Der Fujiama ist gnädig
Der Zug fuhr dann am Berg Fuji vorbei, den wir Europäer auch Fujiama nennen. Dieser zeigte sich von seiner besten Seite, und diese war wirklich eindrücklich. Eine perfekte Vulkanpyramide bis auf fast 4000 Meter – von Null.
Das Hotel ist klein, die Betreuung sehr gut. Es gefällt uns hier.
Kyoto per Velo
Und es hat noch einen Vorteil: 30 Meter vom Hoteleingang ist ein Veloverleih. Das haben wir benützt, zumal das Wetter bisher sehr gut und auch noch heiss ist (knapp 30 Grad). Wir sind an drei von fünf Tagen in Kyoto viel gefahren und haben viel gesehen. Die Velos sind von grundsolider Qualität und entsprechend schwer. Zudem ist der kleinste Gang schon ganz schön gross. Daher ist es ebenaus ein schönes Fahren, am Berg wird es etwas streng. Aber meist ist es ja in Kyoto flach, nur die schönsten Tempel sind halt an der Bergflanke.
Velofahren ist hier in Japan etwas speziell. Zum einen gilt auch für die Velos der Linksverkehr, aber daran gewöhnen wir uns gut, nur dass wir es halt manchmal vergessen. Dann hupt es ein wenig, aber wirklich nur wenig. Zum anderen sind die Trottoirs offiziell für beide vorgesehen: Fussgänger und Velofahrer, auch wenn sie noch so schmal sind, die Trottoirs. Und dann fahren die Einheimischen links oder rechts, mit der Einbahn oder dagegen.
Elo in der Einkaufspassage., ganz comme il faut!
Aber da wir uns im Touristentrott – also sehr gemächlich und zuguckend, oft auf dem Velo noch kartenlesend oder fotografierend – bewegen, geht das gut. Und es ist ein Genuss. Wir sehen viel von der Stadt. Und wir sind nicht kaputt und können verschiedenes ansehen, was zu Fuss nicht möglich wäre. Denn Kyoto ist zwar kleiner als Tokyo, aber immer noch gross genug
Am Kasura-Fluss
Schönes Kyoto
Die Tempel sind teilweise an den die Stadt flankierenden Hängen gelegen und ermöglichen eine gute Aussicht. Zwar geht es bis dahin jeweils etwas rauf, dafür nachher wieder runter.
Schöne Tempel, atemberaubende Gärten.
Die Tempel sind eindrücklich. Grosse und doch harmonische Gebäude, viele Gläubige, gut abgestimmte Anlagen. Sie sind, sofern sie nicht im flachen Teil der Stadt liegen, mit sehr viel Geschick in die Landschaft eingebettet. Der goldene Pavillon Kinkakuji ist wirklich mit Gold überzogen, aber er erhält seinen wahren Glanz erst durch die Parkanlage, in der er steht. Der weltberühmte Zen-Steingarten Royanji ist wirklich einmalig in der Ausgewogenheit. Die Steine müssen da liegen, wo sie liegen. Eine Pagode gibt dem Kiyomiz-Dera-Tempel das Besondere.
Aber den Vogel abgeschossen hat für uns der Park des Jishoji-Tempels mit dem Silbernem Pavillon Ginkakuji. Es ist nicht zu beschreiben, die vielen Elemente von gestalteter Natur, die über Jahrhunderte getrimmten Bäume, die so gar nicht künstlich aussehen und doch gestaltet sind, die Moosteppiche, die Weiher, die Treppen, die Steinwege im Wald, die Quellfassungen, die Brücken aus Felsplatten – die ganze Anlage.
Wir sind uns einig: In der Gartengestaltung kann den Japanern keiner und keine etwas vormachen!
Und noch etwa hat uns gefallen: In diesen schönsten aller Gärten, die wir bisher gesehen haben, wurden wir immer wieder an unseren Garten zuhause erinnert: der Wechsel von Stein, Wasser und Grün, die Trittsteine im Rasen, der Stein in der Trockenfläche, die Steine über den Weiher, die Treppe hinten hinauf zur Pergola – all das ist in den Zen-Elementen zu finden. Also vermutlich ganz gut gelungen. Ich habe ja damals auch japanische Beispiele studiert, mich inspirieren lassen.
Bleibt noch das – in meinem Kopf schon länger schlummernde, aber noch nicht zur Gestalt gefundene – Projekt des kleinen Wasserfalls vor dem heutigen Bambushain. Das kommt nach dieser Reise dran.
Hier ist klar, wer wo ansteht!
In Nara, wie auch in anderen Städten Japans, sind die Heiligtümer dicht beieinander, oft wie durchmischt und schwer auseinander zu halten. Ein Indiz ist die Farbe der Tempel: die shintoistischen sind oft leuchtend orange. Aber nicht immer.
Bummel durch die Stadt mit Folgen für Elo-san und Jürg-san
Danach machten wir einen Bummel durch die Altstadt Naras, an dessen Ende dann zwar wieder ein uralter Tempel von grosser Schönheit stand. Ein UNESCO-Weltkulturerbe, versteht sich. Diese sind nur in Mexiko dichter gesät als hier, wir werden schon fast snobistisch gegenüber anderen Sehenswürdigkeiten. Auch wenn wir wissen, dass dieses Siegel noch lange nichts heiss, und vor allem die Abwesenheit dieses Markenzeichens.
Wir laufen durch kleinere Strassen, in denen wir auch die Vorgärten der Japaner bewundern. Auf der kleinsten Fläche gestalten sie einen kleinen Park, pflegen und ziehen die Bäume, gestalten ein schönes Arrangement,
Auf diesem Bummel habe ich einen schönen Hausanzug im japanischen Stil gesehen – und gekauft. Elo wollte nicht; sie meinte, sie würde dann im Peking zuschlagen. Auf dem Rückweg sind wir am gleichen Laden vorbeigekommen, und ich fragte die Verkäufern, die gut Englisch sprach, nach einem Musikgeschäft, denn ein guter Freund von uns sucht japanische Tempelmusik. Als ich die Auskunft hatte, hatte Elo ein Stück Hausanzug in der Hand. Wer sie kennt, darf die Farbe einmal (nicht dreimal, das wäre zu leicht) raten: rot!
Im Rengeo-in Tempel wird von einer ausserordentlichen sportlichen Leistung berichtet. Die Tempelhalle selbst stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, sie ist damals neu aufgebaut worden, als die 100 Jahre zuvor erstellte abgebrannt ist, ein Schicksal, das fast alle Tempel Japans ein oder mehrere Male erlebten. Die Halle ist 120 (!) Meter lang und beherbergt 1001 Buddhas und 35 Wächterstatuen aus der damaligen Zeit.
Auf der südlichen Längsempore werden seit vielen hundert Jahren Wettbewerbe im Bogenschiessen ausgetragen, darunter das 24-Stunden-Schiessen über die ganze Länge des Tempels. Rekordhalter ist Daihachiro Wasa, der 1686 in den 24 Stunden 13033 Pfeile verschoss, oder 344 pro Stunde oder 9 pro Minuten – und dabei erst noch 8133 Mal die Scheibe getroffen hat. Geschossen wird sitzend seitlich nach vorn. Wenn heute ein Athlet auf über 10'000 Pfeile kommt, ist das ausserordentlich. Und ein Tragbalken des Dachs wurde in der Halle gezeigt, der durch daneben gegangene Pfeile völlig zerfressen war.
Wir wissen jetzt auch, wie wir unseren Vorgarten, in dem wir eine grosse Tanne haben fällen lassen, gestalten wollen. Lasst Euch überraschen. Ausgedacht haben wir das zum einen auf einer Vorterrasse des oben beschriebenen Tempellanghauses, wo wir dem Nieselregen zugeschaut haben, und zum anderen in der Lobby des nahe gelegenen Hyatt Regency, wo wir bei einem Glas Wein den Nieselregen vorbeigehen liessen.
Das alles nach einem mit einem Stadtbummel verbundenen Besuch in einem CD-Geschäft, das auf buddhistische Musik spezialisiert ist, in dem wir für Freund Hans Uli japanische Tempelmusik besorgten.
Fukuoka/Hakata ist eine sehr lebendige, interessante Stadt. Es gibt an allen Ecken und Enden Warenhäuser, Einkaufspassagen, Quartiere mit vielen Restaurants, Cafés und Bars. Fukuoka ist eine Hafenstadt, und es münden hier mehrere Flüsse. Dazu hat es auch noch Kanäle, sodass eine schöne Stimmung entsteht.
Uniformen und Umgangsformen Eine Bemerkung noch zu den Einheimischen: Sie sind Uniformverrückt. Taxichauffeure tragen immer mindestens Gilet und schwarze Kravatte, oft haben sie Mützen auf, die einem Feldmarschall nicht schlecht stehen würden. Parkauswächter sind ausstaffiert, nicht wie Oberste, nein dass denn doch nicht, aber wie Oberstleutnants denn schon. Schüler, Verkehrslotsen, Fremdenführer, Billetabreisser im Tempel, Servierpersonal, Verkäuferinnen im Warenhaus – sie alle tragen irgendeine Art von Uniform.
Automatenhotel
In unserem Hotel, mit dem wir sehr zufrieden sind (Preis und Leistung stimmen, es ist angenehm), wir die Automatisierung konsequent durchgezogen. Schon beim Einchecken: Ich bezahle das Zimmer nicht an der Reception, sondern an einem der drei Zahlautomaten gegenüber: Ich stecke meinen Zimmerschlüssel in einen Schlitz, dann die Kreditkarte in den anderen, und schwupp, ist der geforderte Betrag abgebucht. Mit der Quittung gehe ich dann wieder zum freundlichen Fräulein an der Reception, und die ist zufrieden.
(Vergrössern erlaubt)
In unserem Hotel-WC hat es nicht weniger als 6 Hinweis-Warn-Vorschriftsschilder in Japanisch und Englisch. Die grössste Litanei findet sich auf dem WC-Deckel, innen. Da wird in allen Details beschrieben, was mit der eingebauten Dusche für das Füdli zu tun, und vor allem, was unbedingt zu unterlassen sei. So darf man unter anderem nicht auf den Klodeckel stehen und es ist strikte untersagt die Duschtoilette („Shower toilet“) auseinanderzunehmen.
Der Shinkansen ist ein eindrücklicher Zug. Das erlebte Elo schon beim Einsteigen. Das geht nicht so wie bei uns, wenn die Türen offen sind, gehst du rein.
Nein, zuerst wird brav angestanden, bis die dienstbaren Geister, die schon vor dem Eintreffen des Zugs auf ihren Einsatz warten, den Zug auf Vorderfrau gebracht haben. Elo wollte das nicht wahr haben und ist einfach eingestiegen, die Tür war ja wie gesagt offen. Das war der Ueberwachungselektronik dann doch zuviel, und Schwupps!, war die Tür zu, und Elo drin. Sie ist dann schon wieder rausgekommen.
Im Ryokan
In Kyoto bezogen wir unser Zimmer im Ryokan. Dieser ist zwar nicht eines der Luxus-Etablissements, die auch unter diesem Siegel laufen, und in denen sie dich von vorne bis hinten bedienen, und in denen du auch noch ein Thermalbad in der Suite haben kannst, wenn du das vermagst. Wir sind in der mittleren Preisklasse abgestiegen, und es ist schön genug.
Ein Zimmer mit Ausblick auf einen japanischen Minigarten, alles am Boden: Bett (Futon nennen das die Eingeweihten), Stühle und Tisch, Teekocher, Fernsehapparat usw. Die Einrichtung ist äusserst geschmackvoll, mit kleinen japanischen Détails.
Und der Comment ist rigide: Im Gang des Erdgeschosses darfst du Schuhe tragen, sonst nirgends. Ueberall, wo Holz ist, sind die Schuhe auszuziehen, und du gehst barfuss oder in Socken, je nachdem was für Schuhe oder Sandalen du trägst. Wenn du das vergisst, ruft dir sicher einer oder eine nach.
Das Hotel ist klein, die Betreuung sehr gut. Es gefällt uns hier.
Kyoto per Velo
Und es hat noch einen Vorteil: 30 Meter vom Hoteleingang ist ein Veloverleih. Das haben wir benützt, zumal das Wetter bisher sehr gut und auch noch heiss ist (knapp 30 Grad). Wir sind an drei von fünf Tagen in Kyoto viel gefahren und haben viel gesehen. Die Velos sind von grundsolider Qualität und entsprechend schwer. Zudem ist der kleinste Gang schon ganz schön gross. Daher ist es ebenaus ein schönes Fahren, am Berg wird es etwas streng. Aber meist ist es ja in Kyoto flach, nur die schönsten Tempel sind halt an der Bergflanke.
Elo in der Einkaufspassage., ganz comme il faut!
Aber da wir uns im Touristentrott – also sehr gemächlich und zuguckend, oft auf dem Velo noch kartenlesend oder fotografierend – bewegen, geht das gut. Und es ist ein Genuss. Wir sehen viel von der Stadt. Und wir sind nicht kaputt und können verschiedenes ansehen, was zu Fuss nicht möglich wäre. Denn Kyoto ist zwar kleiner als Tokyo, aber immer noch gross genug
Am Kasura-Fluss
Schönes Kyoto
Und Kyoto ist schön. Zum einen die Lage, inmitten von Hügeln, die sie teilweise auch noch mitten in der Stadt erheben. Und zum anderen die Sehenswürdigkeiten. Da bleibt dir die Spucke weg, würden die Berliner sagen.
Eintrittskarte zum Rokuonji
Was wir nicht alles gesehen haben. Grosse Tempel von buddhistischen Sekten, in denen die Gläubigen gerade einen Reinigungstag absolvierten, die Burg Nijo der Shoguns, die fast tausend Jahre die eigentlichen Herrscher waren, Tempelanlagen des Zen-Buddhismus (der Zen-Buddhismus ist eine vor allem in Ostasien verbreitete, auf die individuelle Medikation ausgerichtete Form dieser Religion), Gedenkschreine, einen Friedhof in einem riesigen Tempelgelände. Mit dem Velo sind wir nicht nur den Hauptstrassen entlang, sondern vor allem auch durch kleine Gassen gefahren, in denen wir das Gefühl für das alte Kyoto erfahren (im wahrsten Sinne des Wortes) konnten: kleine Läden, zweistöckige Häuser zum Teil aus Holz, viele Restaurants und links und rechts immer wieder Tempel, Schreine, Gärten.
Was wir nicht alles gesehen haben. Grosse Tempel von buddhistischen Sekten, in denen die Gläubigen gerade einen Reinigungstag absolvierten, die Burg Nijo der Shoguns, die fast tausend Jahre die eigentlichen Herrscher waren, Tempelanlagen des Zen-Buddhismus (der Zen-Buddhismus ist eine vor allem in Ostasien verbreitete, auf die individuelle Medikation ausgerichtete Form dieser Religion), Gedenkschreine, einen Friedhof in einem riesigen Tempelgelände. Mit dem Velo sind wir nicht nur den Hauptstrassen entlang, sondern vor allem auch durch kleine Gassen gefahren, in denen wir das Gefühl für das alte Kyoto erfahren (im wahrsten Sinne des Wortes) konnten: kleine Läden, zweistöckige Häuser zum Teil aus Holz, viele Restaurants und links und rechts immer wieder Tempel, Schreine, Gärten.
Die Tempel sind teilweise an den die Stadt flankierenden Hängen gelegen und ermöglichen eine gute Aussicht. Zwar geht es bis dahin jeweils etwas rauf, dafür nachher wieder runter.
Schöne Tempel, atemberaubende Gärten.
Die Tempel sind eindrücklich. Grosse und doch harmonische Gebäude, viele Gläubige, gut abgestimmte Anlagen. Sie sind, sofern sie nicht im flachen Teil der Stadt liegen, mit sehr viel Geschick in die Landschaft eingebettet. Der goldene Pavillon Kinkakuji ist wirklich mit Gold überzogen, aber er erhält seinen wahren Glanz erst durch die Parkanlage, in der er steht. Der weltberühmte Zen-Steingarten Royanji ist wirklich einmalig in der Ausgewogenheit. Die Steine müssen da liegen, wo sie liegen. Eine Pagode gibt dem Kiyomiz-Dera-Tempel das Besondere.
Aber den Vogel abgeschossen hat für uns der Park des Jishoji-Tempels mit dem Silbernem Pavillon Ginkakuji. Es ist nicht zu beschreiben, die vielen Elemente von gestalteter Natur, die über Jahrhunderte getrimmten Bäume, die so gar nicht künstlich aussehen und doch gestaltet sind, die Moosteppiche, die Weiher, die Treppen, die Steinwege im Wald, die Quellfassungen, die Brücken aus Felsplatten – die ganze Anlage.
Gar nicht so schlecht gemacht
Und noch etwa hat uns gefallen: In diesen schönsten aller Gärten, die wir bisher gesehen haben, wurden wir immer wieder an unseren Garten zuhause erinnert: der Wechsel von Stein, Wasser und Grün, die Trittsteine im Rasen, der Stein in der Trockenfläche, die Steine über den Weiher, die Treppe hinten hinauf zur Pergola – all das ist in den Zen-Elementen zu finden. Also vermutlich ganz gut gelungen. Ich habe ja damals auch japanische Beispiele studiert, mich inspirieren lassen.
Bleibt noch das – in meinem Kopf schon länger schlummernde, aber noch nicht zur Gestalt gefundene – Projekt des kleinen Wasserfalls vor dem heutigen Bambushain. Das kommt nach dieser Reise dran.
Erste Ideeneelemente
Good Joss
Glückssuche mit Münzen in Nara
Der Lapsus mit der Wahrsagung von Tokyo ist gutgemacht. Im Garten beim Goldenen Pavillon war an mehreren Stellen ein beliebtes Glücksspiel: Eine leicht bauchige Messingschale steht 3-4 Meter vom Wegrand, und es bringt Glück, wenn du eine Münze reinwerfen kannst. In einem Umkreis von mehr als einem Meter sind jeweils die Räppler und Zehner verstreut, getroffen wird sozusagen gar nicht. Da habe ich es, eingedenk, dass ich angesichts des Bad Joss von drei Tagen zuvor etwas gut zu machen hatte, mein Glück auch versucht. Und siehe da, der zweite Räppler ging, zum grossen Erstaunen aller umstehenden Japanerinnen und Japaner voll in die Schale. Ich habe dann nicht weiter gemacht, versuchen sollte man das Glück ja nicht. Aber ausgebügelt ist ausgebügelt!
Der Lapsus mit der Wahrsagung von Tokyo ist gutgemacht. Im Garten beim Goldenen Pavillon war an mehreren Stellen ein beliebtes Glücksspiel: Eine leicht bauchige Messingschale steht 3-4 Meter vom Wegrand, und es bringt Glück, wenn du eine Münze reinwerfen kannst. In einem Umkreis von mehr als einem Meter sind jeweils die Räppler und Zehner verstreut, getroffen wird sozusagen gar nicht. Da habe ich es, eingedenk, dass ich angesichts des Bad Joss von drei Tagen zuvor etwas gut zu machen hatte, mein Glück auch versucht. Und siehe da, der zweite Räppler ging, zum grossen Erstaunen aller umstehenden Japanerinnen und Japaner voll in die Schale. Ich habe dann nicht weiter gemacht, versuchen sollte man das Glück ja nicht. Aber ausgebügelt ist ausgebügelt!
Alte Hauptstadt Nara
Hier ist klar, wer wo ansteht!
Heute sind wir mit dem Zug nach Nara gefahren, 40 Kilometer Regionalschnellzug. Etwas langsamer als der Shinkansen, aber zuverlässig und bequem. Die Bahnhöfe sind wirklich auf’s Beste organisiert: Billetverkauf, Zugang zu den Geleisen, pünktliche Züge, klare Organisation. Aber am Morgen ist da wirklich auch was los. Nichts für Leute mit Platzangst.
Buddhismus und Shintoismus prägen Japan
Nara war kurze Zeit im 8. Jahrhundert die Hauptstadt des eigentlich ersten vereinigten Japans. Wichtig war diese Zeit insbeondere für die Festigung der buddhistischen Religion als eine der zentralen Morallehren neben dem Shintoismus.
Ueber 1000-jähriger Baum im Shinto-Schrein
Der Shintoismus, eine mit animisitischen, buddhistischen und konfuzianischen Elementen durchsetzte Religion ist wesentlich staatstragend in Japan. An seiner Spitze steht der Kaiser, der Tenno, der oberster Priester ist. Die schintoistischen Tempel, die erwähnten Schreine, haben oft auch eine politische Bedeutung. Und der Schintoismus spielte eine wichtige Rolle in der Zeit des aggressiven japanischen Imperialismus. Bis heute sind Shinto-Zeremonien oft nationalistische politische Zeichen, die in ganz Ostasien zu Irritationen führen.
In Nara, wie auch in anderen Städten Japans, sind die Heiligtümer dicht beieinander, oft wie durchmischt und schwer auseinander zu halten. Ein Indiz ist die Farbe der Tempel: die shintoistischen sind oft leuchtend orange. Aber nicht immer.
Im Einklang mit der Natur
Immer jedoch sind die Anlagen gut in die Landschaft eingefügt und von harmonischer Bauweise. Und oft riesig. Der Todaiji („ji“ heisst Tempel), der – schon wieder – angeblich grösste Holzbau der Welt, ist wirklich beeindruckend. Und soll, bevor er nach dem zweiten Brand 1709 wieder aufgebaut wurde, noch um einen Drittel grösser gewesen sein.
Andere Tempel sind uralt. Es ist schon eindrücklich, in einer Halle zu sitzen, die vor rund 1500 Jahren gebaut und dann noch, anlässlich einer Verlegung der Hauptstadt, vor 1300 Jahren quasi „gezügelt“ worden ist.
Und immer wieder das Element des Wassers, das Symbol für das Fliessen und auch die Reinigung. Bächlein, Weiher, Quellen, Brunnen, Wasserfälle.
Ganz Japan auf der Schulreise
In allen Tempel flitzen einem die Kinder um die Ohren. Sie sind alle mit ihren Klassen hier und haben meist auch einen Zettel oder ein Heft in der Hand, mit denen sie ihre Aufgaben erledigen. Oft sieht es aus wie Orientierungsläufe: Sie müssen in einem Museum oder in einer Stadt wie Nara bestimmte Punkte ansteuern und beschreiben. Und dann sind sie halt laut und fröhlich, wie Kinder es sind. Dass das nicht immer die heilige Ruhe der heiligen Stätten fördert, stört eigentlich nur die westlichen Edelbuddhisten, die in eben heiligmässiger Versenkung versuchen den geweihten Stätten zu ihrem Recht zu verhelfen und dabei eher deplaziert wirken.
Und wie die Kinder die in Nara frei herumlaufenden und um speziell für sie gebackene Kuchen bettelnden Hirsche füttern ist zum Schiessen. Das ist ein Gehüpfe, ein pubertierendes Gequietsche, ein Gerenne. Lustig und schön.
Bummel durch die Stadt mit Folgen für Elo-san und Jürg-san
Es war sehr heiss heute. Und wir waren dementsprechend geschafft. Nachdem wir einen Schrein, eine Halle und zwei Tempel erwandert hatten, gingen wir Mittag essen. Wir waren so ausgehungert und schlapp, dass wir noch ein Softeis (zusammen, nicht übertreiben!) genehmigen mussten, um überhaupt genügend Brennstoff für den Rest des Wegs zu haben.
Danach machten wir einen Bummel durch die Altstadt Naras, an dessen Ende dann zwar wieder ein uralter Tempel von grosser Schönheit stand. Ein UNESCO-Weltkulturerbe, versteht sich. Diese sind nur in Mexiko dichter gesät als hier, wir werden schon fast snobistisch gegenüber anderen Sehenswürdigkeiten. Auch wenn wir wissen, dass dieses Siegel noch lange nichts heiss, und vor allem die Abwesenheit dieses Markenzeichens.
Wir laufen durch kleinere Strassen, in denen wir auch die Vorgärten der Japaner bewundern. Auf der kleinsten Fläche gestalten sie einen kleinen Park, pflegen und ziehen die Bäume, gestalten ein schönes Arrangement,
Auf diesem Bummel habe ich einen schönen Hausanzug im japanischen Stil gesehen – und gekauft. Elo wollte nicht; sie meinte, sie würde dann im Peking zuschlagen. Auf dem Rückweg sind wir am gleichen Laden vorbeigekommen, und ich fragte die Verkäufern, die gut Englisch sprach, nach einem Musikgeschäft, denn ein guter Freund von uns sucht japanische Tempelmusik. Als ich die Auskunft hatte, hatte Elo ein Stück Hausanzug in der Hand. Wer sie kennt, darf die Farbe einmal (nicht dreimal, das wäre zu leicht) raten: rot!
Gesehen, gekauft. Und nun sind wir Elo-san und Jürg-san.
Sport im Tempel
Im Rengeo-in Tempel wird von einer ausserordentlichen sportlichen Leistung berichtet. Die Tempelhalle selbst stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, sie ist damals neu aufgebaut worden, als die 100 Jahre zuvor erstellte abgebrannt ist, ein Schicksal, das fast alle Tempel Japans ein oder mehrere Male erlebten. Die Halle ist 120 (!) Meter lang und beherbergt 1001 Buddhas und 35 Wächterstatuen aus der damaligen Zeit.
Auf der südlichen Längsempore werden seit vielen hundert Jahren Wettbewerbe im Bogenschiessen ausgetragen, darunter das 24-Stunden-Schiessen über die ganze Länge des Tempels. Rekordhalter ist Daihachiro Wasa, der 1686 in den 24 Stunden 13033 Pfeile verschoss, oder 344 pro Stunde oder 9 pro Minuten – und dabei erst noch 8133 Mal die Scheibe getroffen hat. Geschossen wird sitzend seitlich nach vorn. Wenn heute ein Athlet auf über 10'000 Pfeile kommt, ist das ausserordentlich. Und ein Tragbalken des Dachs wurde in der Halle gezeigt, der durch daneben gegangene Pfeile völlig zerfressen war.
Weitere Meisterleistung der Gartenarchitektur – mal sehen, was sich in Sirnach daraus machen lässt
Ganz in der Nähe des Hotels ist der Shosie-en Garten, ein weiterer Höhepunkt japanischer Gartenbaukunst. Auf doch relativ kleinem Raum – verglichen mit zum Beispiel englischen oder französischen Parkanlagen – werden immer wieder neue Räume und kleine oder grössere Gärten geschaffen. Jeder Schritt bringt neue Perspektiven. Einfach grandios.Wir wissen jetzt auch, wie wir unseren Vorgarten, in dem wir eine grosse Tanne haben fällen lassen, gestalten wollen. Lasst Euch überraschen. Ausgedacht haben wir das zum einen auf einer Vorterrasse des oben beschriebenen Tempellanghauses, wo wir dem Nieselregen zugeschaut haben, und zum anderen in der Lobby des nahe gelegenen Hyatt Regency, wo wir bei einem Glas Wein den Nieselregen vorbeigehen liessen.
Das alles nach einem mit einem Stadtbummel verbundenen Besuch in einem CD-Geschäft, das auf buddhistische Musik spezialisiert ist, in dem wir für Freund Hans Uli japanische Tempelmusik besorgten.
Fukuoka/Hakata
Wir sind jetzt (2.10.) in Fukoka, das eigentlich Hakata heisst, da die neue Stadt Hakata die alte weit überflügelt und zu einem Stadtteil degradiert hat, der erst noch Tenjin heisst. Aber erstens hat die Provinz noch den Namen Fukuoka behalten und zweitens der Flughafen auch, also bleiben wir dabei.
Der Shinkansen brachte uns in 2 ¾ Stunden von Kyoto hierher, über 500 Kilometer Luftlinie. Es ging immer durch bergiges Gebiet, daher meist durch Tunnels. Ausserhalb der Tunnels war die Landschaft immer dicht besiedelt, daher Lärmschutzwände. Gesehen haben wir nicht viel. Aber der Zug ist wirklich einmalig. Entweder werden die Städte umfahren und an den Haltestellen für die Zentren bilden sich neue Städte. Shin heisst neu, und so gibt es Shin-Osaka, Shin-Kobe usw. In den Städten wo der bestehende Bahnhof genutzt wird, sind es abgetrennte Teilbahnhöfe, meist im ersten oder zweiten Stock, und der Shinkansen ist eine Hochbahn. Die letzten Waggons verlassen das Perron sicher mit einem Hunderter. Die Kompositionen sind für die bestimmten Städteverbindungen immer die gleichen, und so steht auf dem hochgeklappten Tischli am Vordersitz dass der Wagen Nummer 10 sich in Richtung Hakata befindet, der Wagen 12 in Richtung Tokyo.
Lebendige Stadt
Fukuoka/Hakata ist eine sehr lebendige, interessante Stadt. Es gibt an allen Ecken und Enden Warenhäuser, Einkaufspassagen, Quartiere mit vielen Restaurants, Cafés und Bars. Fukuoka ist eine Hafenstadt, und es münden hier mehrere Flüsse. Dazu hat es auch noch Kanäle, sodass eine schöne Stimmung entsteht.
Heute Sonntag war viel los, es war das Wochenende von Music CityTenjin. Die Japaner sind Jazz-verrückt, und es wurde sehr guter moderner Jazz auf einem technisch und musikalisch hohen Niveau gespielt. Daneben gab es auch junge Bands, die den Weg noch suchen – meist sehr laut.
Uniformen und Umgangsformen
Und sie sind auch immer sehr zuvorkommend und freundlich. Sie verbeugen sich unaufhörlich, sodass ich mir, der ich es dann zum Beispiel beim Abschied aus dem Hotel, nicht tue, etwas ungehobelt vorkomme. Der Kondukteur im Zug ebenso verbeugt sich wie die Dame mit dem kleinen Speisewagen, wenn sie in den Waggon kommt und wenn sie ihn verlässt.
Das Personal im Restaurant verbeugt sich unter lautem Rufen wenn du reinkommst (es wird wohl heissen „Willkommen der verehrte Gast“ oder so was) und natürlich auch, wenn du rausgehst („Danke, beehren sie uns bald wieder und haben sie einen schönen Tag/Abend/Nacht“ oder so was). Und heute Abend in der Beiz kam dann noch das Tüpfelchen auf das i, da haben sie, als sie Bier und heissen Saké (Reiswein) brachten ein Riesengebrüll durch das ganze Restaurant veranstaltet, eine ganze Litanei, von der wir nur „kampei“ verstanden, was, so schlossen wir aufgrund unserer Chinaerfahrung, „aussaufen“ heisst, oder in fein übersetzt „Zum Wohl den edlen Herrschaften“.
Der Herr, der dir auf der Strasse begegnet und dem du freundlich zunickst, verbeugt sich selbstverständlich leicht vor dir. Ebenso wie der Kassier im Minimarkt, der mir das Retourgeld gibt und die Kassierin in der Bar des Hilton, die die Kreditkarte zurückgibt. Und untereinander verbeugen sie sich unaufhörlich. Und doch wirkt das natürlich, freundlich, selbstverständlich und nicht etwa aufgesetzt.
Auch achten sie hier auf gute Ordnung. So wird im Restaurant, in dem mit Tabletts gearbeitet wird, vom Gast der Tisch abgeräumt, wie in der Migros. Aller Abfall wird irgendwie selbst mitgenommen und entsorgt. Es gibt zwar wenig öffentliche Abfallkübel, aber die Japaner scheinen immer einen Weg zu finden, das Zeugs loszuwerden.
Automatenhotel
In unserem Hotel, mit dem wir sehr zufrieden sind (Preis und Leistung stimmen, es ist angenehm), wir die Automatisierung konsequent durchgezogen. Schon beim Einchecken: Ich bezahle das Zimmer nicht an der Reception, sondern an einem der drei Zahlautomaten gegenüber: Ich stecke meinen Zimmerschlüssel in einen Schlitz, dann die Kreditkarte in den anderen, und schwupp, ist der geforderte Betrag abgebucht. Mit der Quittung gehe ich dann wieder zum freundlichen Fräulein an der Reception, und die ist zufrieden.
Wir essen nach der Ankunft etwas Kleines im Hotelrestaurant. Und da muss ich mir helfen lassen. Denn das geht so: Am Tisch, wo wir sofort ein Glas eisgekühltes Wasser serviert erhalten, gibt es eine Speisekarte, einsprachig japanisch zwar, aber mit Bildern. Dann weiss ich nicht weiter. Aber ein junger Mann nimmt mich freundlich am Arm und führt mich in eine Ecke, wo zwei Automaten stehen, mit ganz vielen Knöpfen mit Bildern und Schrift. Ich finde das, was wir wollen, nicht, und er zeigt es mir. Also drücke ich drauf, denn er hat mir irgendwie zu verstehen gegeben, dass ich hier Billete für die Speisen lösen muss, die ich ihm dann zu geben habe. Aber er schüttelt den Kopf: Nein, zuerst muss ich das Geld reinlassen, dann bucht es die Bestellung per Knopf ab. Gesagt, getan, aber wo sind die „Fahrkarten zum Mittagessen“? Aha, ich muss noch mit dem Knopf für das Retourgeld die Bestellung abschliessen. Retourgeld kommt, Billets kommen, ich liefere die Billets ab, ich gehe zurück an den Tisch zu Elo, das Essen kommt – und es schmeckt sehr gut!
Schwer umsorgt
Und in noch Einem sind die Japaner unüberbietbar. Vorschriften über Vorschriften. Es gibt keinen Ort, an dem nicht auf einem Schild zu lesen ist, was zu tun sei, und was zu lassen. Im Lift, in der Metro, auf dem Bahnhof, im Zug, auf der Strasse, im Warenhaus. Und auch auf dem WC. (Vergrössern erlaubt)
In unserem Hotel-WC hat es nicht weniger als 6 Hinweis-Warn-Vorschriftsschilder in Japanisch und Englisch. Die grössste Litanei findet sich auf dem WC-Deckel, innen. Da wird in allen Details beschrieben, was mit der eingebauten Dusche für das Füdli zu tun, und vor allem, was unbedingt zu unterlassen sei. So darf man unter anderem nicht auf den Klodeckel stehen und es ist strikte untersagt die Duschtoilette („Shower toilet“) auseinanderzunehmen.
Und allerorten wird man ständig mit Ansagen berieselt, die sicher meist auch dazu da sind, jenen armen Menschen, die die Vorschriften nicht lesen können, diese akustisch ans Herz zu legen. Glücklich, wer wie wir weder lesen noch verstehen kann und einfach so vor sich hin lebt. Gefährlich zwar, so ist zu vermuten, aber unbedarft.
Stadtbummel zum Abschluss
Am letzten Tag in Japan wandern wir noch etwas in der Stadt. Zuerst geht’s per Metro an den Stadtrand ans Meer, wo wir vom 35. Stock des Hilton die Aussicht und im 4. an der Bar einen frühen Apéro geniessen. Dann durch Gässchen und einen Park auf einem Hügel mitten in den Häusern zum Hafen. Dort findet zweimal die Woche der Fischmarkt statt. Rund um den Markt sind kleine Restaurants. In einer Passage sieht Elo eine Sushi-Bar. Sushi sind rohe Fische und Meeresfrüchte auf kleinen Reisportionen kunstvoll arrangiert.
Gelungene Architektur
Sushi zelebriert
Wir sind zu dieser eher späten Mittagszeit die einzigen Gäste des Familienunternehmens. Und wir werden entsprechend verwöhnt. Dass wir nur eine Portion nehmen, geht in Ordnung. Dazu für mich ein Bier und für beide warmen Saké, den japanischen Reiswein, den wir sehr gerne haben.
Die Sushi werden vor unseren Augen frisch gemacht. Der Wirt, Koch und Clanchef kann etwas Englisch. Er sagt uns, was wir tun und was wir lassen sollen. Dafür erzählen wir ihm von unserer Reise. Er hat Freude an uns. Es gibt eingelegte Zwiebeln und Ginsengwürfel, eine Schale Suppe und eine Schale mit Pilzen in geschlagenem Ei, das im Wasserbad fest gemacht, gestockt wurde.
Und eben Sushi: Lachs, Tuna, Tintenfisch, Sardinen, weiteren Fisch usw. insgesamt etwa 8 Arten. Dann noch eine kleine Süsspeise. Der Chef merkt, dass wir alles teilen, und schneidet jede Portion, die immer eine nach der anderen kommt, in zwei Teile. Und dann schenkt er uns noch („present“, Geschenk sagt er jeweils), Kaviar auf einer Sosse, eingelegte Maroni und ein Orangen-Liminen Sorbet. Und zum Saké gibt es noch ein Stück speziell eingelegten Fisch, der hervorragend passt.
Ich nehme das Wort nur äusserst sparsam in den Mund, aber es war köstlich! Das Restaurant muss bekannt sein, es war, auch wenn es versteckt liegt, sehr gepflegt.
Das war ein kulinarischer Abschluss wie aus dem Bilderbuch, und nur wer reist, wie wir, kann so eine Ueberraschung finden.
Japan hat uns gut gefallen, es war die Reise wert.
Morgen fliegen wir nach Peking.
3.10 / JB.