen, mit öffentlicher Toilette. Hinter uns direkt das Bahngeleise, und in der Nacht bin ich fast aus dem Bett gefallen: Ich dachte, ein Lastwagen fährt direkt in uns rein, aber es war ein Güterzug, um 0330 früh! Der nächste Zug kam dann um 9, als wir aufgestanden waren, und nachdem wir im gar nicht so kalten Meer ein Frühbad genommen hatten.
Berg und Meer
Ueber die Hafenstadt Burnie (grösster Containerhafen Tasmaniens) ging es dann in die Berge. Und es hat Berge, nicht hoch zwar, aber richtig alpin.
Vor Tullah (Ullas aufgemerkt, schon wieder dabei!) bogen wir spontan zum Mackintosh-Stausee ab. Nach dem Damm fanden wir einen wunderschönen Platz. Wir schwammen im bernsteinfarbenen See und grillierten am offenen Feuer, das uns noch bis zum Einnachten im Freien hielt. Der Generator erlaubte uns, den Mikrowilli laufen zu lassen, und so das Gemüse vorzukochen. Dann geht das Grillieren schneller, und das grosse Stück Rindfleisch braucht sowieso nicht lange.
Von Tullah ging es durch die Berge ans Meer nach Strahan, einem alten Hafen für die Minenindustrie, der heute touristisch genutzt wird. In dieser Bucht, dem Macquarie Harbour, war die erste Strafkolonie für Verbannte, Verurteilte (Convicts) bis in die 30er-Jahre des 19. Jahrhunderts. Dann war es auch für hartgesottene englische Kolonialbeamte hier zu kalt, stürmisch, abgelegen. Die Kolonie wurde 1832 nach Port Arthur verlegt (s.u.).
Der Bergbau läuft in Westtasmanien weiter, wie wir in den Städten Zeehan – genannt nach einem Schiff von Abel Tasman, dem Holländer, der Tasmanien entdeckt hat, wie ich im Ortsmuseum erfahren habe – und Queenstown gesehen habe. Beide liegen in den Bergen und in beiden sind – neue, moderne – Siedlungen für die Bergleute zu sehen.
Die Strasse geht munter rauf und runter, 3-400 Meter hoch, 3-400 Meter abwärts, viele Kurven, schöne Aussichten. Dazwischen immer wieder Stauseen von weitverzweigten Wasserkraft-Anlagen. Und an einem solchen sind wir wieder gelandet, am Lake Burbury, wo neben uns nur noch ein Paar campiert: aus Lörrach. Sie haben das Auto mitgenommen, das erste, das wir so sehen, denn das ist recht kompliziert, ein Auto hier einzuführen.
Heute ist es merklich kühler, und wir werden den gekochten Hummer (Cray Fish genannt) drinnen essen müssen. Er wird auch so schmecken, Weissen haben wir, und auch Roten zum Käse danach.
Gruselig
Bei regnerischem Wetter fahren wir durch den Franklin-Gordon Wild Rivers National Park. Die Berge sind mit rund 1500 Metern nicht hoch, aber sehr wild. Die Antarktis und das Südliche Eismeer sind nahe. Von Norden nach Süden sind es 3 Parks (Cradle Mountain – Lake St. Claire / Franklin Gordon / Southwest National Park) Die Park sind riesig, gehen bis an die Südküste und es gibt Gegenden, in die noch kein moderner Australier seinen Fuss gesetzt hat. Wir halten immer wieder und machen kleine Ausflüge zu Wasserfällen, Aussichtspunkten, Hängebrücken. Die Vegetation ist dicht, die Bäume sind teilweise riesig.
Von einem Parkplatz geht ein mehrtägiger Wanderweg zum Frenchmans Cap ab. Durch diese Gegend sind im 19. Jahrhundert fünf aus der Macquarie-Kolonie entwichene Verbannte gekommen. Einer hat überlebt, nachdem er – so die lakonische Bemerkung auf der Informationstafel – die vier Anderen verspeist hatte!
Durch Nationalparks nach Hobart
Hinter der Wasserscheide, die von Norden nach Süden verläuft, wird das Wetter besser, schön. Das soll oft so sein, der Regen bleibt im Osten hängen. Auf rund 500 bis 700 Metern fahren wir durch die Zentrale Hochebene (Central Plains), mit Flüssen, Wiesen, Sümpfen und Wäldern – das mehr oder weniger einzig ebene Stück Land, das wir in Tasmanien sehen. Auch hier gibt es viele Stauseen und Kraftwerke.
Nach einer wunderschönen Uebernachtung am Bradys Lake im Hochland geht es dann langsam runter, dem Derwent River entlang nach Hobart an dessen Mündung. Die Stadt ist grossflächig, alles Bungalows, nur ein relativ kleines Zentrum.
Port Arthur
Wir erkundigen uns im – wie gewohnt – sehr professionellen Informationszentrum über die Gegend und fahren gleich weiter in Richtung Port Arthur. Hier wurden die Convicts, die in England zur Verbannung Verurteilten, die sich nach dem Urteil der kolonialen Justiz etwas zuschulden hatten kommen lassen, gefangen gesetzt. Es gab da wohl hartgesottene Burschen, wobei der damalige Justizvollzug das Seinige zur charakterlichen Entwicklung dieser Menschen beigetragen haben dürfte.
Urteile zur Unterbringung in Port Arthur wurden aber auch ausgesprochen wegen aufrührerischem Benehmen, Vernachlässigung des Viehs des Dienstherren usw. Und dies nachdem z.B. der Diebstahl eines Taschentuchs in England schon genügt hatte, eine Verbannung nach Australien auszusprechen. Unter den Convicts befanden sich auch viele Iren, die gegen die Herrschaft der Engländer rebellierten.
Gefängnisdorf
Port Arthur ist ausserordentlich schön gelegen, wobei wir es nur im Sonnenschein gesehen haben. Schon die Fahrt dahin ist eindrücklich. Tasmanien ist wirklich etwas Einmaliges.Die sich folgenden Halbinseln Frrestier Peninsula und Tasman Peninsula hängen, so Clarke, wie ein hakenförmiger Ohrring am Kopf Tasmaniens. Wir kommen durch Eaglehawks Neck (Adlerklauen Engnis), wo die Halbinsel, auf der Port Arthur liegt, durch einen nur 100 Meter breiten Landstreifen vom Norden abgetrennt ist.
Diesen hatten die Behörden mit einer Kette von Bluthunden (Dogline) abgeriegelt, die fast unüberwindbar war. Das machte die Halbinsel zu einem grossen Gefängnis, obwohl sie eine Fläche in der Grössenordnung des Kantons Thurgau hat.
Port Arthur war ein richtiges Gefangenendorf. Wir besichtigen die Ruinen des Gefängnisses, der Offiziershäuser, der Kirche (etwas vom Ersten, das gebaut wurde, sollte doch die Moral der Convicts gebessert werden) usw. Die ganze Anlage fiel gut 10 Jahre nachdem sie als Gefängnis aufgegeben worden war und der Unterbringung von Geisteskranken diente(!), Ende des 19. Jahrhundert einem Buschfeuer zum Opfer.
Das Convict-System
Ein Museum, ein gutes, zeigt das ganze Convict-System. Schrecklich. Die Ueberfahrt nach Australien, fast wie auf Sklavenschiffen, mit praktisch keinerlei Aussicht je wieder zurück kommen zu können. Die Bedingungen auf den Schiffen wurden etwas besser, als die Schiffseigner zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Kopfgeld nur noch für transportierte Gefangene erhielten, die das Ziel lebendig erreichten! Immerhin, denn in welchem Zustand spielte auch dann keine grosse Rolle.
Dann kamen die Convicts zu Bauern (mit Glück zu guten), bei denen sie die Zeit der Verbannung abarbeiten konnten. Oder sie wurden als Zwangsarbeiter im Bergbau, in der Holzindustrie, im Strassenbau, für öffentliche Bauten eingesetzt. Die Widerspenstigen wurden in Ketten gelegt, die sie bei der Arbeit tragen mussten; sie bildeten die sogenannten Chain-Gangs. Auch für Frauen – ein Viertel der Deportierten war weiblichen Geschlechts – gab es Einrichtungen, die sogenannten Female Factories, in denen sie ihre Strafzeit abzuarbeiten hatten.
Die Convicts, wurden im 18. Jahrhundert nach Kanada geschickt, bis dann Australien ab Ende des 18. Jahrhunderts die bessere, weil entferntere Lösung erschien. In den meisten der heutigen Staaten Australiens wurde die ersten Entwicklung unter dem Einsatz dieser Verurteilten überhaupt erst möglich. Ausnahme ist da Süd-Australien, das stolz darauf ist, keine Convict-Vergangenheit zu haben. Das System wurde Mitte des 19. Jahrhunderts abgeschafft.
Ich lese zur Zeit auf Kindle einen Ende des 19. Jahrhundert geschriebenen Roman, der – auch durch seine Verfilmung – in Australien wesentlich zur Neueinschätzung der Convicts beigetragen hat: Marcus Clarke, For the Term of His Natural Life (Für die Zeit seines irdischen Daseins, geschrieben 1870). Eindrücklich.
(England war und ist nicht das einzige Land, das sich unliebsamer Personen durch Deportation in ferne unwirtliche Gegenden zu entledigen versuchte. Russland schickte seine „convicts“ nach Sibirien, Frankreich dorthin, wo der Pfeffer wächst, nämlich nach Cayenne. Die USA richteten für Gefangene, mit denen sie nicht wussten, wohin, auf Guantanamo ein Gefängnis ein. Und selbst das heutige Australien isoliert unwillkommene Flüchtlinge und illegale Einwanderer auf den Christmas-Inseln.)
Fish&Chips vom Feinsten
Auf der Rückfahrt nach Hobart haben wir bei der Drehbrücke über den Denison Canal, durch den die südöstlichen Halbinseln abgeschnitten werden können bei der Schifffahrt nach Hobart, in der Beiz der Berufsfischer von Dunalley Fish&Chips (Fisch, Tintenfisch und Pommes Frites) gegessen. Ganz frisch, eingepackt in Papier und dann eine Zeitung, auf dem Tisch vor dem Laden, dazu ein Glas Weisswein aus unserem Kühlschrank. An der Sonne. Das war vielleicht gut.
(Jürg schreibt immer vom Essen. Wir geniessen es auch wirklich, und man könnte annehmen, ihm sei seine Figur inzwischen völlig egal. Stimmt aber nicht. Er hat ganz schön abgenommen, sogar mehr als er im Gutschein für das Jahr 2011 versprochen hat!)
Hobart – ein grosses Provinznest
Hobart, die Hauptstadt Tasmaniens, hat über 200 000 Einwohner, ist aber ein Provinznest. Ein schönes zwar, mit einem Hafen und Beizen, aber Wil, Solothurn oder selbst Frauenfeld haben bessere Einkaufsmöglichkeiten.
Wir campieren in Cambridge, etwas ausserhalb, wo wir waschen. Elo wurde zu ihrem grossen Vergnügen von einer Ratte beschnuppert wurde, als sie am Lesen war! Hat das gequietscht! Das Elo, nicht das Ratt!
In die Stadt fahren wir mit dem Bus, der vor der Tür hält. Wir bekommen den Seniorentarif, auch als Ausländer. Die Fahrer drücken ein Auge zu! Wir machen in der Stadt den Rundgang, den Freund Viedebandt in seinem erwähnten Reiseführer beschreibt. Danke, Viede, das war ein guter Tip. Auf dem Hügel der ersten Ansiedlung, dem Battery Point, wo die Kanonen standen, finden wir schöne alte Kolonialarchitektur und ein eindrückliche, fast 200 Jahre alte Kirche. Es ist aussergewöhnlich warm, über 30 Grad. Uns gefällt das.
In Hobart verlängern wir auch unser Visum. Ich hatte mir gedacht, da ginge es etwas gemütlicher zu, weniger bürokratisch. Und ich hatte recht. Eine halbe Stunde da, dann noch den notwendigen Vermögensnachweis via Monika und Fax organisiert, und am nächsten Tag sagte uns Cynthia am Telefon, alles sei in Ordnung, wir könnten bis anfangs November bleiben. Ob wir das ganz ausreizen, wissen wir nicht, aber es wird schon noch fast solange brauchen, bis wir rundrum sind. Australien ist eben sehr gross.
Minus ein Stuhl
Von Hobart geht es die Ostküste hoch. Sie ist wunderschön, feine Strände, auch wenn das Meer hier etwas kälter ist und nicht zu langem Schwimmen einlädt. Aber die Campingplätze sind wunderbar. Dank des Generators sind wir unabhängig, müssen wir nicht in die organisierten Campgrounds gehen.
Aber zuerst verlieren wir einen Faltstuhl. Ich habe die Ladeklappe unten hinten links nicht abgeschlossen, und in der ältesten Stadt Tasmaniens, in Richmond macht uns ein Passant darauf aufmerksam. Einer der beiden Stühle fehlt. Wir fahren die 15 Kilometer zurück, aber er ist verschwunden. Den hat einer mitgenommen, denn so blau wie er ist, ist er nicht zu übersehen. In einem nahe gelegenen Outdoor-Supermarkt, wir der (doppelt) ersetzt. Jetzt haben wir drei.
Leben ohne Internet
In den Kleinstädten an der Ostküste suchen wir Internet. In den Bibliotheken wäre es zu finden, aber unverschämt teuer. 10 Dollar die Stunde! Da lassen wir es sein, und wir denken, dass wir früher ohne Mails ausgekommen sind, und dass wir daher auch jetzt ganz gut so leben können. Wir telefonieren etwas mehr, aber Telefonverbindung haben wir auch nur selten. Wir melden uns dann halt später!
Die freien Campingplätze sind sensationell. Einmal sind wir, geschützt vom starken Wind, etwas über dem Strand, den wir sehen, und den wir auch benutzen. Eine tolle Feuerstelle lässt uns grillieren und dann am Feuer sitzen. Aber dann beginnt es zu regnen, und wie. Ueber Nacht kühlt es von 30 auf 11 Grad ab, und wir frieren ganz schön. Erst als wir fahren, wird es mit der Autoheizung besser.
Was wir nicht erwartet haben: Am Abend sitzen wir bis 10 wieder im Freien. Es ist zwar kalt, aber zusammen mit unseren vier Campnachbarn, die aus Queensland kommen, haben wir ein grosses, wärmendes Feuer. Wir schmeissen Esswaren und Getränke zusammen und haben ein feines Abendessen. Von unserer Seite kommen Crevetten und Jakobsmuscheln, letztere von Elo fein gekocht, von ihnen kommen Fisch an Tomatensauce und Reis. Ein sehr schöner Abend.
Durch das nordöstliche Bergland.
Weiter geht es über die Hafenstadt St.Helens in die Berglandschaft Nordost-Tasmaniens. Wir sehen den mit über 90 Metern höchsten Wasserfall Tasmaniens, Wege durch den Regenwald, Chinesische Gräber und Zeugen ihres Wirkens im Zinn-Abbau (der Bergbau hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Chinesen angelockt).
Auf dem Weg zum Wasserfall, der nach dem heiligen Columban benannt ist (St. Gallen!), sehen wir einen kleinen Echinda, ein Art Kreuzung zwischen einem Igel und einer Spitzmaus. Es ist ein urtümliches Tier, verwandt mit dem Känguru, wenn mich nicht alles täuscht, ein Beuteltier also. Unserer ist drollig, er ist jung, kann noch nicht so gut gehen, und fällt auf der unebenen Strasse immer wieder um (Bild eines Echindas: s. „Südostküste“). Auch einen Adler sehen wir im Regenwald, er streicht ab, als wir kommen.
Wir übernachten in Derby, einer ehemaligen Zinnmine, am Fluss. Das Dorf hat mehr Vergangenheit als Zukunft, wie viele der alten Bergbaudörfer. Aber die Orte haben Charme, die Menschen sind freundlich und erzählen gerne. Die Pubs, die Kneipen sind alt und gemütlich und oft von guter Qualität.
Der Samichlaus ist müde
In Launceston, bilden der nördliche und der südliche Elk River den Tamar, der als Mischwasser ist, bewegt von Ebbe und Flut, und der über viele Kilometer die Mündung zum Meer bildet. Launceston ist kleiner als Hobart, aber es ist viel urbaner, damit die urbanste Stadt der Insel, die einzige, die mehr ist, als ein ausgewalztes Provinznest. Hochhäuser – Hob art hat 4 – 5 10 bis 15-stöckige) fehlen, aber eine gute städtische Atmosphäre macht den Stadtbummel angenehm und unterhaltend.
Launceston hat dazu noch eine doch aussergewöhnliche Attraktion. In unmittelbarer Fussdistanz – eine wirkliche Ausnahme in Australien – fliesst der südliche Elk River durch eine Schlucht aus den umliegenden Bergen. Die Schlucht beginnt gleich um die Ecke und eine schöne, eindrückliche Wanderung von jeweils 20 Minuten führt auf der einen Seite bis zu einem natürlichen Becken am Schluchteingang und auf der anderen Seite hoch über die Felswand wieder zurück. Beim Becken haben die Engländerinnen (es waren die Frauen!) auf einer Aussichtsterrasse einen Park mit Musikpavillon und Restaurant angelegt. Da ist dann im Laufe der Zeit noch eine Hängebrücke dazu gekommen, dann ein Schwimmbad auf der anderen Seite und schliesslich eine neckische Schwebebahn, die die faulen Leute im Zeitlupentempo über die ganze Sache befördert.
Internet verbessert
In Launceston haben wir auf dem etwas ausserhalb in Legana gelegenen Zeltplatz, von dem ein Bus in die Stadt geht, der uns zum Seniorentarif befördert, Matthias getroffen, einen Schweizer aus Lindau. Bei der Vernichtung des letzten Rests der ersten Flasche MacAllan –Ulla hat die 2. schon in Melbourne – erzählt er mir, Telstra, dessen USB-Modem mein Computer nicht geschluckt hat, habe auch ein Drahtlos-Modem mit Chipkarte wie das Handy. Das funktioniere problemlos.
Am Morgen sind wir dann nochmals in die Stadt und haben so eines gekauft. Es geht super, ich kann bis 5 PCs bedienen, und ich kann erst noch die Daten von meiner Telefonkarte nutzen, die sonst verfallen, da mein Dampftelefon alter Schule Daten nicht empfängt und mein iPhone von Swisscom für andere Betreiber noch gesperrt ist.
Ich sitze jetzt auf dem Meer auf der Fähre und habe bis weit hinaus Internet, ich kann alle Blogarbeiten machen. Die Deppen von Telstra in Melbourne haben mir nichts gesagt von dieser Möglichkeit! Und es ist nicht mal teurer als der USB-Stick.
Ueber Grindelwald zum Lake Burbury
Im Tal des Tamar, der besten Weingegend Tasmaniens – wenn sie sie nur nicht so prohibitiv teuer verkaufen würden! – besuchen wir noch Anna, eine Studienfreundin meiner Schwester Ruth. Das Tal ist eindrücklich, und hier liegt hinter einem Hügel Grindelwald. Es geht steil hinauf, auf 200 Meter. Und oben hat ein findiger Geschäftsmann ein kleines Ferienresort im Chaletstil aufgebaut. Zentrum ist das Grindelwald Shopping Village, hinter einem Eingangsturm mit Kirchenuhr.
Wir fahren für den letzten eigentlichen Campingabend (die letzte Nacht werden wir in der Nähe der Fähre verbringen) an den Lake Burbury, wo wir im West End Campground – frei, d.h. kostenlos, aber mit gut unterhaltenem WC – etwa 15 Höhenmeter über dem Seeufer einen genialen Platz für uns finden, mit Feuerstelle. Zuerst suche ich Holz, und meine Pfadierfahrung sowie der Ratschlag von Cousin Hansheier in Kanada, dass das trockenste Holz nicht am Boden liegt, sondern noch am Baum hängt oder steht, kommen mir zugute. Der Vorrat ist gross und reicht für das Grillieren und ein Feuer bis zum Ins-Bett-gehen.
Wir schwimmen am Abend und am Morgen im See. Am Abend unter vielen Leuten, vor allem Motor-Verrückten (Wasserschi, Speed-Knatteri usw.), am Morgen ganz allein. Der See hat gelächelt, wir haben die Einladung zum Bade angenommen!
Feuchter Abschied
Den letzten Nachmittag und die letzte Nachtverbringen wir auf einem freien Platz der Stadt Latrobe 10 Kilometer von der Fähre entfernt. Nachdem wir am Morgen noch so schön im Lake Burbury geschwommen sind, regnet es in Strömen und stürmt wie verrückt. Wir verlassen Jeb nur in kurzen Regenpausen.
Das zeigt uns nochmals, wie viel Glück wir mit dem Wetter hatten. Zwei verregnete Tage (den letzten eingerechnet!) und sonst schön und doch fast immer angenehm warm.
Bass Strait Potpurri
Die Ueberfahrt ist etwas unruhiger als die Hinfahrt vor zwei Wochen, aber ganz gut erträglich. Elo schläft, und ich schreibe. Dazwischen höre ich die Everblacks von Georg Kreisler, dem Altmeister des Wiener Chansons. Immer wieder ein grosses Vergnügen. Im Büssli in Asien konnte ich den iPod anschliessen, es hatte ein Bandlaufwerk. Hier geht das nicht, Jeb hat nur ein CD-Laufwerk. Schade.
Nach Kreisler kommt jüdische Klezmermusik mit Giora Feidmann; lesen kann ich dazu nicht, zu mächtig ist die musikalische Sprache des Klarinettisten, in der, unterlegt von amerikanischen Elementen, die Tradition der Ostjuden spricht, Freude und Leid, immer mit dem typischen melancholischen Unterton. Dann fahre ich musikalisch runter mit dem Hornkonzert Nr. 2 von Richard Strauss.
Den Abschluss des musikalischen Nachmittags macht eine Platte mit der Kapelle Alder aus Urnäsch, auch sie grosse Künstler. Es ist schon schräg, zu einem Hackbrett-Stück des grossartigen Emil Zimmermann durch das Tasmanische Meer zu fahren, gewiegt wie in einer riesigen Hängematte durch die grossen Wellen der sanften Dünung der Bass Strait.
Die Alders machen Freude darauf, wieder in der Schweiz zu sein. Aber das dauert noch, wir haben ja erst eine kleine Ecke des Landes (Kontinents!) gesehen und noch gar kein Heimweh!
Fazit
Tasmanien ist landschaftlich wunderschön, es war die Zeit wert, eine Woche mehr wäre sicher drin gewesen, mit etwas mehr Zeit an den Seen. Wer die Musse hat, sollte dahin gehen, aber aufgepasst: (Dezember),Januar, Februar, (März), sonst ist es eher kühl.
So jetzt wird der Blog fertig gemacht, das Internet ist wieder da. Dann lesen, dann sind wir in Melbourne wo wir unsere Cousinen Ulla und Vreni treffen, mit denen wir dann West-Victoria ansehen.