Abrupter Wechsel / Ferienorte / Ein Tag im Leben zweier Reisender /
Ueberraschung / Ueber See und Pass in den Fjord / Auf dem Schiff durch den
Sound / Grossartige Eindrücke / Leben im Wasser / Südlichster Punkt / Regenwald
und Eingeborene / In der Dorfbeiz / Südküste / Dunedin
Leben im Wasser
Auf dem Spaziergang geht es 10 Mal steil rauf
und dann wieder gleich weit steil runter – Konditionstraining. Im Wald sehen
wir den berühmten Kea-Vögeln zu, einer Papageienart der neuseeländischen
Südinsel.
Unterwegs kommen
wir mit einem einheimischen Paar ins Gespräch. Sie laden uns ein, auf ihrer
Veranda den Ausblick über den Hafen zu geniessen. Er ist schön, denn das Haus
liegt ganz oben am Berg. Der Mann stammt aus einer Familie, die 1864 in Oban
eingewandert ist, als Schiffsbauer. Sie kamen von den Orkney-Inseln im
Nordatlantik. Sie haben, so meinte ich, das Klima ihrer Heimat gesucht – und
gefunden. Er war der gleichen Meinung.
In der Dorfbeiz
Am Abend nach einem feinen Essen in einem kleinen Restaurant auf dem Church Hill (Kirchhügel, nicht englischer Politiker des 20. Jahrhunderts!) kehrten wir noch im Dorfpub ein. Da war sie dann, die Bevölkerung, oder mindestens Teile davon. In Gummistiefeln, direkt vom Fischerboot, in alten Pullovern, mit Wollmützen auch in der Beiz, mit Biergläsern, Weinflaschen und Schnäpsen, am Billardtisch und an der Juekebox (gute Musik!). Und sie waren manchmal etwas laut, aber immer sehr freundlich. Sie sprachen uns an, und sie fanden es schon etwas daneben, nur eine Nacht hier zu sein. Einer mit Wollmütze, Stoppelbart und Zähnen wie ein abgebranntes Walliserdorf erzählte uns, er sei für eine Woche hergekommen, vor weit über zehn Jahren. Hier sei es am besten, die Leute am nettesten. Vom Wetter sprachen wir nicht.
Abrupter Wechsel
Der Haast-Pass ist mit 550
Metern wie gesagt kaum als Passhöhe wahrnehmbar, aber er ist wirklich ein
Scheitel- und Scheidepunkt. Hier die ruppigen Felsmassive des Westabhangs der
Südalpen, mit Schründen und steilen Hängen, dort sanfter gewellte Berge und
breite „Hoch“täler. Hier die üppige Regenwaldvegetation mit grossen Farnen,
Farnpalmen, hohen Bäumen, dort eher magerer Buschbewuchs, kahle Hänge und in
Forstwirtschaft gepflanzte Kiefern, hier alles Wildnis, dort viel
Landwirtschaft mit Viehzucht und vereinzeltem Ackerbau.
Wir kommen in den Lake
District, in den Teil der Provinz Otago mit vielen Seen meist glazialen
Ursprungs und oft recht gross. Hinter dem Pass berühren wir zuerst den Lake
Wanaka, dann den Lake Hawea, um wieder an den Wanaka zu stossen. Die Berge rund
rum sind 1500 bis 2500 Meter hoch, die Spitzen haben immer noch Schnee.
Ferienorte
Wir übernachten in Wanaka am
gleichnamigen See. Es ist ein schöner Ort, touristisch, aber ruhig. Unser Motel
ist Spitze, mit eigener Waschmaschine, mit Tumbler, einem Schlafzimmer, einer
Küchennische mit Abwaschmaschine (die wir hier nun wirklich nicht brauchen),
einem Wohnraum und einer Terrasse, vor der ein eiliger Bach durchfliesst. Ausser
dass die Enten alles verscheissen, ist es prächtig. Das Panorama ist mit
Schneebergen bespickt, der See ladet zwar der Kühle wegen nicht zum Bade, aber
gibt eine schöne Stimmung.
Auf der Weiterfahrt nach Te Anau,
unserem nächsten Zielpunkt, kommen wir durch Queenstown. Wir fahren über eine
respektable Pasststrasse hinunter; auf der anderen Seite merkt man gar nicht,
dass es hoch geht, das Flusstal ist lang von 300 auf 1000 Meter. Hier ist
wieder Frühling, alles blüht, neben dem Gelb der Ginster jetzt auch viele
weisse Sträucher. In Queenstown ist viel mehr los, es ist grösser und weniger
einladend als Wanaka. Trotzdem werden wir es voraussichtlich nochmals besuchen,
da es Ausgangsort vieler Sehenswürdigkeiten ist.
Te Anau, das wir über eine
schöne Seestrasse und durch breite Täler erreichen, ist wiederum an einem See,
dem Lake Ta Anau (wie könnte es anders sein) und ein feiner Ort wie Wanaka. Der
Kranz der Schneeberge, die es von der nahen stürmischen, nassen, kalten Küste
abschirmen, ist das bisher schönste. Von hier aus fahren wir in einen Fjord,
den Milford Sound, wo wir morgen auf einem Schiff übernachten. Die Fahrt durch
die Berge allein soll sich lohnen.
Ein Tag im Leben zweier
Reisender
Es könnte die geneigte
Leserschaft ja vielleicht interessieren, wie wir auf dieser Reise einen Tag von
so vielen verbringen. Sei’s drum, es hat sich ja jetzt hier in Neuseeland eine
gewisse Routine eingestellt hat. Also:
Einen Wecker brauchen wir
nicht. Wir erwachen so um 8 rum, manchmal etwas früher, manchmal etwas später.
Elo macht Frühstück (wir haben hier Arbeitsteilung: Sie kocht und wäscht, ich
fahre alles, trage die Koffer. etc., beide sind zufrieden). Wir haben immer
etwas zu essen, fürs Zmorge und fürs Picknick. Dazu haben wir zwei
Isoliertaschen gekauft, in denen wir die Sachen transportieren. Zum Zmorge gibt
es Tee (ich mit Honig), Toast (es gibt etwas wie Vollkorntoast, der etwas
weniger labrig ist, als der Rest des Brotangebots), Wurst oder Schinken
(beide), Käse (Elo), Butterbrot mit Confi (Elo) oder Honig (Jürg), Joghurt und
Früchte. Nicht schlecht.
Dann Zähne putzen, einpacken, Elektronik
zusammenräumen, verladen (die Motelzimmer sind meist ebenerdig, das Auto vor
der Türe – praktisch), abfahren. Meist kommen wir um 9 halb 10 weg.
Die Fahrten sind unterschiedlich
lang, meist zwischen 100 und 250 Kilometern pro Tag. Das lässt uns Zeit,
spontan oder etwas vorgeplant Sachen anzusehen, einzukaufen, Spaziergänge zu
machen, Picknickplätze zu suchen. Das Mittagessen besteht aus einer Scheibe
Brot, Wurst oder Rauchfisch oder Lachskonserve, einer Frucht und einem Guezli,
es sei denn, wir kaufen eine Languste. Unterwegs kehren wir manchmal ein, Elo
nimmt meist einen Tee oder einen Long Black, d.h. einen Kaffee nature, ich
einen „lartsch lätteii“, einen grossen Café Latte auf neuseeländisch.
Meist kommen wir so um 4 am
Ziel an. Wir gehen in etwas grössere Orte, wo wir dann zu Fuss auch eine gute
Beiz finden für das „Dinner“, wie es hier vornehm heisst. Das Motel suchen wir
oft über die lokale Touristeninformation. Die Büros sind ausgezeichnet, sie
sagen uns auch, was für uns am Besten wäre, sie buchen usw.
Im Motel gibt es zuerst einen
Apéro (die blauen Kühltaschen haben immer eine Flasche Weissen und eine Flasche
Roten (für den Abend!) aus Neuseeland. Die Weine hier sind sehr gut. Wir lesen
oder schreiben. Dann gehen wir in den Ort und essen. Wir teilen uns je eine Vorspeise
und eine Hauptspeise, das reicht immer. Dazu Wein, glasweise, dann noch Kaffe
und oft einen Whisky (Jürg).
Im Motel lesen wir, schreiben
Reisebericht, jassen, telefonieren, trinken Rotwein. Zwischen halb 11 und halb
12 gehen wir ins Bett, wo wir lesen, bis uns die Augen zufallen Und dann
schlafen wir bis….(s.o.)
So, das wär’s, und was wir
dazwischen alles erleben, kennt Ihr aus den Berichten.
Ueberraschung
Und wieder mal kam es erstens
anders und zweitens als man denkt. Als wir in Wanaka essen gehen, sieht Elo ein
Schild: „Road to Milford Sound closed, a tomorrow“. Die Strasse sei wohl zu,
meint sie, aber ich bin da souverän: Du spinnst, das ist nachts immer so“, denn
immer schliesst er messerscharf, das nicht ist, was nicht sein darf. Elo ist –
mit recht – sauer, und ich gehe nach meiner Erfahrung, dass die beste aller
Ehefrauen nicht spinnt, und meist auch noch recht hat. Also frage ich irgendwo
nach, und siehe. Ein Steinschlag hat die Strasse zugemacht (für mindestens 3
Tage, wie sich dann rausstellt).
Wir haben aber für morgen Nachmittag
gebucht und bezahlt. Zum Glück ist der Veranstalter hier in der Gegend etwas
wie ein Monopolist und hat in Wanaka ein Büro. Die Frau am Schalter beruhigt
uns, indem sie sagt, sie könne uns von Milford Sound auf den Doubtful Sound
umbuchen. Dafür müssten wir aber aufbezahlen. Es lohne sich jedoch, der Ausflug
sei viel besser. Die Dame hatte, wie sich zeigte, recht, aber Elo hat dann mit
der Begründung, wir könnten ja nichts für die Umbuchung, etwas rausgeschunden:
Noch mehr Rabatt könne sie uns nicht geben, das sei schon ein Sonderangebot,
aber eine Dampfschifffahrt in Queenstown sei möglich. Wir nahmen das gerne an.
Ueber See und Pass in den
Fjord
Der Doubtful Sound
(Namensgeber, wer wohl? Ja, Captain Cook auch hier) ist nur über einen See oder
vom Meer her erreichbar, weshalb er viel ruhiger ist, als der Milford Sound.
Eigentlich müsste es jeweils Fjord heissen, es sind nicht Buchten sondern tiefe
Täler, die die Gletscher in das harte Gestein gegraben haben.
Zuerst ging es
also über den Lake Manapouri, eine Stunde, und das war schon eine Reise für
sich. Auf 200 Metern über Meer viele Arme mit steilen Ufern. Ganz hinten ist
ein grosses Kraftwerk, dessen Turbinen im Berg liegen, bevor das Wasser dann
unten durch einen weiteren Tunnel in den Sound abfliesst. Der Fluss, der den
See entwässert, war einmal der zweitgrösste Neuseelands, aber er musste viel
Federn – konkret Wasser – lassen.
Die Strasse über einen Pass zum
Sound wurde beim Bau des Kraftwerks gebraucht und gebaut. Heute dient sie vor
allem dem Tourismus. Sie führt durch einen schönen Regenwald, mit Bäumen, deren
Stämme über und über von Moos bedeckt sind. Es regnet hier noch mehr als sonst
wo an der Westküste. Unten am Sound sind es 7 bis 10 Meter pro Jahr, auf den
Gipfeln bis zu 15 Metern (Hinterthurgau: rund 1,5 Meter, und bei uns ist ja
auch nicht gerade trocken).
Dementsprechend war auch das
Wetter: kaum waren wir auf dem Pass, kam Nebel und es regnete allpot und gli wider. Aber das tat der Sache
keinen Abbruch, im Gegenteil, es erhöhte die Dramatik.
Auf dem Schiff durch den
Sound
Wir bezogen unser Schiff. Wir
hatten eine Zweierkabine für uns, mit WC/Douche. Ueber uns war der Salon:
schöne Sitzgelegenheiten, eine Bar, eine (gute!) Küche. Vorne und darüber gibt
es ein Beobachtungsdeck, und auf der Brücke sind Gäste immer willkommen, der
Kapitän gibt gerne Auskunft, und es ist geheizt, wie im Salon. Ein Mitglied der
Crew weist auf die Sehenswürdigkeiten hin und erläutert die Natur. So erfahren
wir, dass der Sound, der bis über 400 Meter tief ist, und dessen Flanken
mehrere Hundert Meter meist fast senkrecht aufsteigen, in einer Zeit von
Gletschern gebildet wurde, als der Niederschlag nur als Schnee fiel: 50 bis 150
Meter pro Jahr!
Wir fahren in verschiedene Arme
des Fjords, so den Crooked Arm (Gebogener Arm) und den First Arm (Erster Arm),
wo wir dann übernachten.
Im Crooked Arm könnten wir mit dem Kanu paddeln oder
mit einem der Motorboote entlang der Felsen fahren. Aber erstens haben wir
nicht dafür bezahlt, dass wir selbst rudern und erst noch nasse Schuhe und
Hosen bekommen (Kanu) oder im Wind frieren (Motorboot). Wir sehen uns die Sache
vom Deck an und geniessen die Stille, denn es sind fast alle unterwegs. Gereut
hat mich nur, dass ich keine Badehose dabei hatte. Ich wäre schon schnell (!)
mal ins Meer gehüpft, auch wenn Wasser und Luft etwa gleich kalt waren (ca.
12°).
Am Nachmittag gibt es dann für
die Sportler (unter die wir uns natürlich auch mischen) eine warme Suppe, die
uns nach der langen Zeit auf dem kühlen Deck gut tut. Und am Abend ein feines
Nachtessen mit allem Drum und Dran. Nur den Wein müssen wir selbst bezahlen,
aber der ist flaschenweise recht günstig, und ein Fläschchen mag man ja immer.
Grossartige Eindrücke
Die Fahrt durch den Fjord am
Nachmittag und am nächsten Morgen (Tagwacht: 0615!) ist eindrücklich. Immer neue Aus- und
Einblicke bieten sich. Das Licht wechselt ständig, mal scheint die Sonne,
gleich regnet es, dann wird es wieder hell. Die Felsformationen zeigen sich in
oder über den Nebelbänken. Die Bergflanken sind mit Regenwald, mit Bäumen,
Büschen und vielerlei Farnen überwachsen, nur wenn vor relativ kurzer Zeit ein
Bergsturz war, zeigt sich der Fels. (Das soll in Norwegen, sagen uns
reiselustige Neuseeländer, anders sein.)
Dazwischen immer wieder Bäche und
Wasserfälle, die sich zum Teil von sehr weit oben über die Wände stürzen. Das
viele Wasser, das an den steilen Felswänden hinunterläuft, bildet Moos, worin
sich Farn festsetzen kann. Dieser bietet Halt für Sträucher und Bäume. Kommt das
Wasser allzu wild, werden Bäume, Sträucher und Farne davon gespült. Der
Kreislauf beginnt aufs Neue.
Und wir sehen auch Tiere: Zunächst
Vögel, deren Gesang durch die schmalen Täler hallt, die aber meist nur ganz
kurz sichtbar sind. Ueber den Schluchten gleiten die Möwen still durch die
Luft. Am Morgen stellt der Kapitän hinten im Hall Arm den Motor ab. Mindestens
fünf Minuten sind alle ganz still, und wir nehmen das Rauschen der Wasserfälle,
das Plätschern der leichten Wellen an der Bordwand und den Gesang der
verschiedenen Vögel intensiv wahr.
Leben im Wasser
An Wassertieren beobachten wir Robben
und eine Kolonie Seelöwen, die zu Dutzenden auf Felsen vor dem Eingang zum
Fjord spielen oder auch ihre Macht gegen Rivalen demonstrieren. (Hier draussen
schaukelt es in der starken Dünung schon etwas, und die Bar ist geschlossen.) Es
gibt zwei Sorten Pinguine: Einmal die Crested Fjordland Penguins (Dickschnabelpinguin
oder Fjordlandpinguin, Gattung Schopfpinguin), eine der seltensten Pinguinarten
der Welt, die nur in diesen Fjorden und auf Stewart Island (s.u.) vorkommen;
dann die Blue Penguins (Zwergpinguine), mit gut 30 Zentimetern die kleinste
Pinguinart, die mehr verbreitet ist. Wir sehen die Crested Fjordlands Penguins
auf Felsen herumturnen, die Zwergpinguine nur ganz schnell, denn sie sind im
Wasser am Fischen.
Das schönste Erlebnis mit
Tieren war ganz am Schluss eine Delphinschule. Sie schwammen, spritzten,
sprangen in die Luft, mal allein, mal paarweise und oft sehr hoch.
Fotografieren ist mit meiner kleinen Kamera nur begrenzt möglich, und als sie
vor unserer Nase die schönsten Turnübungen machten, hatte ich gerade den
Feldstecher in der Hand. Dafür habe ich sie gut gesehen.
Wieder ein Höhepunkt,
empfehlenswert. (S. auch www.realjourneys.co.nz.)
Südlichster Punkt
Wir nähern uns dem südlichsten
Punkt unserer Reise: Stewart Island. Sie liegt wenige Kilometer südlich von
Invercargill, einer mittelgrossen Stadt mit gut 50'000 Einwohnern, relativ
reich. Der Ort Oban ist mit 46°53’ südlicher Breite etwa gleich weit südlich,
wie Bern nördlich. Das Klima allerdings ist nicht ganz das gleiche! Hinter
Stewart Island kommt nichts mehr als Südpolarmeer und der Südpol. Und das spürt
man!
Kaum sind wir, vom Lake
Manapouri kommend, an der Südküste angelangt, empfängt uns eine
ausserordentlich steife Brise aus Südwest, der vorherrschenden Windrichtung. Die
Bäume sind alle nach links geneigt, teilweise sehr stark, und auf der dem Wind
und dem Meer zugewandten Seite haben sie, wenn sie nicht im Windschatten
liegen, keine Aeste und oft auch keine Rinde. Es geht uns durch Mark und Bein.
Wir wollen eigentlich einen ganzen Tag in Invercargill bleiben, aber wir buchen
um und fahren schon am nächsten Tag mit der Fähre rüber auf die Insel.
Oban – die Insel ist wie der
ganze Süden von Schotten besiedelt worden, und so heisst der Ort, dessen Name in gälisch Kleine Bucht heisst, wie eine heute
berühmte Marke des Single Malt Whiskys – hat rund 400 Einwohner, die ganzjährig
dort leben. Es liegt in der Halfmoon Bay, im Windschatten von steil nach oben
gehenden Hügeln. Es gibt nur ganz wenige Strassen, aber doch recht viele Autos,
denn alle Einwohner brauchen eines.
Regenwald und Eingeborene
Wir haben Glück, das Wetter ist
gut, es regnet nur zwischendurch (oder umgekehrt), und wir werden auf unseren
Spaziergängen entlang der Küste durch schönen Regenwald nie nass. Andere haben
da mehr Pech und kommen mit nassen Hosen und Schuhen in die Beiz.
Sie kommen auch auf die Veranda unserer Lodge, und sie werden ihrem
Ruf gerecht, mit ihrer Neugier eher eine Plage als ein Vergnügen zu sein.
Meinen Brissagostummel lassen sie aber liegen – neben dem Aschenbecher,
versteht sich.
In der Dorfbeiz
Am Abend nach einem feinen Essen in einem kleinen Restaurant auf dem Church Hill (Kirchhügel, nicht englischer Politiker des 20. Jahrhunderts!) kehrten wir noch im Dorfpub ein. Da war sie dann, die Bevölkerung, oder mindestens Teile davon. In Gummistiefeln, direkt vom Fischerboot, in alten Pullovern, mit Wollmützen auch in der Beiz, mit Biergläsern, Weinflaschen und Schnäpsen, am Billardtisch und an der Juekebox (gute Musik!). Und sie waren manchmal etwas laut, aber immer sehr freundlich. Sie sprachen uns an, und sie fanden es schon etwas daneben, nur eine Nacht hier zu sein. Einer mit Wollmütze, Stoppelbart und Zähnen wie ein abgebranntes Walliserdorf erzählte uns, er sei für eine Woche hergekommen, vor weit über zehn Jahren. Hier sei es am besten, die Leute am nettesten. Vom Wetter sprachen wir nicht.
Südküste
Ueber die Southern Scenic Route
fahren wir nach Dunedin, der zweitgrössten Stadt der Südinsel. Die Landschaft
ist eindrücklich, aber auch hier bläst es wie verrückt. Und das Wetter. Es
wechselt im Halbstundentakt. Kaum habe ich den Scheibenwischer abgestellt,
tropft es wieder, kaum lässt sich die Sonne blicken, ist sie wieder hinter
einem Regenschleier verschwunden, der aber auch nicht lange anhält. Eine
Informationstafel an einem Aussichtspunkt erklärt, das habe den Grund darin,
das die Winde ständige wechselten.
Warum auch immer, die Gegend
ist zwar wunderschön, die Strände aus der Wärme des Autos einladend, der
Regenwald, der hier noch bis ans Meer kommt, dicht, wie wir auf einem
Spaziergang an einen Wasserfall erleben, die Wiesen, von den Schafen abgegrast
wie Golfrasen, von einem leuchtenden Grün, besetzt mit weissen Schafen. Elo
bringt es auf den Punkt: Schöne Landschaft und nette Leute, aber ein Klima zum Davonlaufen!
Dunedin
Das 1848 gegründete Dunedin war
bis 1900 die grösste Stadt Neuseelands. Sie wurde geprägt vor allem durch
Schotten, und die Einwohner dieses Landstrichs zwischen den beiden grossen
Städten sind bis heute stolz und fühlen sich als etwas Besonderes. Hier in
Dunedin – der keltische Name für Edinborough - wurden einige erste Dinge der
Welt getan: höhere Schule für Mädchen (1870), Verschiffung von gefrorenem
Fleisch (1882 in 98 Tagen nach – wohin wohl, klar nach – London), das erste
Indoor-Stadium mit einem natürlichen Rasen (wen wundert das bei dem Klima!).
Auch die erste Universität des
Landes wurde hier gegründet (1869), die erste Tageszeitung (1861), der erste
Botanische Garten (1863), die erste Strassenbeleuchtung mit Gas (1863), die
erste Kunstschule (1870), die erste Käsefabrik (1871) – ich glaube, die waren
auch uns in einigem voraus. Auch im Frauenstimmrecht: Neuseeland war das erste
Land der Welt, das das aktive Stimmrecht
für Frauen einführte (1883 für alle! Frauen), und Dunedin wird da eine führende
Rolle gehabt haben.
Dunedin hat Charakter, ist eine
schöne Stadt. Auch scheint sie reich zu sein, sie ist gut im Schuss und die
Geschäfte sind teilweise höhere Klasse. Wir hatten heute gutes Wetter (bisher,
jetzt ist es wieder bewölkt und windig). Mit dem Bus sind wir in den schönen
Botanischen Garten mit vielen Rhododendren gefahren, dann durch den ruhigen
Universitätscampus an einem kleinen Fluss ins Otago Museum gelaufen. Dieses ist
der Natur und den Menschen des Südens (Provinz Otago) gewidmet, hat aber auch
eine gute Sammlung der Kulturen der Südseeinseln. Und eine schöne Sammlung vorklassischer
und klassischer griechischer Keramik. Da hat vor über hundert Jahren einer mit
viel Geld sein Hobby betrieben.
Anschliessend geht es die
Hauptgeschäftsstrasse entlang ins Zentrum, dann ins Hotel zum Ausruhen und dann zum
Abendessen. Morgen fahren wir wieder in den Lake District und von dort nach
Norden.
19.11.2012 / JB.