Montag, 19. November 2012

IV-4 Seen&Fjorde, Wind&Wetter

Abrupter Wechsel / Ferienorte / Ein Tag im Leben zweier Reisender / Ueberraschung / Ueber See und Pass in den Fjord / Auf dem Schiff durch den Sound / Grossartige Eindrücke / Leben im Wasser / Südlichster Punkt / Regenwald und Eingeborene / In der Dorfbeiz / Südküste / Dunedin

Abrupter Wechsel

Der Haast-Pass ist mit 550 Metern wie gesagt kaum als Passhöhe wahrnehmbar, aber er ist wirklich ein Scheitel- und Scheidepunkt. Hier die ruppigen Felsmassive des Westabhangs der Südalpen, mit Schründen und steilen Hängen, dort sanfter gewellte Berge und breite „Hoch“täler. Hier die üppige Regenwaldvegetation mit grossen Farnen, Farnpalmen, hohen Bäumen, dort eher magerer Buschbewuchs, kahle Hänge und in Forstwirtschaft gepflanzte Kiefern, hier alles Wildnis, dort viel Landwirtschaft mit Viehzucht und vereinzeltem Ackerbau.

Wir kommen in den Lake District, in den Teil der Provinz Otago mit vielen Seen meist glazialen Ursprungs und oft recht gross. Hinter dem Pass berühren wir zuerst den Lake Wanaka, dann den Lake Hawea, um wieder an den Wanaka zu stossen. Die Berge rund rum sind 1500 bis 2500 Meter hoch, die Spitzen haben immer noch Schnee.

Ferienorte
Wir übernachten in Wanaka am gleichnamigen See. Es ist ein schöner Ort, touristisch, aber ruhig. Unser Motel ist Spitze, mit eigener Waschmaschine, mit Tumbler, einem Schlafzimmer, einer Küchennische mit Abwaschmaschine (die wir hier nun wirklich nicht brauchen), einem Wohnraum und einer Terrasse, vor der ein eiliger Bach durchfliesst. Ausser dass die Enten alles verscheissen, ist es prächtig. Das Panorama ist mit Schneebergen bespickt, der See ladet zwar der Kühle wegen nicht zum Bade, aber gibt eine schöne Stimmung.

Auf der Weiterfahrt nach Te Anau, unserem nächsten Zielpunkt, kommen wir durch Queenstown. Wir fahren über eine respektable Pasststrasse hinunter; auf der anderen Seite merkt man gar nicht, dass es hoch geht, das Flusstal ist lang von 300 auf 1000 Meter. Hier ist wieder Frühling, alles blüht, neben dem Gelb der Ginster jetzt auch viele weisse Sträucher. In Queenstown ist viel mehr los, es ist grösser und weniger einladend als Wanaka. Trotzdem werden wir es voraussichtlich nochmals besuchen, da es Ausgangsort vieler Sehenswürdigkeiten ist.

Te Anau, das wir über eine schöne Seestrasse und durch breite Täler erreichen, ist wiederum an einem See, dem Lake Ta Anau (wie könnte es anders sein) und ein feiner Ort wie Wanaka. Der Kranz der Schneeberge, die es von der nahen stürmischen, nassen, kalten Küste abschirmen, ist das bisher schönste. Von hier aus fahren wir in einen Fjord, den Milford Sound, wo wir morgen auf einem Schiff übernachten. Die Fahrt durch die Berge allein soll sich lohnen.

Ein Tag im Leben zweier Reisender

Es könnte die geneigte Leserschaft ja vielleicht interessieren, wie wir auf dieser Reise einen Tag von so vielen verbringen. Sei’s drum, es hat sich ja jetzt hier in Neuseeland eine gewisse Routine eingestellt hat. Also:

Einen Wecker brauchen wir nicht. Wir erwachen so um 8 rum, manchmal etwas früher, manchmal etwas später. Elo macht Frühstück (wir haben hier Arbeitsteilung: Sie kocht und wäscht, ich fahre alles, trage die Koffer. etc., beide sind zufrieden). Wir haben immer etwas zu essen, fürs Zmorge und fürs Picknick. Dazu haben wir zwei Isoliertaschen gekauft, in denen wir die Sachen transportieren. Zum Zmorge gibt es Tee (ich mit Honig), Toast (es gibt etwas wie Vollkorntoast, der etwas weniger labrig ist, als der Rest des Brotangebots), Wurst oder Schinken (beide), Käse (Elo), Butterbrot mit Confi (Elo) oder Honig (Jürg), Joghurt und Früchte. Nicht schlecht.

Dann Zähne putzen, einpacken, Elektronik zusammenräumen, verladen (die Motelzimmer sind meist ebenerdig, das Auto vor der Türe – praktisch), abfahren. Meist kommen wir um 9 halb 10 weg.

Die Fahrten sind unterschiedlich lang, meist zwischen 100 und 250 Kilometern pro Tag. Das lässt uns Zeit, spontan oder etwas vorgeplant Sachen anzusehen, einzukaufen, Spaziergänge zu machen, Picknickplätze zu suchen. Das Mittagessen besteht aus einer Scheibe Brot, Wurst oder Rauchfisch oder Lachskonserve, einer Frucht und einem Guezli, es sei denn, wir kaufen eine Languste. Unterwegs kehren wir manchmal ein, Elo nimmt meist einen Tee oder einen Long Black, d.h. einen Kaffee nature, ich einen „lartsch lätteii“, einen grossen Café Latte auf neuseeländisch.

Meist kommen wir so um 4 am Ziel an. Wir gehen in etwas grössere Orte, wo wir dann zu Fuss auch eine gute Beiz finden für das „Dinner“, wie es hier vornehm heisst. Das Motel suchen wir oft über die lokale Touristeninformation. Die Büros sind ausgezeichnet, sie sagen uns auch, was für uns am Besten wäre, sie buchen usw.

Im Motel gibt es zuerst einen Apéro (die blauen Kühltaschen haben immer eine Flasche Weissen und eine Flasche Roten (für den Abend!) aus Neuseeland. Die Weine hier sind sehr gut. Wir lesen oder schreiben. Dann gehen wir in den Ort und essen. Wir teilen uns je eine Vorspeise und eine Hauptspeise, das reicht immer. Dazu Wein, glasweise, dann noch Kaffe und oft einen Whisky (Jürg).

Im Motel lesen wir, schreiben Reisebericht, jassen, telefonieren, trinken Rotwein. Zwischen halb 11 und halb 12 gehen wir ins Bett, wo wir lesen, bis uns die Augen zufallen Und dann schlafen wir bis….(s.o.)

So, das wär’s, und was wir dazwischen alles erleben, kennt Ihr aus den Berichten.

Ueberraschung

Und wieder mal kam es erstens anders und zweitens als man denkt. Als wir in Wanaka essen gehen, sieht Elo ein Schild: „Road to Milford Sound closed, a tomorrow“. Die Strasse sei wohl zu, meint sie, aber ich bin da souverän: Du spinnst, das ist nachts immer so“, denn immer schliesst er messerscharf, das nicht ist, was nicht sein darf. Elo ist – mit recht – sauer, und ich gehe nach meiner Erfahrung, dass die beste aller Ehefrauen nicht spinnt, und meist auch noch recht hat. Also frage ich irgendwo nach, und siehe. Ein Steinschlag hat die Strasse zugemacht (für mindestens 3 Tage, wie sich dann rausstellt).

Wir haben aber für morgen Nachmittag gebucht und bezahlt. Zum Glück ist der Veranstalter hier in der Gegend etwas wie ein Monopolist und hat in Wanaka ein Büro. Die Frau am Schalter beruhigt uns, indem sie sagt, sie könne uns von Milford Sound auf den Doubtful Sound umbuchen. Dafür müssten wir aber aufbezahlen. Es lohne sich jedoch, der Ausflug sei viel besser. Die Dame hatte, wie sich zeigte, recht, aber Elo hat dann mit der Begründung, wir könnten ja nichts für die Umbuchung, etwas rausgeschunden: Noch mehr Rabatt könne sie uns nicht geben, das sei schon ein Sonderangebot, aber eine Dampfschifffahrt in Queenstown sei möglich. Wir nahmen das gerne an.

Ueber See und Pass in den Fjord

Der Doubtful Sound (Namensgeber, wer wohl? Ja, Captain Cook auch hier) ist nur über einen See oder vom Meer her erreichbar, weshalb er viel ruhiger ist, als der Milford Sound. Eigentlich müsste es jeweils Fjord heissen, es sind nicht Buchten sondern tiefe Täler, die die Gletscher in das harte Gestein gegraben haben.
 
Zuerst ging es also über den Lake Manapouri, eine Stunde, und das war schon eine Reise für sich. Auf 200 Metern über Meer viele Arme mit steilen Ufern. Ganz hinten ist ein grosses Kraftwerk, dessen Turbinen im Berg liegen, bevor das Wasser dann unten durch einen weiteren Tunnel in den Sound abfliesst. Der Fluss, der den See entwässert, war einmal der zweitgrösste Neuseelands, aber er musste viel Federn – konkret Wasser – lassen.

Die Strasse über einen Pass zum Sound wurde beim Bau des Kraftwerks gebraucht und gebaut. Heute dient sie vor allem dem Tourismus. Sie führt durch einen schönen Regenwald, mit Bäumen, deren Stämme über und über von Moos bedeckt sind. Es regnet hier noch mehr als sonst wo an der Westküste. Unten am Sound sind es 7 bis 10 Meter pro Jahr, auf den Gipfeln bis zu 15 Metern (Hinterthurgau: rund 1,5 Meter, und bei uns ist ja auch nicht gerade trocken).

Dementsprechend war auch das Wetter: kaum waren wir auf dem Pass, kam Nebel und es regnete  allpot und gli wider. Aber das tat der Sache keinen Abbruch, im Gegenteil, es erhöhte die Dramatik.

Auf dem Schiff durch den Sound
 
Wir bezogen unser Schiff. Wir hatten eine Zweierkabine für uns, mit WC/Douche. Ueber uns war der Salon: schöne Sitzgelegenheiten, eine Bar, eine (gute!) Küche. Vorne und darüber gibt es ein Beobachtungsdeck, und auf der Brücke sind Gäste immer willkommen, der Kapitän gibt gerne Auskunft, und es ist geheizt, wie im Salon. Ein Mitglied der Crew weist auf die Sehenswürdigkeiten hin und erläutert die Natur. So erfahren wir, dass der Sound, der bis über 400 Meter tief ist, und dessen Flanken mehrere Hundert Meter meist fast senkrecht aufsteigen, in einer Zeit von Gletschern gebildet wurde, als der Niederschlag nur als Schnee fiel: 50 bis 150 Meter pro Jahr!

Wir fahren in verschiedene Arme des Fjords, so den Crooked Arm (Gebogener Arm) und den First Arm (Erster Arm), wo wir dann übernachten.
 
Im Crooked Arm könnten wir mit dem Kanu paddeln oder mit einem der Motorboote entlang der Felsen fahren. Aber erstens haben wir nicht dafür bezahlt, dass wir selbst rudern und erst noch nasse Schuhe und Hosen bekommen (Kanu) oder im Wind frieren (Motorboot). Wir sehen uns die Sache vom Deck an und geniessen die Stille, denn es sind fast alle unterwegs. Gereut hat mich nur, dass ich keine Badehose dabei hatte. Ich wäre schon schnell (!) mal ins Meer gehüpft, auch wenn Wasser und Luft etwa gleich kalt waren (ca. 12°).

Am Nachmittag gibt es dann für die Sportler (unter die wir uns natürlich auch mischen) eine warme Suppe, die uns nach der langen Zeit auf dem kühlen Deck gut tut. Und am Abend ein feines Nachtessen mit allem Drum und Dran. Nur den Wein müssen wir selbst bezahlen, aber der ist flaschenweise recht günstig, und ein Fläschchen mag man ja immer.

Grossartige Eindrücke

Die Fahrt durch den Fjord am Nachmittag und am nächsten Morgen (Tagwacht: 0615!)  ist eindrücklich. Immer neue Aus- und Einblicke bieten sich. Das Licht wechselt ständig, mal scheint die Sonne, gleich regnet es, dann wird es wieder hell. Die Felsformationen zeigen sich in oder über den Nebelbänken. Die Bergflanken sind mit Regenwald, mit Bäumen, Büschen und vielerlei Farnen überwachsen, nur wenn vor relativ kurzer Zeit ein Bergsturz war, zeigt sich der Fels. (Das soll in Norwegen, sagen uns reiselustige Neuseeländer, anders sein.)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Dazwischen immer wieder Bäche und Wasserfälle, die sich zum Teil von sehr weit oben über die Wände stürzen. Das viele Wasser, das an den steilen Felswänden hinunterläuft, bildet Moos, worin sich Farn festsetzen kann. Dieser bietet Halt für Sträucher und Bäume. Kommt das Wasser allzu wild, werden Bäume, Sträucher und Farne davon gespült. Der Kreislauf beginnt aufs Neue.
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Und wir sehen auch Tiere: Zunächst Vögel, deren Gesang durch die schmalen Täler hallt, die aber meist nur ganz kurz sichtbar sind. Ueber den Schluchten gleiten die Möwen still durch die Luft. Am Morgen stellt der Kapitän hinten im Hall Arm den Motor ab. Mindestens fünf Minuten sind alle ganz still, und wir nehmen das Rauschen der Wasserfälle, das Plätschern der leichten Wellen an der Bordwand und den Gesang der verschiedenen Vögel intensiv wahr.

Leben im Wasser

An Wassertieren beobachten wir Robben und eine Kolonie Seelöwen, die zu Dutzenden auf Felsen vor dem Eingang zum Fjord spielen oder auch ihre Macht gegen Rivalen demonstrieren. (Hier draussen schaukelt es in der starken Dünung schon etwas, und die Bar ist geschlossen.) Es gibt zwei Sorten Pinguine: Einmal die Crested Fjordland Penguins (Dickschnabelpinguin oder Fjordlandpinguin, Gattung Schopfpinguin), eine der seltensten Pinguinarten der Welt, die nur in diesen Fjorden und auf Stewart Island (s.u.) vorkommen; dann die Blue Penguins (Zwergpinguine), mit gut 30 Zentimetern die kleinste Pinguinart, die mehr verbreitet ist. Wir sehen die Crested Fjordlands Penguins auf Felsen herumturnen, die Zwergpinguine nur ganz schnell, denn sie sind im Wasser am Fischen.

Das schönste Erlebnis mit Tieren war ganz am Schluss eine Delphinschule. Sie schwammen, spritzten, sprangen in die Luft, mal allein, mal paarweise und oft sehr hoch. Fotografieren ist mit meiner kleinen Kamera nur begrenzt möglich, und als sie vor unserer Nase die schönsten Turnübungen machten, hatte ich gerade den Feldstecher in der Hand. Dafür habe ich sie gut gesehen.

Wieder ein Höhepunkt, empfehlenswert. (S. auch www.realjourneys.co.nz.)

Südlichster Punkt

Wir nähern uns dem südlichsten Punkt unserer Reise: Stewart Island. Sie liegt wenige Kilometer südlich von Invercargill, einer mittelgrossen Stadt mit gut 50'000 Einwohnern, relativ reich. Der Ort Oban ist mit 46°53’ südlicher Breite etwa gleich weit südlich, wie Bern nördlich. Das Klima allerdings ist nicht ganz das gleiche! Hinter Stewart Island kommt nichts mehr als Südpolarmeer und der Südpol. Und das spürt man!
 
Kaum sind wir, vom Lake Manapouri kommend, an der Südküste angelangt, empfängt uns eine ausserordentlich steife Brise aus Südwest, der vorherrschenden Windrichtung. Die Bäume sind alle nach links geneigt, teilweise sehr stark, und auf der dem Wind und dem Meer zugewandten Seite haben sie, wenn sie nicht im Windschatten liegen, keine Aeste und oft auch keine Rinde. Es geht uns durch Mark und Bein. Wir wollen eigentlich einen ganzen Tag in Invercargill bleiben, aber wir buchen um und fahren schon am nächsten Tag mit der Fähre rüber auf die Insel.
 
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Oban  – die Insel ist wie der ganze Süden von Schotten besiedelt worden, und so heisst der Ort, dessen Name in gälisch Kleine Bucht heisst, wie eine heute berühmte Marke des Single Malt Whiskys – hat rund 400 Einwohner, die ganzjährig dort leben. Es liegt in der Halfmoon Bay, im Windschatten von steil nach oben gehenden Hügeln. Es gibt nur ganz wenige Strassen, aber doch recht viele Autos, denn alle Einwohner brauchen eines.
 
Regenwald und Eingeborene

Wir haben Glück, das Wetter ist gut, es regnet nur zwischendurch (oder umgekehrt), und wir werden auf unseren Spaziergängen entlang der Küste durch schönen Regenwald nie nass. Andere haben da mehr Pech und kommen mit nassen Hosen und Schuhen in die Beiz.
 
 
 
 
 
Auf dem Spaziergang geht es 10 Mal steil rauf und dann wieder gleich weit steil runter  Konditionstraining.  Im Wald sehen wir den berühmten Kea-Vögeln zu, einer Papageienart der neuseeländischen Südinsel.
 
Sie kommen auch auf die Veranda unserer Lodge, und sie werden ihrem Ruf gerecht, mit ihrer Neugier eher eine Plage als ein Vergnügen zu sein. Meinen Brissagostummel lassen sie aber liegen – neben dem Aschenbecher, versteht sich.
 
Unterwegs kommen wir mit einem einheimischen Paar ins Gespräch. Sie laden uns ein, auf ihrer Veranda den Ausblick über den Hafen zu geniessen. Er ist schön, denn das Haus liegt ganz oben am Berg. Der Mann stammt aus einer Familie, die 1864 in Oban eingewandert ist, als Schiffsbauer. Sie kamen von den Orkney-Inseln im Nordatlantik. Sie haben, so meinte ich, das Klima ihrer Heimat gesucht – und gefunden. Er war der gleichen Meinung.

In der Dorfbeiz
Am Abend nach einem feinen Essen in einem kleinen Restaurant auf dem Church Hill (Kirchhügel, nicht englischer Politiker des 20. Jahrhunderts!) kehrten wir noch im Dorfpub ein. Da war sie dann, die Bevölkerung, oder mindestens Teile davon. In Gummistiefeln, direkt vom Fischerboot, in alten Pullovern, mit Wollmützen auch in der Beiz, mit Biergläsern, Weinflaschen und Schnäpsen, am Billardtisch und an der Juekebox (gute Musik!). Und sie waren manchmal etwas laut, aber immer sehr freundlich. Sie sprachen uns an, und sie fanden es schon etwas daneben, nur eine Nacht hier zu sein. Einer mit Wollmütze, Stoppelbart und Zähnen wie ein abgebranntes Walliserdorf erzählte uns, er sei für eine Woche hergekommen, vor weit über zehn Jahren. Hier sei es am besten, die Leute am nettesten. Vom Wetter sprachen wir nicht.

Südküste

Ueber die Southern Scenic Route fahren wir nach Dunedin, der zweitgrössten Stadt der Südinsel. Die Landschaft ist eindrücklich, aber auch hier bläst es wie verrückt. Und das Wetter. Es wechselt im Halbstundentakt. Kaum habe ich den Scheibenwischer abgestellt, tropft es wieder, kaum lässt sich die Sonne blicken, ist sie wieder hinter einem Regenschleier verschwunden, der aber auch nicht lange anhält. Eine Informationstafel an einem Aussichtspunkt erklärt, das habe den Grund darin, das die Winde ständige wechselten.


Warum auch immer, die Gegend ist zwar wunderschön, die Strände aus der Wärme des Autos einladend, der Regenwald, der hier noch bis ans Meer kommt, dicht, wie wir auf einem Spaziergang an einen Wasserfall erleben, die Wiesen, von den Schafen abgegrast wie Golfrasen, von einem leuchtenden Grün, besetzt mit weissen Schafen. Elo bringt es auf den Punkt: Schöne Landschaft und nette Leute, aber ein Klima zum Davonlaufen!

Dunedin

Das 1848 gegründete Dunedin war bis 1900 die grösste Stadt Neuseelands. Sie wurde geprägt vor allem durch Schotten, und die Einwohner dieses Landstrichs zwischen den beiden grossen Städten sind bis heute stolz und fühlen sich als etwas Besonderes. Hier in Dunedin – der keltische Name für Edinborough - wurden einige erste Dinge der Welt getan: höhere Schule für Mädchen (1870), Verschiffung von gefrorenem Fleisch (1882 in 98 Tagen nach – wohin wohl, klar nach – London), das erste Indoor-Stadium mit einem natürlichen Rasen (wen wundert das bei dem Klima!).

Auch die erste Universität des Landes wurde hier gegründet (1869), die erste Tageszeitung (1861), der erste Botanische Garten (1863), die erste Strassenbeleuchtung mit Gas (1863), die erste Kunstschule (1870), die erste Käsefabrik (1871) – ich glaube, die waren auch uns in einigem voraus. Auch im Frauenstimmrecht: Neuseeland war das erste Land der Welt, das  das aktive Stimmrecht für Frauen einführte (1883 für alle! Frauen), und Dunedin wird da eine führende Rolle gehabt haben.

Dunedin hat Charakter, ist eine schöne Stadt. Auch scheint sie reich zu sein, sie ist gut im Schuss und die Geschäfte sind teilweise höhere Klasse. Wir hatten heute gutes Wetter (bisher, jetzt ist es wieder bewölkt und windig). Mit dem Bus sind wir in den schönen Botanischen Garten mit vielen Rhododendren gefahren, dann durch den ruhigen Universitätscampus an einem kleinen Fluss ins Otago Museum gelaufen. Dieses ist der Natur und den Menschen des Südens (Provinz Otago) gewidmet, hat aber auch eine gute Sammlung der Kulturen der Südseeinseln. Und eine schöne Sammlung vorklassischer und klassischer griechischer Keramik. Da hat vor über hundert Jahren einer mit viel Geld sein Hobby betrieben.





 
 Im Bahnhof aus der Gründerzeit
 
Anschliessend geht es die Hauptgeschäftsstrasse entlang ins Zentrum, dann ins Hotel zum Ausruhen und dann zum Abendessen. Morgen fahren wir wieder in den Lake District und von dort nach Norden.
 
19.11.2012 / JB.