Dienstag, 28. Juni 2011

II Es gilt ernst

Reisefieber
In 60 Stunden (schon wieder!) fahren wir ab. Das Büssli ist auf Vordermann. Alle Arbeiten – oder fast alle – sind erledigt. Ab 1.7. gibt es am Hauweg 6 weder Telefonanschluss noch Internet, keine Lebensmittel mehr – ausser dem Inhalt des Weinkellers, der ja zu den Herzstücken einer gepflegten Viktualienversorgung zählt –, keine Post&Zeitungen und kein angemeldetes Auto. Die moderne Zivilisation ruht, der Winterschlaf beginnt im Hochsommer.

Die Liste der Aufgaben, die wir vor zwei Wochen erstellten und abarbeiteten war etwas zwischen imponierend und bedrohlich:
-          Feuerlöscher fürs Auto
-          Telefon abbestellen und Handy auf Minimum (ohne Combox!)
-          Heizungsfirma mit Schlüssel bedienen
-          Treuhänderin mit Vollmachten und Instruktionen ausstatten
-          Putzfrau instruieren
-          Schaltuhr für Licht besorgen, dito Moskitonetz über den Hut für Sibirien
-          Ausweise kopieren und laminieren
-          Liste mit Notfallinformationen aktualisieren
-          Geheimtaschen in die Hoseninnenseite machen lassen
-          Russischübersetzung des Fahrzeugausweises machen und abstempeln lassen
-          Abmeldung des Audi vorbereiten
-          Paket für Australien an Cousin schicken
-          Pfefferspray und Schlagstock (dickes Elektrokabel) besorgen
-          Medikamente besorgen nach Liste Tropenarzt und Medikamentenliste erstellen
-          Büssli in Schlussservice geben
-          Internet mit den wichtigsten Dokumenten bestücken
-          Gärtner instruieren
-          Pullover in Kamphertruhe versorgen und Mottenmittel in die Schränke
-          Postfach besorgen
-          Bankabsprachen treffen
-          Schlüsselliste erstellen
-          Daten sichern
-          Schlüsseldoppel in Magnetkästen am Auto verstecken
-          Bücher für Amazon Kindle runterladen
-          den Dietrich im Kunstmuseum unterstellen
-          Filmkamera und Fotoapparat auf Vordermann bringen
-          Speichermedien besorgen
-          dito Ersatzbirnen, Keilriemen, Pneuflickzeug
-          Kisten für das Büssli packen: Kleider, Werkzeug, Medikamente, Kochen, Essen, Reiseführer und Karten, Kleinmaterial-Kabel-Taschenlampen-Wasch-&Putzzeug---, Tücher-Schlafsack-Trainer-Necessaire, und und und.
-          iPod aufdatieren
-          Labtop organisieren und Adresskarteien aktualisieren (vor allem auch Adressliste Blog)
-          Geld wechseln und auf verschiedene Plätze verteilen
-          letzte Rechnungen stellen, letzte Rechnungen bezahlen
-          Lebensmittel aufbrauchen
Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


Ich habe seit Wochen Reisefieber. Ich wache früh am Morgen auf, muss im Kopf dies und jenes auch noch machen. Dann stehe ich auf, sage mir: „Auf der Reise kannst Du ja noch genug schlafen“ – und schreibe den nächsten Zettel mit Aufgaben. Mein Büro ist nicht wiederzuerkennen. Tipptopp aufgeräumt, wie noch nie; sich Pensionieren ist eben wirklich schön. Nur die Akten, die habe ich noch nicht weggeschmissen. Das mache ich dann – mit Lust! – nach unserer Rückkehr. Die Ressortakten des Gemeinderats sind übergeben.
Jetzt steht nur noch das Abmelden des Audi an (Couverts mit Briefen sind vorbereitet). Das geschieht am Donnerstagabend nachdem wir noch Mutters 97. Geburtstag bei uns gefeiert haben. Dann werden die Reifen auf 4 Bar gepumpt (sonst eiern sie später) und der Minuspol der Batterie abgehängt.

Marathon als Vorprogramm
Die letzen Wochen waren ein Abschiedsmarathon, der sich bis in diese Woche hineinzieht: heute 2x, morgen noch 1x, alles mit lieben Freunden. Und dann eben Mutters Geburtstag am 30. mit der Familie. Dazwischen war noch – anlässlich des kantonalen Sängerfestes, an dem wir in einer Vereinswirtschaft arbeiteten (bis ich nachts um Eins die Beiz schloss) –, eine Klassenzusammenkunft aller Jahrgänge aus Sirnach, bei der es dann noch viel später wurde. Aber ich bin ja pensioniert und kann mir das leisten. Ausserdem befördert der Konsum von Getränken und Speisen aller Art die Entwicklung des Bruttosozialprodukts. Und es ist mir immer ein Trost, für die Allgemeinheit gewirkt zu haben, wenn am Morgen der Blick verhangen, der Magen zunderobsi und der Kopf vernebelt ist.

Das Büssli ist geladen.



Alles ging rein: Die Kisten (s.o.), dann die Beine des Tisches (Teil der Liegefläche), die Klappstühle, der Sonnenschirm von Hugo (rot-weiss!), der Armeespaten, der zweite Wagenheber, das Batterie-Ladegerät, weiter Schuhe und Hüte, eine Kiste Brissago (danke Heiri, die zweite geht per Post nach Australien), die Clogs und die aufblasbaren Kissen, die Abschleppstange und all die Kleinigkeiten der Bordelektronik und –unterhaltung. Und heute hat Peter noch einen Dachstander mit den drei Fahnen Sirnach, Thurgau und Schweiz gebracht. Jetzt können wir sogar als Staatsvertreter auftreten.




Gepackt werden müssen nur noch zwei kleine Rucksäcke.

Am Freitagmorgen geht es los. Und wie es bei Brecht in der Dreigroschenoper heisst : „Ja mach nur einen Plan, sei nur ein grosses Licht! Und mach dann noch ´nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“, so ist das auch bei uns. Statt über Diepoldsau, Arlberg, Innsbruck, Brenner nach Brixen zu fahren, besuchen wir zuerst noch Walter in Meran und fahren wohl über Albula und Ofen ins Vinschgau. Dann aber geht es via Bozen, Brixen, Innichen nach Kärnten, dann Maribor, Ostkroatien und hinein nach Ungarn, nach Helvécia, mit dem wir für Sirnach eine Gemeindepartnerschaft organisiert haben und wo ich Ehrenbürger bin. Anschliessen Rumänien…. Wenn alles so läuft wir geplant, eben.

Soviel für heute, ich muss zum nächsten Abschied – „Pfadisuff“ steht in der Agenda.
Wir melden uns dann wieder und wünschen Euch allen eine gute Zeit!

Jürg
28.6.2011

2 Kommentare:

  1. Cчaстливого пути!

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  2. Hallo Jürg und Elo

    Und ich dachte, ihr seit schon unterwegs.

    Toller Bericht, man spührt förmlich, wie ihr euch darauf freut und man kann sich das bildich gut vorstellen.

    Ich wünsche Euch eine tolle und interessante Reise!

    Alles gute, bis irgendwann und hopp Büssli

    Philipp

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