Donnerstag, 14. Juni 2012

3-15 Kimberley

So much nothing to get nowhere / Derby oder Nowhere I / Boabs / Praktischer Grill / Geiki-Schlucht am Fitzroy River / Krokodile / Am Wasserloch / Tipp für die Windschutzscheibe / Wyndham oder Nowhere II / Fünf Flüsse / Kununurra (sprich: Kananarra) / Alkoholismusprävention: Variante 3 / ((Exkurs: Die Entstehung der Sandsteincrèmschnitten oder etwas Geologie)) / Flug ins Camp / Luxus im Busch / Ueber Stock&Stein / Steinkathedrale / ((Exkurs: Baukünstler oder etwas Biologie)) /  Brrrrrrrrrrrrrr / Spalten und Schründe / Diamanten / Kleiner Damm und grosser See: Lake Argyle / Zweifach atemberaubender Swimmingpool  / Gezügelter Bauernhof eines Pioniers / Stimmungsvoller Abschied / PS. Ungewohnt


So much nothing to get nowhere

Von Broome geht es auf dem Great Northern Highway nun zuerst nach Osten, bevor wir dann Westaustralien verlassen und im Northern Territory nach Norden fahren, nach Darwin. Aber das ist hinter Kimberley und damit noch ein ganz grosses Stück weit weg. Viele Kilometer auf Strassen mit wenig Verkehr und – vor allem am Anfang – wenig abwechslungsreicher Landschaft. Unser erstes Ziel ist die Stadt Derby, mit dem grössten Unterschied zwischen Ebbe und Flut des ganzen Kontinents.

Auf dem Weg dahin ist zunächst weiter alles flach, etwas Busch mit an die Trockenheit gewohnten Sträuchern, dürrem Gras und dann und wann ein Boab (darüber später). Einige Kühe verdrücken sich in die Büsche, wenn wir kommen. Viele Raubvögel kreisen in der warmen Luft über der Steppe, weit vorne kreuzt ein Dingo die Strasse. Sonst gibt es wenig Abwechslung, aber die Weite und Leere sind beeindruckend. Hier gilt einmal mehr mein Motto: „So much nothing to get to nowhere“ (Soviel Nichts um nach Nirgendwo zu kommen).

Hier sind die meisten Flüsse und Bäche völlig ausgetrocknet, obwohl die Regenzeit kaum ein bis zwei Monate zurück liegt und dieses Jahr ihren Namen durchaus verdient hat. Nur der Fitzroy River, der bei Derby in den King Sound mündet, ist gross und wasserreich. Er wird, so erfahren wir später, durch einen Stausee in den King Leopold Ranges das ganze Jahr mit Wasser gespeist. Die gleiche Wasserkraftanlage bedient auch den Ord River, der weiter im Osten bei Wyndham mündet.

Derby oder Nowhere I


Und die Stadt Derby ist wirklich ein Nirgendwo. Sie ist älter als Broome und war mal ein Exporthafen für Fleisch. Auch eine Fabrik für Fleischverarbeitung bestand. Aber eben: früher. Heute ist es nur noch der Hauptort von West Kimberley. Das grosse Pier, über das wir auch mit dem Auto hätten fahren können, ist Zeuge dieser Zeit. Heute dient es vor allem den fischenden Touristen, die auch hier, oft von weither aus dem Süden, Südosten und Osten Australiens kommen, die Sommermonate verbringen.

Die Gezeiten sehen wir nicht auf dem Höhepunkt: Wir haben Nippflut, d.h. die Höhenunterschiede sind geringer als bei Springflut: Es sind 9 Meter statt 11,5, was aber auch schon ganz schön ist. Der Trichter des King Sounds staut das Wasser auf. Wir sehen die Flut abfliessen, der Zug ist ganz ordentlich. (Auf einer Kanadareise haben wir in Nova Scotia (empfehlenswert!) den grössten Tidehub der Welt gesehen: er beträgt in der Bay of Fundy rund 17 Meter).


Hier wird auch deutlich, dass Kimberley eine mehrheitlich indigene Bevölkerung hat. Die Aboriginies bestimmen das Stadtbild, und damit auch den Rhythmus. Derby macht einen netten Eindruck, es ist ein ländliches Dorf. Gemächlich und gemütlich. Die Bewohner schlendern durch die Strassen, keine und keiner gibt Gas, wenn sie oder er zu Fuss ist. Chumi hüt nöd, chumi morn au nöd. (Mit dem Auto ist es anders: Hier wird ganz schön gebolzt.)

Boabs

Rund um Derby beginnt die Zone der Boabs (Adansonia gregorii, Famile der Malvaceae) der australischen Form der Baobabs, die in Afrika auch Affenbrotbäume genannt werden. Der Name ist eine Verballhornung des Wortes Baobab. Sie werden hier auch Bottle-Trees genannt, Flaschenbäume, da ihr Stamm geschwollen ist, oft wie eine Flasche aussieht. Sie sind gross, über 10 Meter, und haben die tollsten Stamm-Formen.


Sie sind in der oft eintönigen Landschaft eine schöne Abwechslung und mit ihren ganz unterschiedlichen Formen bereiten sie uns immer wieder Freude und Ueberraschung. Oft hat es ganze Haine von ihnen, die offensichtlich unterirdischen Wasserläufen folgen.




Oft sind sie hohl und haben etwas wie einen Eingang. Eine Stadt, die etwas auf sich hält, hat daher einen Prison-Tree (Gefängnisbaum) aufzuweisen, in dem angeblich während der Zeit, in der die Aborigines gejagt und versklavt wurden, die Gefangenen eingesperrt werden konnten, bis sie den Bauern oder Perlfischern oder wem auch immer übergeben werden konnten.

Der Gefängnisbaum von Derby

Beim Prison-Tree von Derby gibt es auch die Ruine einer Rinderfarm. Nur noch die alte Viehtränke und das Windrad, das das Wasser hochpumpt, sind vorhanden. Auf dem Sandweg, den wir bei der Besichtigung der vielen Boabs begehen, hat es viele recht grosse Echsenpuren. Echsen sehen wir aber hier keine. Dafür findet Elo Boab-Samen, die ich mitnehme. Mal sehen, ob das einen Bonsai gibt in der Schweiz.





Praktischer Grill

Auf der Weiterfahrt sehen wir dann eine der Echsen: Sie überquert in aller Gemütlichkeit die Strasse, und ich muss anhalten, damit ich sie nicht überfahre. Dafür kann ich sie dann auch fotografieren.


Wir übernachten auf einem Rastplatz auf einem flachen, kaum wahrnehmbaren Hügel über der Ebene. Der Sonnenuntergang ist prächtig. Und wir grillieren endlich mal wieder. Ich finde leicht Holz, und wir feuern auf einem sehr praktischen Grill: Er ist eigentlich wie ein Briefkasten auf einem Pfahl. Vorne fehlt die Tür, in dem Loch wird gefeuert. Oben ist eine Eisenplatte, hinten ein Schlitz für den Zug. Das brennt gut, und es braucht fast kein Holz damit die Platte heiss wird. Und bücken muss ich mich beim Grillieren erst noch nicht. Wirklich praktisch.


Geiki-Schlucht am Fitzroy River

Fitzroy Crossing, wo der Highway den Fitzroy überquert, ist eine Ansammlung verstreuter Aborigine-Siedlungen mit Tankstelle, Touristen-Information und sonst wenig. Sehr verschlafen, auch hier. Die Einwohner sitzen untern den Bäumen am Schatten und bestaunen das hektische Treiben der Touristen.


Wir erstehen von Bob, einem einheimischen Künstler, eine geschnitzte Boabnuss, auf der er Kängurus abgebildet hat. Sie ist hübsch, und wir können ihm einen Gefallen tun.







 
Wir wollen Wein kaufen. Aber einen Liquor Store, ein Geschäft für alkoholische Getränke, gibt es hier nicht. Radikalprävention.

Hinter Fitzroy Crossing hat sich, als die australische Landmasse angehoben wurde, durch das Gestein die Geiki-Schlucht gegraben, ein wichtiges Lebensgebiet für Süsswasserkrokodile (Crocodylus johnsoni oder Johnson Krokodil) und viele Vogelarten. Wir fahren in den Nationalpark rein und müssen dabei über eine kleine Wasserfurt. Ohne Probleme. In die Schlucht fahren wir mit einem speziellen Ausflugsboot. In der Hochsaison einen Monat später ist das ein Schubverbund von 3 flachen Booten mit 180 Touristen; heute sind es 10 und ein Boot reicht längstens. Das ist sehr gemütlich.

Wir fragen die freiwilligen Parkhelfer, die uns betreuen, ob sie Norm und Gwen kennen, die uns in Neds Camp bei Exmouth betreut haben (s. Blogspot 12). Selbstverständlich, ist die Antwort. Die beiden, mit denen wir es gut hatten, sind als erste Park-Freiwillige Westaustraliens offensichtlich eine Legende.




Krokodile

Durch die Schlucht steuert uns ein ausgebildeter Park Ranger, der uns auch alles erklärt. Das Gebiet ist seit Ur-Zeiten ein wichtiger Ort für die Aborigines. Es gibt Stellen, die Weisse nicht betreten dürfen, eine davon ist ausschliesslich Frauen vorbehalten.

Die Wände der Schlucht zeugen von der Entstehung der Erde. Uralte Schichten, Ablagerungen von Fossilien, Farbspiele von bakteriellen Veränderungen. Das Licht der Sonne spiegelt sich auf überhängenden Felsstrukturen. In der Regenzeit ist das alles metertief unter Wasser, für mehrere Wochen. Dann ist die Strömung reissend, die Spuren der Erosion zeugen davon. Die Kanten sind messerscharf, die Unterspülungen tief.


Am Ufer und auf Steinen im Fluss sehen wir die Krokodile, die auch Australien-Krokodil genannt werden. Im Gegensatz zu den gefährlichen Salzwasser-Krokodilen sind diese, wenn du nicht gerade auf eines trittst, harmlos, obwohl sie zwei bis drei Meter lang werden. In einigen Wochen werden hunderte von ihnen am Ufer liegen. Jetzt sind es wenige, dafür auch wenige Touristen! Die Weibchen legen die Eier in die Sandbänke, wo die Sonne sie ausbrütet. Bei bestimmten Temperaturen gibt es Männchen, darüber oder darunter Weibchen.


Unter den Felsüberhängen brüten Schwalben. Diese müssen ihre Nester immer wieder neu bauen, da sie in der Regenzeit weggeschwemmt werden. Das ist ein geruhsamer Ausflug, die Landschaft ist wunderschön.




Auf der Weiterfahrt ist es immer noch weitgehend flach. Nur ein Hügelzug unterbricht plötzlich die Monotonie: nicht hoch, aber doch recht ruppig. Dann ist es wie vorher.



Vielerlei Ansichten

Am Wasserloch

Die nächste Nacht verbringen wir am Mary River, am Mary Pool. Das ist ein grosses Wasserloch und ein Vogelparadies. Wir haben einen Platz am Ufer, einige Meter über dem Wasser. Und ich kann in aller Ruhe die Vögel beobachten.

Zuerst muss ich aber noch Holz suchen für das Feuer. Das ist diesmal etwas beschwerlicher, denn ich muss etwas weiter durch eine Kuhweide gehen und durch ganz viel stechendes Gestrüpp. Meine Beine sind immer noch völlig zerkratzt. Aber Holz finde ich, und es reicht für ein schönes Camp Fire, zu dem wir auch die Nachbarn einladen. Es wird ein richtig gemütlicher Abend.

Zurück zu den Vögeln: Beim Holz suchen habe ich über mich geschimpft, denn ich bin zwei Jabirus, schwarzen Störchen begegnet, die eher selten sind, und ich hatte den Foti nicht dabei. (Am nächsten Morgen beim Wegfahren habe ich dann aus dem Auto ein Bild machen können, das in so etwa passabel geworden ist.)


Am Morgen sitze ich noch etwa eine Stunde über dem Wasser und staune: Kraniche, Pelikane, Bussarde, Kormorane und vieles mehr. Auch ein Spoonbill („Löffelschnabel“) ist da, genannt nach  der Form seines Schnabels, der vorne rund wie ein Suppenlöffel ist.


In dieser Zeit bekommen wir auch Besuch von einer kleinen Kuhherde, die gemütlich durch den Raum zwischen den verschiedenen Bussen, Zelten und Wohnwagen ziehen. Sie grasen etwas, sie beschnuppern fast alles. Auch unsere Stühle, die ihnen aber wohl doch nicht schmecken, denn sie lassen sie in Ruhe.




Tipp für die Windschutzscheibe

Als wir weiterfahren wird die Landschaft abwechslungsreicher, hügeliger. Es ist gewellt, die Strasse weicht Erhebungen aus, es geht nicht mehr immer gerade aus. Wir kommen nach Halls Creek, einem weiteren Ort, der fast nur aus einigen Geschäften besteht. Hier gibt es zwar einen Liquor Store, aber der hat nur Bier und das auch nur in Form von Schwachstrom.


Am Hauptplatz von Halls Creek


Wir suchen eine Garage auf, denn gestern habe ich schon wieder einen Stein auf die Windschutzscheibe erwischt, der einen kleinen Riss gemacht hat. Der Garagist beruhigt mich: Erstens ist es unbedeutend. Und zweitens müsse ich in Zukunft einfach immer, wenn so ein Brummer gegen mich kommt (diese schleudern die Steine!), den Finger von innen an die Scheibe halten. Dann gebe es keinen Schaden, das nehme irgendwie die Spannung. Das tun wir nun brav, und bisher hat es so gut genützt, so dass nicht einmal mehr Steine gekommen sind. Mal sehen, wie das dann im Ernstfall aussieht. Aber der Riss ist wirklich klein.

Am Abend suche ich wieder Holz, wir machen wieder ein Feuer, wir laden wieder die Nachbarn ein, es ist wieder gemütlich.

Wyndham oder Nowhere II

„Warum willst Du denn ausgerechnet nach Wyndham, wo doch alle sagen, da sei nichts?“, fragt Elo. Ich weiss es auch nicht genau, aber ich will da hin, sei es weil dort ein Krimi von Upfield mit Napoleon Bonaparte, dem Detektiv Bony also, spielt, sei es, weil ich halt immer dahin wollten. Also nichts wie auf, ein Umweg von 120 Kilometern (insgesamt) ist ja hier nichts.

Und die Stadt hält, was uns versprochen wurde: Eine Strasse, ein paar Häuser, einige Geschäfte, ein Verwaltungsgebäude. Letzteres kommt daher, dass Wyndham die älteste Stadt hier oben ist, und so ist sie eben der Hauptort von Ostkimberley oder genauer: Sie ist politisch Ostkimberley, denn sie ist Gemeinde und Bezirk in einem. Die Fläche ist riesig, die Bevölkerungszahl minimal. Der Hafen wird noch für die umliegenden Minen genutzt, aber das bringt nur wenig Leute.

Hier endet auch der Great Northern Highway, der von Perth kommt. Dass er hierher führt, zeigt die Bedeutung, die die Stadt einmal hatte.

Fünf Flüsse


Aber um Wyndham gerecht zu werden: Es hat eine Attraktion. Hier münden fünf Flüsse gleichzeitig in den Cambridge Gulf. Und über der Stadt erhebt sich ein 330 Meter hoher  Berg, von dem aus dieser Gulf, die Flüsse, der Hafen und die Stadt wie von einem Aussichtsturm aus betrachtet werden können. Das ist dann schon eindrücklich.



Mündung des Ord River von links


Und vor Wyndham erkunden wir das sogenannte Grotto, ein Wasserloch in einer Schlucht, zu dem wir ¨über eine Treppe in der Felswand hinuntersteigen. Es ist erfrischend kühl hier, denn oben haben wir unterdessen wieder über 30 Grad.

Auch nach Wyndham kommen Winterfrischler (es sind eben keine Sommerfrischler, sie kommen im Winter, wenn es unten kalt und hier oben nicht heiss ist) für Monate, bleiben hier – und fischen. Etwas anderes kann man hier nicht machen, das dafür aber ausgiebig.




Kununurra (sprich: Kananarra)


100 Kilometer von Wyndham in Richtung Northern Territory liegt Kununurra (ausgesprochen Kananarra), eine Stadt mit einer Geschichte – von gerade mal 50 Jahren. Sie hat heute Bedeutung in zweierlei Hinsicht: Landwirtschaft und Tourismus.

Durch die Stadt fliesst der erwähnte Ord River. Dieser wurde hier gestaut und bildet den Lake Argyle, ein riesiges Wasserreservoir, das der Bewässerung des an sich fruchtbaren Bodens dient. Hier wachsen nun im tropischen Klima Früchte, es werden Futtermittel für die Viehzucht angebaut, es wird Sandelholz gezüchtet.


Ein Bauer pflanzt Zuckerrohr an, mit dem er einen guten Rum braut. (Wir besuchen die Brennerei, essen den ersten Hamburger in Australien und degustieren.)





Von hier aus wird aber auch das landschaftlich imposante Gebiet der Bungle Bungle für den Tourismus erschlossen, ebenso wie der Stausee an sich. Die Bungle Bungle liegen im Purnululu-Nationalpark (so heisst die Gegend in der Sprache der Aborigines). Die Touristen fahren mit 4x4-Fahrzeugen selbst rein, sie nehmen Busse oder sie werden eingeflogen in kleinen Flugzeugen. Wir nehmen die letztere Variante, denn wir machen uns ein Geschenk: Morgen (6.6.) sind wir 40 Jahre verheiratet, und das können wir doch feiern, meinte Elo, und ich war da auch nicht dagegen. So fliegen wir rein, sind zwei Tage und zwei Nächte dort.

Alkoholismusprävention: Variante 3
Jede Gemeinde hat ihre eigene Methode, der Sauferei ihrer Einwohner Einhalt zu gebieten. Nachdem es, wie gesagt, in Fitzroy Crossing keinen Alkohol zu kaufen gab und in Halls Creek nur Weichbier, haben wir hier in Kununurra eine dritte Variante kennengelernt. Es gibt zwar einen Liquor Store mit allem: Bier, Wein und Schnaps. Aber die Verkaufszeiten sind eigenartig: Bier gibt es von 12 bis abends 8, Wein erst ab zwei Uhr nachmittags, Schnaps ab vier.

Unser Weinkeller ist unterbestückt (vor allem der Rote ist all), also wollen wir auffüllen. Da wir Jeb nicht abbauen wollen, gehen wir zu Fuss. Wir planen 4 Rote und 2 Weisse. Wir warten brav bis am Nachmittag. Dann suchen wir uns aus, was uns gefällt. Aber oha! Als wir nach den zwei Weissen auch noch die vier vom Roten wählen, gibt es Einspruch: Pro Person und 24 Stunden dürfen nur zwei Flaschen abgegeben werden. Wie da ein Weinkeller bestückt oder Wein für ein Fest besorgt werden soll, ist uns schleierhaft, aber wir fügen uns.

Im Northern Territory soll es besser sein. Da verlangen sie, sagt man uns, nur den Personalausweis, der gescannt wird. Ob das mit Schweizer Pass gut geht?

Wir müssen morgen früh raus: um 0515 werden wir abgeholt, vorher müssen wir noch den Bus abstellen, da wir nicht zwei Nächte im Caravan Park bezahlen, ohne zu wohnen. Der Tour Operator stellt uns sein Gelände zur Verfügung. Der Wecker steht auf zwanzig nach vier!

((Exkurs: Die Entstehung der Sandsteincrèmschnitten oder etwas Geologie))

Die Bungle Bungle liegen im Purnululu-Nationalpark. Sie wurden für den Tourismus erst vor gut 25 Jahren entdeckt, sind aber heute Unesco-Weltkultur-Erbe und eine der grossen Attraktionen von Australiens Norden. Ihr Kennzeichen sind tiefe Schluchten und Erosionsstümpfe wie Bienenstöcke, die dann noch grauschwarz-rot quergestreift sind wie Crèmeschnitten. Sie sind nicht sehr ausgebreitet, auf einer Fläche von nur etwa 25x35 Kilometern.

Entstanden sind die Formationen als Sandsteinablagerungen. Unweit nordöstlich verläuft die Halls Creek-Linie („Halls Creek Fault“, ich könnte auch Halls Creek Graben oder Halls Creek Falte übersetzen). Sie verläuft auf dem Kontinent ca. von Broome nach Darwin, und sie trennt zwei Erdplattenstücke: Nordwestlich gehört das ursprünglich wohl zu Indonesien, südöstlich ist es die australische Kontinentalplatte, die vor einigen hundert Millionen Jahren auf dem Weg nach Norden hier sozusagen angestossen ist.

Bei diesem Zusammenstoss wurde am Nordrand der australischen Platte eine uralte Kalkeisteinablagerung von über 1500 Millionen Jahren zu einem Gebirge (Osmond Ranges) aufgefaltet. Diese wurde dann von damals nord-südlich verlaufenden Flüssen (heute ist es umgekehrt) abgetragen. Und vor rund 360 Millionen Jahren (Devon-Periode) bildeten sich aus diesem Abtrag und aus Flugsand aus den südöstlich gelegenen Wüsten die Sandsteinablagerungen der heutigen Bungle Bungle. Sie waren ursprünglich 7000 Meter dick. Das Ganze wurde wiederum durch Kalkstein zugedeckt.

Nach 60 Millionen Jahren wurden die Schichten erneut hochgehoben, der Kalksteindeckel verschwand durch Erosion und vor etwa 20 Millionen Jahren waren dann die Sandsteinschichten dran. Diese sind durchsetzt von vielen grossen Rissen und Schrunden, von Verwerfungen, seitlichen Verschiebungen. Entlang dieser Linien erodierte das Gestein. Woher diese Zersplitterung kommt, ist nicht ganz klar. Eine Theorie spricht von einem Meteoriteneinschlag, der das alles durchgerüttelt hat.

An der Oberfläche war der Sandstein – er ist manchmal fein, manchmal grobkörnig – durch eine harte Schicht geschützt; je nach der Zusammensetzung ist diese anders. Abwechslungsweise sind es Schichten mit mehr eingebundenem Lehm oder mit weniger. Wo es mehr Lehm drin hat, speichert der Stein mehr Flüssigkeit. Das möglicht an der Oberfläche Cyano-Bakterien (früher „Blaualgen“ genannt) das Leben, die dann die Schutzschicht bilden (dunkle Streifen). Die lehmartigen Schichten ihrerseits oxidieren (rosten) an der Oberfläche, was auch einen Schutz gegen das Wasser bildet (rote Streifen). Voila.

Entlang der Risse und Verwerfungen bilden sich Schründe, das Wasser kann angreifen in der Regenzeit. Das führt zu den Gräben und Schluchten, und am Südende zu den Bienenstöcken. Diese sind am Nordende nicht zu sehen.

Das alles ist sehr kompliziert und läuft auf engstem Raum ab. So gibt es zwischen den Osmond Ranges und den Bungle Bungle noch einen kleinen, fast abgetragenen Bergzug aus Kalkstein von 650 Millionern Jahren, der wohl bei der Hochhebung vor rund 350 Millionen Jahren entstanden ist.

Ob ich alles richtig begriffen habe, weiss ich nicht, aber ungefähr so muss es doch wohl gewesen sein…
((Ende des Exkurses))

Flug ins Camp


Wir werden an die Südwestecke der Bungle Bungle geflogen, dort ist auch unser Quartier. Zunächst geht es über den Lake Argyle, das grosse Wasserreservoir, an dem wir dann später noch verweilen werden. Hinter dem See beginnen die verschiedenen Bergzüge. Zuerst die Osmond Ranges, dann das kleinere Kalksteingebirge und schliesslich die Bungle selbst. Die Kalksteingebirge sind entlang der Halls-Creek-Linie leicht gebogen. Und sie sind immer nach Nordwesten flach abfallend, nach Südosten steil, wie wenn die Platten bei der Auffaltung von Südosten unterfahren wurden und schräg nach oben gedrückt.

Wir fliegen in einem kleinen Hochdecker mit andern Touristen, die aber wieder zurückfliegen. Nur wir zwei bleiben im Park. Die Sicht ist gut, der Flug eindrücklich. Ich sehe auch „Bauernhöfe“, sogenannte Homesteads. Diese dienen der Viehzucht und sind riesig, auch wenn sie heute in kleinere Einheiten aufgeteilt sind. Früher hatte die grösste Farm eine mit der Schweiz vergleichbare Grösse! Die Kühe sind zu erkennen, immer einige zusammen. Das Land ist savannenartig, wobei in Busch- und Baumsavanne unterschieden wird. Das sehen wir auch im Park.

Diese Savannenlandschaft erinnert uns etwas an Südafrika, auch wenn die Elefanten und Giraffen fehlen. Und wirklich: Der Name „Kimberley“ für die Gegend kommt von Engländern, die zuerst in Südafrika gewesen sind und fanden, es sehe hier gleich aus wie im dortigen Kimberley.




Luxus im Busch

Im Camp werden wir so früh noch nicht erwartet. Aber nach einer Viertelstunde kommt ein grosses Geländefahrzeug und holt uns ab. Wir fahren einige Kilometer und kommen in eine Ansammlung von im Busch verstreuten Kabinen und festen Zelten. In der Mitte ist ein offenes Restaurant: Küche, Tische, alles ist unter einem Wellblechdach, ohne Fenster aber mit Moskitogittern. Villa Durchzug im Quadrat, was wir dann am Abend spüren. Dazu gehört auch eine offene Plattform mit Stühlen, Feuerstelle und Bar (geöffnet ab 17 Uhr: Prävention Typ 4).

Wir erhalten zuerst ein reichhaltiges australisches Frühstück mit Porridge (nichts für Elo), Würstchen (auch nicht), (ebenso), Schinken& Ei (das dann schon eher), Toast, Butter und Confi, Tee. Das tut uns gut. Dann gehen wir in unsere Kabine.


Sie ist richtig luxuriös, mit Vorplatz, grossem Zimmer, grosszügiger Nasszelle mit WC und Dusche. Auch hier ist alles offen, nur zum Abdunkeln hat es Jalousien. Das gebogene Wellblechdach ist einfach seitliche aufgelegt mit einem Schlitz an den tiefsten Stellen für die Lüftung. Auch die werden wir noch spüren. Der Boden besteht aus Kunststofflatten zwischen denen wir auf die Erde darunter sehen. Alles ist aus Metall oder Kunststoff: Termitensicher. Holz fressen die Biester radikal.


Ueber Stock&Stein

Wir bleiben zwei Nächte im Camp, haben also zwei Tage für die Erkundung der Bungle Bungle mit Auto und per pedes. Am ersten Tag geht es in die Cathedral Gorge (Kathedralen-Schlucht) im Süden, also in den Bienenstock-Formationen. Gefahren werden wir und einige Touristen, die wir am kleinen Flugfeld abholen, in einem grossen Geländewagen mit Bus-Bestuhlung. Der Fahrer ist auch der Führer.

Und hier ein Wort zu diesen Führern: Sie sind ausgezeichnet ausgebildet, wissen sehr viel von der Natur und den Gegebenheiten, und sie lieben ihre Arbeit und ihre Parks. Dadurch sind diese Ausflüge, auch wenn sie manchmal etwas teuer sind, immer lohnend (Die wirklich einzige Ausnahme hatten wir in Kalgoorlie auf unserer Zugsreise im November, s. Blog 3-2).

Bruce, eine ehemaliger Journalist, Zirkusarbeiter was sonst auch immer, kann ganze Gedichte auswendig und erzählt Geschichten, die er dann noch im jeweiligen Akzent vorträgt (z.B. Schottisches Englisch), was dann nicht immer leicht zu verstehen ist, auch für Australier. Es ist auch immer interessant, zu fragen, was sie früher so gemacht haben. Robert war Landarbeiter, Fahrer, Vertreter von Ersatzteilen für Landmaschinen und was auch immer. Alle hatten die verschiedensten Beschäftigungen.

Vom Parkplatz geht es dann über Pfade und vor allem durch Flussbetten in die Schluchten und zu Aussichtspunkten. Wir wurden vorab informiert, dass wir gutes Schuhwerk mitnehmen sollten. Das hat sich gelohnt, denn die Wege sind meist anspruchsvoll, es hat Strecken mit sehr grobem Geröll, auf denen wir immer aufpassen müssen. Dann hat es kleinere Kletterpartien für auf allen Vieren eingestreut. Buchstäblich über Stock&Stein.



Steinkathedrale


Der Weg geht zuerst durch ein Flussbett, das sehr breit ist. Kiesige Abschnitte wechseln mit tiefen Karstrillen im unterliegenden Gestein. Am Wegrand wachsen und blühen Wüstenpflanzen, auf die uns Bruce, der heutige Führer, laufend aufmerksam macht. Tiere sehen wir nicht, die sind nachtaktiv. Höchstens Spuren oder Mist.






Dann wird der Weg enger, die Bergflanken kommen näher. Etwas Wasser steht noch in den Löchern, es ist hier etwas schattiger, weniger heiss als im Flussbett. Im Gestein liegen grosse Erosionslöcher. Sie heissen hier „Pottholes“ (wörtlich: Topflöcher), ein Begriff, der auch für Schlaglöcher auf der Strasse gebraucht wird. Sie sind genau gleich wie unsere Gletschermühlen, nur dass sie nicht durch Schmelzwasser der Gletscher entstehen, sondern durch die Fluten der Regenzeiten.





Dann wird es eng, dunkler, kälter. Das Tal wird zur Schlucht, in die wir über Steine hineinsteigen.








 
Und plötzlich weitet sich das Ganze und wir stehen in einer grossen runden Halbhöhle. Die Felswände steigen rundherum Dutzende von Metern an, in der Mitte liegt ein kleiner See und um diesen herum fliehen die Wände nach hinten zurück und bilden Ueberhänge. Es ist wie ein grosser sakraler Raum, auch wenn ich den Begriff „Kathedrale“ lieber einer Schlucht geben würde, die wir am nächsten Tag besichtigen. Auf jeden Fall wird klar, dass dies ein für die Aborigines magischer Ort gewesen sein muss, wie viele andere hier.

Das Fotografieren ist auch hier schwierig mit meiner kleinen Kamera. Die Kotraste sind enorm. Entweder du hast das, was in der Sonne ist, oder das im Schatten. Beides zusammen geht meist nicht. Und dann in den Schluchten ist es so wenig hell, dass du ganz schnell verwackelst oder Personen, die sich bewegen, unscharf werden. Die geneigte Leserschaft muss mit dem vorlieb nehmen, was ich hinkriege; für uns sind es vor allem Erinnerungsbilder.

((Exkurs: Baukünstler oder etwas Biologie))

Unterwegs sehen wir Termitenbauten, die ganz hoch oben auf den Felsen aufragen. Andere kleben an Felswänden, und von ihnen gehen graue Kleckerstreifen die Wand runter, wie wenn ein nachlässiger Maurer den Kübel mit Verputz über die gemalte Hauswand hätte laufen lassen. Wir fragen unsere Führer und erfahren:

Es gibt in Australien rund 150 Arten von Termiten. Auch wenn sie aussehen wie Ameisen, sie sind es nicht. Sie sind eher den Kakerlaken verwandt, haben einen zweiteiligen Körper. Sie sterben im Ultraviolett, vertragen also kein Sonnenlicht, sind daher schneeweiss und müssen sich ihre Nahrung in unterirdischen Kanälen suchen. Sie werden alt, leben mehrere Jahrzehnte.

Die Bauten sind immer oberirdisch und klimatechnische Wunderwerke: Sie haben Lüftungskanäle, die bei Bedarf geschlossen oder auch geöffnet werden können. Damit können sie erreichen, dass in der Gluthitze der Wüste die Temperatur im Bau, der ja der prallen Sonne ausgesetzt ist, bis 15 Grad tiefer ist. In der Nacht wird die Wärme zusammengehalten.

Je nach Art bauen sie andere Häuser, immer steinhart gebackenes poröses Material. Holzfresser, so sagt Begleiter Robert, machen die breiten runden Bauten, die an Blumenkohl erinnern oder an die Venus von Willersdorf (älteste Steinzeitfigur in Europa) mit ihren überhängenden Brüsten.

Andere machen schlanke Türme, die eben wie moderne Skulpturen aussehen können.

Die verschiedenen Arten haben unterschiedliche Nahrungsquellen und sind auf diese angewiesen. Die einen fressen totes Holz (abgestorbene Aeste, wie oben beschrieben, ebenso wie Holzhäuser, die sie total aushöhlen und zerstören).

Andere wiederum sind auf Gräser und dabei sogar bestimmte Grassorten spezialisiert. Hier im Park gibt es eine Art, die frisst nur Spinifex-Gras, das in verschiedenen Arten vorkommt, aber immer sehr hart ist,  wenn es abgestorben ist, und das beim wandern die Beine zerkratzt.


Und diese Art ist es, die die Bauten hoch oben am Fels hat. Wie kommen sie dahin? Die Königin macht vor der Gründung eines Staates einen Heiratsausflug aus dem Bau. Wenn es nun windet, kann sie da hinauf getragen werden. Und da muss sie dann zu bauen beginnen. Da nun aber die Nahrung unten ist, und da die Tiere kein Sonnenlicht vertragen, legen sie der Felswand entlang Kanäle an, durch die dann die Arbeiter die Nahrung von unten nach oben bringen. Tag für Tag, jahraus, jahrein.





S. auch weitere Beispiele von Termitenbauten im Bildteil
(( Ende des Exkurses))

Brrrrrrrrrrrrrr

Zurück im Camp geniessen wir den Nachmittagstee im Restaurant, bevor wir uns etwas hinlegen und uns so auf den Apéro vorbereiten. Wir duschen und gehen raus. Die Sonne ist bereits am Untergehen. Wir sind am Ostrand der Zeitzone und nahe des Aequators, es wird sehr früh dunkel.




Vom Aequator spüren wir allerdings sonst wenig, im Gegenteil. Das Wüstenklima ist ausgeprägt, und sobald die Sonne weggeht wird es saukalt. Wir ziehen alles an, was wir haben, aber wir sind froh, dass es auf der Aussenplattform ein wärmendes Feuer gibt, in einem grossen Feuerkorb, der etwas an ein buddhistisches Opfergefäss erinnert, vor allem wenn es beim Anzünden oben rausqualmt.

Wir stossen auf unsere 40 Ehejahre an, von denen wir keines missen möchten. Paul und Francie, die Besitzer des Camps und damit unsere Gastgeber, spendieren uns diese Flasche!



Paul hat mit seinem Vater vor 27 Jahren die touristischen Höhepunkte dieser Gegend entdeckt und dann den Tourismus entwickelt. Heute kommen vor allem 4x4-Touristen über eine eher kriminelle Schotterstrecke von der zweieinhalb Stunden entfernten Hauptsrasse hier zum Zelten. Dann Eingeflogene wie wir und Tagestouristen, die hier auch Helikopterflüge buchen können. Alles in Allem wenig Leute.

Das von Francie und zwei Helferinnen gekochte Abendessen ist gut, aber wir müssen es in der Villa Durchzug einnehmen, und wir schlottern schon ganz schön. Wir plaudern noch mit Australiern, und dann ab ins Bett, es war ein langer Tag. In unserer Kabine ist es aber noch kälter, und ich ziehe meinen Flies-Pullover die ganze Nacht nicht aus. Bis ich von oben die Matratze aufgewärmt habe, friere ich auch an den Beinen. Zähne werden morgen geputzt. (Gilt natürlich nicht für Elo, auch wenn die noch mehr friert. Eisern!)

Am zweiten Abend, als wir beim Essen wieder am Frieren sind, habe ich plötzlich den Eindruck, Francie habe eine Heizung eingeschaltet. Es kommt so schön warm von der Küche. Aber das ist ein warmer Wind, der plötzlich aufspringt, wie wenn der Herrgott den Schalter gedreht hätte. Die zweite Nacht frieren wir nicht mehr, wir frösteln nur noch.

Spalten und Schründe

Am zweiten Tag machen wir am Nordende der Bungle zwei Wanderungen, nicht lange, aber recht anstrengende. Es geht in Spalten des Berges, in die Mini Palms Gorge und den Echidna Chasm (letzteres würde ich mit „Schrund“ übersetzen).   Entlang von Rissen und Verschiebungen ist der Berg ausgewaschen.






Zuerst also in die Schlucht der kleinen Palmen. Wir gehen wieder über das Geröll des Bachbetts hinein. Es wird immer enger, und wir müssen uns zwischen riesigen Sandsteinblöcken hindurchzwängen, die bei einem Bergsturz einmal runtergekommen sind. Dann wieder über die Dinger drüber. Weiter hinten sind Treppen angebracht.


Und plötzlich sind wir auf einer Plattform und sehen in eine grosse Halle hinein. Nach oben geht es, enger werdend und wenig Licht hereinlassend, gegen 200 Meter die Wände hoch.  Hinten ist eine Nische, was dahinter kommt, wissen die Weissen nicht. Denn das ist ein heiliger Platz der Aborigine-Frauen, hier haben sie ihre Kinder zur Welt gebracht. Auch die Männer dürfen hier nicht hinein. Wir sind ganz allein, sprechen nicht und lassen die Magie des Ortes auf uns wirken. Das hier ist für mich weit mehr eine Kathedrale als gestern, aber der Name war halt wohl schon vergeben und so wurde die Schlucht nach den dort wachsenden Minipalmen benannt, auch nicht schlecht.


Als wir vor dem Eingang in der Sonne etwas ausruhen und von Roberts Studentenfutter picken, umsummen uns wilde Bienen. Sehr friedlich.








Die zweite Wanderung geht in den Schrund der Echidnas, der früher beschriebenen Stacheltiere (s. Blogspots 3-6 und 3-8). Warum der Schrund so heisst, wissen die Führer auch nicht. Aber er ist eindrücklich. Ganz schmal und riesig hoch. Oft können wir beide Wände mit den Händen berühren und müssen uns fast durchzwängen. Das Licht scheint manchmal künstlich, so fein uns samtig. Und als wir meinen, jetzt seien wir hinten, geht es um eine Kurve und noch eine ganze Ecke weiter. Am Ende hängt ein Steinbrocken über unseren Köpfen, der sich beim Runterfallen da eingezwängt hat.









Dazwischen ist ein Herz


Auf der Rückfahrt bewundern wir von einem Outlook aus die Westflanke der Bungel Bungle im Nachmittagslicht.

Diamanten
Der Rückflug ist wiederum früh, wir müssen nach sechs aus dem warmen Bett. Zuerst geht es im Morgenlicht nach Norden nochmals über die Bungle, und wir sehen von oben, wie zerfressen die Oberfläche ist: Risse, Schründe, Schluchten.

Dann drehen wir etwas nach Nordwesten und fliegen die Argyle Diamond Mine an, die grösste Diamantenmine der Welt. Sie wurde 1985 eröffnet, nachdem Geologen auf der Suche nach Uran „aus Versehen“ auf einen Fluss mit grossen Diamant-Vorkommen gestossen waren. Die Mine produziert zu 90% Schmuckdiamanten, darunter auch die seltenen rosafarbenen. Die Schmuckdiamanten gehen vor allem nach Indien.

Die Mine gehört zum Rio Tinto-Konzern. Sie hat seit 1985 600 Millionen Karat an Diamanten produziert und dem Staat fast eine Milliarde für Schürfrechte abgeliefert. Seit die Vorkommen im Tagebau erschöpft sind, wird untertag abgebaut, die Erträge sind auf die Hälfte geschrumpft. 2018 wird die Mine erschöpft sein.

 Wir fliegen über den stillgelegten Tagebau und die riesigen Abraumhalden. Pro Jahr wurden 60 bis 80 Millionen Tonnen Material abgebaut, davon waren rund 9 Millionen Tonnen diamanten-haltig und haben 25 bis 30 Millionen Karat Ertrag ergeben. Ein Karat ist etwa 0,2 Gramm, eine Million Karat also 200 Kilogramm, ein Jahresertrag also immerhin 5 bis 6 Tonnen – reine! – Diamanten. Da lohnt es sich schon, eine Stadt mit Flugfeld in die Wüste zu stellen, die Arbeiter und Techniker ein- und auszufliegen und dann die Investitionen einfach stillzulegen. (Eine kleinere Diamantenmine in der Nähe, die Bow River Diamond Mine, wurde nur 7 Jahre ausgebeutet, von 1988 bis 1995.)


Kleiner Damm und grosser See: Lake Argyle

Etwa 30 bis 40 Kilometer süd-südöstlich von Kununurra liegt das Feriendörfchen Lake Argyle Tourist Village. Es verdankt sein Entstehen einem relativ kleinen Damm, der vor einer Schlucht den Ord River staut. Er ist 100 Meter hoch und 335 Meter lang, ein Erd- und Steinwall:  unten breit, oben die Krone eine Strasse breit. Aber was er aufstaut, ist dann gross: Ein See so gross wie der Thurgau (1000 km2) bei Normalwasser, relativ flach, 20, 30 Meter tief, ca. 55 x 30 Kilometer gross. In der Regenzeit, wenn der See einige Meter ansteigt, verdoppelt er die Fläche!

Der See wird hydroelektrisch kaum genutzt. Nur ein relativ kleines Kraftwerk produziert 30 Megawatt, und dieser Strom wird vor allem für die Diamantenmine gebraucht. 2018 wird er dann für anderes verfügbar sein… Der See ist vor allem ein Reservoir für die Landwirtschaft von Kununurra. Mit einem Verteildamm (Diversion Dam) wird der Lake Kununurra gebildet, der zentimetergenau reguliert werden kann und die Kanäle auf die Felder speist.

Wir fliegen auf dem Hin- und Rückflug über den See mit seinen vielen Inseln, die wir dann noch unten besuchen werden.

Zweifach atemberaubender Swimmingpool

Nach den Bungle Bungle verbringen wir noch einige Tage im Lake Argyle Tourist Village. Es ist auf der Strasse 70 Kilometer von Kununurra entfernt, also ganz nah. Und es besteht aus einem mittelgrossen Campingplatz, aus einem multifunktionellen Gebilde mit  Restaurant/Bar/Shop/Campingplatzverwaltung/Reisebüro und ausgesprochen freundlichen Menschen.



Die Hauptattraktion neben den Bootsausflügen auf dem See ist ein atemberaubender Swimmingpool. Das in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist die Aussicht aus dem Pool sensationell. Er ist oben an der Kante zur Schlucht in den See angebracht, und wenn du drin bist, hast du das Gefühl, direkt über dem See zu schweben und zu schwimmen. Das tun wir immer wieder.

Aber er hat noch eine andere Qualität, dir den Schnauf zu nehmen: die Temperatur. Das Wasser ist saukalt. Wenn du reingehst, verschlägt es dir wirklich zu erst etwas den Atem. 15,6 Grad haben sie gestern gemessen. Aber die heisse Sonne und die Aussicht machen es erträglich, machen es dennoch zu einem einmaligen Erlebnis.




Gezügelter Bauernhof eines Pioniers

Eine halbe Stunde Fussmarsch durch eine schöne Gegend mit vielen Pflanzen und auch Tieren führt uns zur Lake Argyle Homestead. Es ist dies ein Herrenhaus vom Ende des 19. Jahrhunderts, gebaut von der Familie Durack, Viehzüchtern, die 2,5 Millionen Acres (40 Aren, ca. eine Juchart) oder 10'000 Quadratkilometer (Schweiz: gut 40'000) bewirtschafteten.

Patsy Durack, der dies aufbaute, floh mit seiner Familie in den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts vor der Hungersnot in Irland (Kartoffelpest) nach Australien. Der Vater verstarb, und Patsy übernahm mit weniger als 20 Jahren die Verantwortung. Er liess Mutter und Geschwister bei Melbourne zurück, ging in die Goldfelder und kam mit 1000 Pfund, damals eine Riesensumme, zurück.

 Mit dem Geld kaufte er zuerst eine Farm in Victoria, dann in Queensland. Dort wurde er reich, hatte 30'000 Stück Vieh. Aber er hörte von den Kimberleys und guten Weiden am Ord River. Mit seinen Brüdern machte er sich auf den längsten Vieh-Treck der australischen Geschichte: Ueber 2 Jahre waren sie unterwegs, und sie zogen mit 7250 Stück Vieh aus und  brachten nach 3000 Meilen (5000 Kilometer) nicht ganz die Hälfte in diese Gegend. Sie siedelten am Ord und nannten die Gegend Argyle Downs, nach einer Landschaft in Irland. Ein Gebirgszug in der Nähe, in dem der Ord entspringt, ist nach der Familie benannt.

1950 gab die letzte noch lebende Tochter das Land an die Regierung zurück, für einen Dollar. Sie war der Ansicht, dass die Nachkommen ihrer Geschwister, die sich wenig um das Land gekümmert hatten, es auch nicht besitzen sollten. Als der Stausee die Homestead überschwemmte, wurde das Herrenhaus Stein für Stein gezügelt und am Rande in einer Senke wieder aufgebaut. Die übrigen Gebäude konnten nicht gerettet werden, das Wasser stieg viel schneller als angenommen.



Stimmungsvoller Abschied


Zum Abschied von Westaustralien, in dem wir doch drei Monate gereist sind, machen wir eine Sunset Cruise, eine Fahrt in den Sonnenuntergang, auf dem Lake Argyle. Es ist schön, in den Inseln rumgefahren zu werden: Süsswasserkrokodile („Sweeties“ im Gegensatz zu den gefährlichen „Salties“, den Salzwasserkrokodilen), Rock Wallabies, Vögel und springende Fische, eine pittoreske Landschaft und die Weite des Wassers.

Aber das schönste ist das Licht am Abend. Die Sonne geht um fünf Uhr unter, denn wir sind am Ostrand der Zeitzone (in 20 Kilometern ist es dann eineinhalb Stunden später). In der Gegend gibt es Buschfeuer, und der Rauch, den wir am Tag nicht sehen, führt zu wunderschönen Effekten des Lichts der tief stehenden Sonne. Es ist windstill, als uns ein Apéro serviert wird auf dem Schiff. Und die wenigen Wellen, die weit entfernt vorbeifahrende Schiffe machen, brechen das Licht in allen Farben des Regenbogens.


Es war schön in Westaustralien.

11.6.2012 / JB.

PS. Ungewohnt
Gestern habe ich etwas gemacht, was ich seit rund 40 Jahren nicht mehr getan habe: Ich habe das Auto gewaschen. Jeb hatte es dringend nötig, aber er hat schon ganz schön viel Fläche. Und ich bin nicht aufs Dach gekommen, und an der Seite bis an den Rand mit dem Auszug des Scheibenreinigers.