Direkter
Zugang zur Hölle / Maoriland / Regentag / Neuseeländisches Ballenberg und
englischer Tee / Coromandel / Goldgräber / Stadt auf dem Vulkan / Dampfdorf /
Ein schönes Geschenk / Der dressierte Geysir / Durch ein Ausbruchsgebiet /
Buchten und Strände / Und wieder ist die Welt ein Dorf / Ostend /
Zeitverschobenes Art Deco / Gibt es ein Ende der Welt? / Der längste Ortsname /
Weideland / Seehunde / In die Hauptstadt / Ein Museum – ein Tag / Nach Süden
Direkter Zugang zur Hölle
Jetzt bereisen wir die Mitte und den Süden der Nordinsel. Neuseeland
liegt auf der Gebirgsfalte, die sich aus dem Zusammenprall der pazifischen
Erdplatte mit der australisch-indischen gebildet hat. Die pazifische Platte
schiebt sich jedes Jahr rund 5 Zentimeter nach Westen, was zu Spannungen,
Erdbeben (wenn sich die Spannungen lösen) und vulkanischer Aktivität führt, da
hier der Erdmantel offen ist. Der Zugang zur Hölle ist recht direkt.
Die Neuseeländer tanzen also quasi immer auf dem Vulkan, die kürzlichen
starken Erdbeben von Christchurch auf der Südinsel zeigen das deutlich. Die
Hauptstadt Wellington, die an der Cook Strait zwischen den Inseln liegt, kennt
praktisch wöchentlich Erdstösse, und pro Jahr werden hier 15'000 (!) Beben
registriert, davon 100 bis 150 so stark, dass sie gespürt und als Bedrohung
empfunden werden.
Die Landschaft vor allem der Nordinsel ist stark vom Vulkanismus
gekennzeichnet. Die Küsten sind stark gegliedert, meist steil, mit vielen Kaps.
Im Inland gibt es ausser wenigen Flusstälern so gut wie keine ebene Stelle,
immer rauf und runter, eine Kurve nach der anderen. Die Hügel sind praktisch
alle vulkanisch entstanden. Ueberall gibt es heisse Quellen, oft mit
Bademöglichkeit.
Quer durch die Nordinsel zieht sich das Vulkangebiet von Taupo (Taupo
Vulcanic Zone), in dem es viele Seen gibt. Der grösste ist der Lake Taupo, ein
weiterer der Lake Rotorua, an den wir fahren.
Maoriland
Protest gegen küstennahes Bohren nach Öl oder Gas
Allerdings soll es durchaus Probleme entlang der rassischen Kontaktlinie geben. So soll die Arbeitslosigkeit unter den Maori höher sein. Und die vielen ungeklärten Besitzverhältnisse aus der unterschiedlichen Auslegung alter Verträge sorgen immer wieder für Gesprächsstoff. Aber die Maoris sind im Parlament vertreten, haben ihre Sprecherinnen und Sprecher, melden sich zu Wort. Typisch scheint mir die Aussage einer jungen Fremdenführerin in einem Maoridorf: „Ich bin gerne Teil des modernen Neuseelands“.
Allerdings soll es durchaus Probleme entlang der rassischen Kontaktlinie geben. So soll die Arbeitslosigkeit unter den Maori höher sein. Und die vielen ungeklärten Besitzverhältnisse aus der unterschiedlichen Auslegung alter Verträge sorgen immer wieder für Gesprächsstoff. Aber die Maoris sind im Parlament vertreten, haben ihre Sprecherinnen und Sprecher, melden sich zu Wort. Typisch scheint mir die Aussage einer jungen Fremdenführerin in einem Maoridorf: „Ich bin gerne Teil des modernen Neuseelands“.
Regentag
Der Süden der Nordinsel ist eben so schön, wie das Nordland. Allerdings
könnte das Wetter schon etwas besser sein. Eine Mischung zwischen Irland,
England und Schottland, scheint es uns (weshalb es den Briten hier auch so gut
gefällt), und von den Subtropen, in denen wir uns befinden, merken wir wenig.
Ein Strassenschild, das auf hier mögliches Glatteis hinweist, irritiert uns
leicht.
Und so ziehen wir denn zuerst auch einen regelrechten Regentag ein, mit
Wind und Sturm und Regen zwischen Niesel und Platz, aber immer schön anhaltend.
Auch ist es kalt, so um 15 Grad (dass wir dann im zentralen Hochland südlich
von Rotorua bald auch noch in den einstelligen Bereich abrutschen würden,
wussten wir noch nicht).
Wir fahren auf die Halbinsel Coromandel, die über dem Hauraki Gulf im
Osten gegenüber Auckland liegt. Abends suchen wir ein Hotel, damit wir zum
Essen nicht wieder in den Sturm raus müssen. Und wir finden mit dem Junction
Hotel in Thames ein einfaches, aber gutes, ein altes erneut, und erst noch mit
ausgezeichneter Küche. Die Miesmuscheln sind Spitze!
Neuseeländisches Ballenberg und englischer Tee
An solchen Tagen ist Museum angesagt. Wir fanden per Zufall eines, wir
folgten in Howick, einem Vorort Aucklands, einem der braunen Schilder, die auf
Sehenswürdigkeiten hinweisen. Dass es ein Freilichtmuseum ist, macht die Sache
zwar etwas feuchter, aber in den einzelnen Häusern können wir schön
unterstehen. Heute ist Sonntag, und einmal im Monat werden die alten Bauten
„bespielt“. Mitglieder der Historischen Gesellschaft von Howick, sind in alten
Kleidern in den Stuben, den Schmieden, den Verkaufsläden. Es ergeben sich
interessante Gespräche über die Geschichte des Landes und der Einwanderer.
Im Café, das heute von Chinesen – ausgezeichnet – geführt wird,
erfahren wir an der Wand noch einiges über Namen. Der Ort Howick wurde nach dem
schottischen Dorf genannt, in dem das Schloss der Earl Grey liegt. Der junge
Lord war damals Staatssekretär für die Kolonien und hat wesentlich zur
Entwicklung Neuseelands beigetragen: Er hat ausgemusterte Soldaten exportiert,
die mit Wehrdörfern eine Art Militärkolonie aufgebaut haben.
Earl Grey hat aber noch eine andere Beziehung: eine der bekanntesten
Teesorten heisst so. Und das kam dann so: Der alte Lord war Aussenminister und
allerhand sonst in Britannien. Ein Gesandter nach China schenkte ihm ein
Teerezept. Da er natürlich für die Niederungen des Geschäftslebens zu vornehm
war, schenkte er es einem Freund, der es zu einem Riesenerfolg machte: Er
mischte chinesischen und ceylonesischen Tee und versetzte ihn leicht mit
Bergamottegeschmack. Das trinken wir bis heute. Uebrigens hiess dieser Freund
John Twinnings – und das war der Beginn der Twinnings-Erfolgsgeschichte, die
als Teemarke bis heute andauert.
(Die Geschichte des verschenkten Rezepts erinnerte uns an das
Geburtstagesgeschenk, das Königin Victoria Ende des 19. Jahrhunderts ihrem deutschen
Enkel Willi (Wilhelm II, der mit dem fürchterlichen Schnauz) machte: Sie
schenkte ihm den Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas. Grosse Leute,
grosse Gesten.)
Coromandel
Coromandel ist eine der beiden Halbinseln an der Ostküste der
Nordinsel. Die Küsten sind gebirgig, die Strasse windet sich entweder direkt
dem Meer entlang von Bucht zu Bucht, oder sie schneidet Kaps über kleinere und
mittlere Pässe von bis zu 100 bis 200 Höhenmetern durch das Hinterland ab. Kaum
sind wir weg vom Meer, können wir uns kaum mehr vorstellen, dass hinter den
steilen, felsigen Hügeln der Südpazifik bis nach Amerika sich ausdehnt.
Oft ist der vulkanische Fels bewaldet, mit Palmbäumen, Sträuchern und
Gebüsch. Aber immer wieder kommen kleine Inseln der Landwirtschaft. Wenig
Aecker, viel Weiden für Kühe und Schafe, alles in sattem Grün. Die Schafzäune
sind hoch, die Pfähle stehen dicht an dicht und sind eng mit starkem Draht
bespannt. Das „Hagen“, d.h. das Einzäunen der recht kleinen Abschnitte, in
denen die Herden wechseln können, muss eine Heidenarbeit sein.
Wenn es dann in einem Flusstal einmal eine grössere Fläche gibt, sind
die Rinderherden riesig. Hunderte von Kühen für die Milchwirtschaft vor allem.
Wir übernachten in einem schönen Motel mit grossem Zimmer mit Küche
usw.. Das Leben ist hier deutlich günstiger als in Australien. Für einen
schönen Bungalow bezahlen wir 120 NZL$, das sind etwa 80 Franken – für zwei
Personen, aber ohne Frühstück. Später haben wir für den gleichen Preis zwar
keinen Bungalow, aber ein Zimmer mit Ausblick aufs Meer und Waschmaschine und
Tumbler inbegriffen. Es lohnt sich, ausserhalb der Saison zu reisen.
Goldgräber
Südlich von Coromandel besichtigen wir in der Karangahake-Schlucht eine alte Goldgräberstadt, die von ca. 1890 bis 1935 aktiv war. Die Stollen lagen auf den Bergen, in Seitenschluchten, das gebrochene Erz wurde mit Seilbahnen und kleinen Eisenbahnen runter und nach vorn gebracht, dort noch am Hang zerkleinert und dann mit Hilfe von Zyanid in Edelmetall und Abfall gespalten. Was mit dem Abfall und dem Gift geschah, ist vorstellbar.
Wir wandern einen Rundweg, dessen oberster Teil auf einem Bahntrassee
verläuft. Die Tunnels sind gewunden und unbeleuchtet. Es ist so dunkel, dass
wir umkehren müssen. Hätten die unten was geschrieben, wir hätten Taschenlampen
gehabt. Ausserdem war es immer noch regnerisch, und wir hatten alle Mühe, die
Schuhe einigermassen trocken zu halten. Also zurück und ab nach Rotorua, der
Stadt auf dem Vulkan
Wenn man in die Stadt einfährt, dampft es überall. Das sind die
vulkanischen Fumarolen, bei denen der schweflige Wasserdampf aus der Erde
austritt, Tag und Nacht, Jahr für Jahr. Rotorua liegt am gleichnamigen See,
einem der vielen, die ihren Ursprung dem Vulkanismus verdanken. Irgendwann hat
es hier mächtig gerumst, das unter der Oberfläche eingeschlossene heisse Gas
und die kochende Lava wurden empor geschleudert, die Kaverne unter der Erde hat
sich so geleert und ist dann eingestürzt, der Krater war perfekt und der See
hat sich gefüllt.
Heute ist Rotorua ein Zentrum des Tourismus, dessen Kombination von
Vulkanismus und Maorikultur Leute aus aller Welt in grossen Scharen anzieht.
Elo hat auf einer kurzen Strecke an der Hauptverbindung vom Stadtzentrum zu den
wichtigsten Attraktionen nicht weniger als 45 Motels gezählt. Aber wir sind,
wie gesagt, in der Nebensaison, wodurch wir auch hier ein gutes Motel finden,
preiswert, sehr freundlich, mit allem Drum und Dran: Zeitung am Morgen, eigener
Whirlpool im geschlossenen Hinterhof und freier Transport zum Abendessen in die
Stadt und Abholen auf Telefonanruf danach! Karen und Terry sind geniale
Gastgeber, wir verstehen uns gut.
Das Museum von Rotorua hat eine ausgezeichnete Abteilung über
Geschichte und Kultur der Maori.
Dampfdorf
Whakarewarewa ist wohl das berühmteste Maori-Dorf der Welt. Es liegt am
Südrand der Stadt und ist seit hunderten von Jahren bewohnt. In allen Strassen
qualmt und raucht es. In den Boden eingelassene Rohre lassen den Druck ab,
damit nicht plötzlich alles entweder hochfliegt oder zusammenfällt. Kochen tun
die Familien in Gruben über dem Dampf, indem sie die Töpfe einfach auf ein
Gitter stellen, Deckel drauf und dann irgendwann das Essen gegart holen. Es
kann nicht verkochen, es ist die Vorwegnahme des zur Zeit hier und in
Australien populären Langsamgarers (Slowcooker).
Auf Steinplatten läuft das zu heisse Wasser in ein System von
Badebecken, und bis es in diesen ist, stimmt die Temperatur für ein heisses Bad
der Einwohner. Spezielle Becken sind für die Wäsche vorgesehen. Die Kinder
baden im warmen Fluss. Um Gemüse zu züchten, müssen die Beete auf Kästen gelegt
werden, die unten Luftzug haben, da die Erde zu warm wäre. Und nahe Geysire
sorgen für eine Art Unterhaltung.
Die Einwohner haben sich an den unruhigen Untergrund gewöhnt, auch wenn
einmal eine Kaverne einbricht. Sie haben die Häuser an den Hang gestellt, wo es
sicherer ist, auch wenn es auch dort immer qualmt.
Ein schönes Geschenk
In einem Schmuckladen im Dampfdorf kamen wir mit dem Kunsthandwerker
Ralph Hamon ins Gespräch, der vor allem Anhänger aus Steinen und Knochen
herstellt. Er erzählte uns von seinem Leben in Australien, wo er der einzige
Nicht-Aborigine gewesen sei, der jemals die Erlaubnis erhielt, Rauchopfer für
Verstorbene durchzuführen, damit deren Seelen ihren Friede fanden. Ralphs Vater
war Franzose, seine Mutter Maori. Auch weitere seiner spirituellen Erfahrungen
erzählte er uns in einer leisen, unaufdringlichen Art, die eindrücklich war.
Eine Geschichte war die über ein dreijähriges Aborigine-Mädchen, dessen
Geist ihm durch eine schwere Erkrankung geholfen hatte, und das auch heute noch
immer bei ihm ist. Vor kurzem war eine Französin in seinem Laden, die das
Gesicht hat, also Dinge sieht, die wir nicht sehen. Sie sagte spontan, ob er
wisse, dass ein dreijähriges Mädchen in seinem Laden sei…. Wie heisst es im Hamlet: „There are more things between heaven and earth
Horatio, than you might have dreamt of in your philosophy“. Es gibt eben
mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen
lässt.
Nach dem langen Gespräch auch über Unterschiede zwischen den Aborigines
in Australien und den Maoris hier suchte er zwei schöne Steine heraus, die er
uns schenkte. Es sind jadeartige grüne Steine, sogenannte Greenstones, die erst
durch das Tragen auf der Haut die richtige Geschmeidigkeit, ihre sanfte Textur
bekommen, die sie auszeichnet, sagt Ralph. Sein Geschenk soll uns Glück
bringen. Mir gefiel mein Stein so gut, dass ich mir von Ralph ein Loch hinein
bohren liess, und ihn seither an einer von ihm geflochtenen Schnur am Hals
trage. Ob er das versprochene Glück bringen wird, muss sich zeigen. Aber er ist
einfach schön.
Der dressierte Geysir
Es raucht aber nicht nur in Rotorua, es raucht in der ganzen Gegend.
Wir besuchen zwei südlich gelegene Thermalgebiete. Das eine heisst Wai-O-Tapu,
was Heiliges Wasser bedeute. Die Hauptattraktion ist der Geysir Lady Knox, der
jeden Tag pünktlich um Vormittags viertel nach Zehn zum Wassersprühen gebracht
wird. Dafür wird er mit Seife gefüttert, der Schaum bringt ihn dann zum
Ausbruch, zum schäumen quasi. Hunderte von Zuschauern bestaunen die über 10
Meter hohe Fontäne. Das ist zwar etwas wie Geysir-Zirkus, aber auch die
dressierten Löwen im Zirkus sind ja durchaus sehenswert. Und Lady Knox ist
schön.
Durch ein Ausbruchsgebiet
Am 10. Juni 1886 ist nahe von Rotorua in Waimangu ein sehr starker
Vulkanausbruch erfolgt. Ausgehend vom Mount Tarawera brachen in
West-südwestlicher Richtung ein Vulkan nach dem anderen aus dem Boden. Wie wenn
eine Lavarakete nach der anderen gezündet worden wäre. Viele Krater zeugen
davon, oft mit senkrechten Wänden und recht grossem Durchmesser. Ein mehrere
Kilometer langer Wanderweg mit guten Erläuterungen führt über mehr als hundert
Höhenmeter hinunter in das Tal und dann entlang der vielen Eruptionen.
Nach dem Ausbruch war zunächst alles Leben zerstört. Es bildeten sich
Seen, und nach einiger Zeit war dann wieder genug thermische Energie und genug
Wasser da, um viele Thermalquellen und Dampfaustritte zu bilden. Heute ist
alles überwachsen, es sei denn, das Gestein werde direkt vom kochend heissen
Wasser überflutet. Unter dem Boden ist das Wasser weit über 100 Grad warm, es
verdampft aus allen Ritzen und aus den Berghängen.
Das Wasser hat je nach gelöstem Mineral eine andere Farbe. Und auf den Sintersteinen bilden sich mit Moosen und Mineralablagerungen prächtige Farbspiele. Die schönste Platte heisst Vogelnestterrasse: Ein kleiner Geysir sprudelt stetig heisses Wasser schräg empor wie ein Springbrunnen; das heisse Wasser bildet eine helle Strasse in dem es umgebenden Gelb des Steins und Grün der Moose und Algen. Kein Gartenarchitekt hätte das so hinbekommen.
Buchten und Strände
Von Rotorua geht unsere Fahrt durch die Hügel und entlang von weiteren
Seen hinab ans Meer. Wenn nicht statt Tannen Farnpalmen an den Hügeln stünden
und Schaf- statt Kuhzäune die Wiesen säumten, wir könnten meinen, wir seien im
Appenzellerland oder im Schwarzwald. Reich gegliederte enge Täler, Wiesen mit
Kuhweglein, kleine Vieherden, alles satt grün. Aber wir wissen: gleich um die
Ecke ist das Meer.
Wir fahren um das Ostkap, an dessen Spitze der östlichste Punkt Neuseelands liegt. Es ist eine herrliche Fahrt. Eine Bucht ist schöner als die andere; der Picknickplatz, auf dem wir den geräucherten Seeaal und die Krevetten essen, die wir in Opotiki gekauft haben, ist einmalig, und das Wetter ist schön, kühl aber schön.
Wir sehen ein schön gelegenes Motel, nichts wie hin, das Restaurant hat
sicher einen schönen Blick. Hat es. Und für den Preis, zu dem wir in Sirnach
keine Uebernachtung bekommen würden, haben wir neben der voll eingerichteten
Küche noch eine private Waschmaschine und einen Tumbler, die wir nutzen. (Der
Architekt hat nicht mit so grossen Waschmaschinen gerechnet: Der Platz auf dem
Lokus ist etwas beengt…)
Und wieder ist die Welt ein Dorf
Der Sonnenuntergang, den wir beim sehr guten Abendessen geniessen - die
Köchin ist Russin! –, bringt ein Licht in die Bucht, dessen Spiel auf dem
Wasser zuerst an Bilder von Monet erinnert, und dessen Verglühen in den Wolken
und im Wasser dann an die Genferseebilder von Hodler.
Nach dem Essen komme ich mit Peter, dem Besitzer des Motels, einem
Maori, ins Gespräch. Wir schauen uns am grossen Fernsehschirm zusammen ein
Rugbyspiel an, dessen Höhepunkte ihn jeweils ganz plötzlich in Hurrarufe
explodieren lässt: sein Team aus Auckland gewinnt. Peter ist ein offensichtlich
erfolgreicher Immobilienhändler in Auckland, der das Hotel hier vor einem Jahr
gekauft und in Schwung gebracht hat.
Ich erzähle ihm, ich hätte vor
15 Jahren einmal einen Job in Auckland gehabt, für die Vereinigung der
neuseeländischen Aerztegruppen und insbesondere für deren Präsidenten, Tom. „Du
meinst Tom Marshall?“, fragt Peter. Der ist es, und auch hier ist die Welt ein
Dorf, in dem irgendwie jeder jeden kennt. Ich habe Toms Adresse gesucht; seine
Visitenkarte von damals aber gilt nicht mehr, ich fand ihn nicht. Peter wird
mir den Kontakt herstellen.
Morgen ist unterwegs ein grosser lokaler Rugbymatch, wie uns der Sohn
von Peter erzählt, der hier den Geschäftsführer macht. Die ganze Küste soll auf
den Beinen sein, ein grosses Volksfest. Nichts wie hin! (Das war aber nichts.
Auf der Fahrt am nächsten Tag waren die versprochenen Fahnen und der Kampfplatz
nirgends zu finden.)
Ostend
Die Fahrt entlang der Küste war weiterhin atemberaubend. Eine Bucht
schöner als die andere. Zuerst zeigte sich das Cape Runaway, das Kap des
Fortrennens. Es wurde von Cook so benannt, nachdem er mit
einem Musketenschuss ein Kanu der Maori vertrieben hatte: “Upon this I order’d
a round shot to be fir’d over their heads, which frightened them to that degree
that I believe they did not think themselves safe until they got ashore. This
occasen’d our calling the Point of land off which this happend, Cape Runaway “,
schreibt er in seinem Tagebuch.
Ganz am Ende fuhren wir noch 20 Kilometer über teilweise Staubstrasse
bis ans Kap. Die Strasse wand sich direkt entlang des Ufers, die Brandung
rollte von Osten und Norden in Richtung Dünen und Kliffs, die Kühe weideten auf
den Wiesen vor und hinter den Zäunen, Pferde grasten friedlich im Mittagslicht.
Am Ostkap (East Cape), dem östlichsten Punkt des „Festlandes“
(Neuseeland ist ja ein Inselland), steht auf einem Felsvorsprung ein
Leuchtturm, zu dem wir 700 Stufen (154 Höhenmeter) in einer Viertelstunde
hochkrabbelten. Die Aussicht ist umwerfend, und direkt vor uns, wenn auch in
einiger Entfernung, liegt Südamerika.
Dann geht es meist im Land, direkt hinter den ersten Bergen und Hügeln am Meer, nach Süden. Für ein Picknick fahren wir ans Meer. In Tikitiki bewundern wir eine interkonfessionelle Kirche der Maori, deren Ausgestaltung eine Renaissance der klassischen Gestaltungskunst in dieser Region einleitete.
Insgesamt ist die Küste des Ostkaps (es sind von Opotiki bis nach
Gisborne rund 300 meist gewundene Kilometer) eine der schönsten, wenn nicht die
schönste Küstenstrecke, die wir je gefahren sind.
Zeitverschobenes Art Deco
Napier ist die Stadt des Art
Deco. Nach einem sehr starken Erdebeben 1931 wurde die Innenstadt mit vielen
Gebäuden im Art Deco-Stil aufgebaut. Das aus dem Jugendstil entwickelte Art
Deco kam hier relativ spät an, dem weiten Weg von Wien und dem übrigen Europa
angemessen. Aber das Resultat lässt sich sehen.
Dafür ist der Ausblick vom Te Mata Peak, südlich von Hamilton, umso beeindruckender. Auf knapp 400 Metern über Meer, nach einer engen und eher halsbrecherischen Anfahrt, liegen Küste und Inland zu unseren Füssen.
Gibt es ein Ende der Welt?
In der Südostecke der Nordinsel
ist die Bevölkerung spärlich – was die Menschen betrifft. Schafe gibt es dafür
umso mehr. Wir sind wieder einmal in einem Kaff gelandet, scheinbar am Ende der
Welt. Auf dem Herweg waren wir überrascht, am Horizont Schneereste auf den
Bergen zu sehen, die doch nur 1700 Meter hoch sind. Aber der Ausgangspunkt ist
halt auch tiefer. Verglichen mit zuhause müssen hier 500 bis 600 Meter
hinzugezählt werden. Dann wären die Berge über 2000 Meter, und da hat es auch
bei uns im vergleichbaren April oft noch Schneefelder.
Wir werden an einem schönen Strand bei Porangahau dann fast weggeblasen. Erst als wir uns auf den Golfplatz hinter den Dünen verziehen, wird es besser, wärmt uns die Sonne. Der Duke of Edinborough (hier hat eine Schottin gewirkt!) ist wieder einmal ein altes, einfaches Hotel, in dem es uns aber gut gefällt. Das Dorf ist mehrheitlich von Maroi besiedelt, die ausserhalb, vor der Brücke ins Dorf einen schönen Friedhof haben, mit eigenwilligen Gräbern. Die wenigen Weissen werden bei der Kirche begraben.
Wir werden an einem schönen Strand bei Porangahau dann fast weggeblasen. Erst als wir uns auf den Golfplatz hinter den Dünen verziehen, wird es besser, wärmt uns die Sonne. Der Duke of Edinborough (hier hat eine Schottin gewirkt!) ist wieder einmal ein altes, einfaches Hotel, in dem es uns aber gut gefällt. Das Dorf ist mehrheitlich von Maroi besiedelt, die ausserhalb, vor der Brücke ins Dorf einen schönen Friedhof haben, mit eigenwilligen Gräbern. Die wenigen Weissen werden bei der Kirche begraben.
Mit der Gastgeberin (nicht
Besitzerin) kommen wir ins Gespräch. Sie ist aufgestellt, und es gefällt ihr
hier, wo sie Wurzeln hat, aufgewachsen ist. Für uns ist hier etwas wie das Ende
der Welt. Aber gibt es so etwas überhaupt? Die Erde ist rund, und von da her
kann es einen Anfang und ein Ende schon aus geometrischen Gründen nicht geben.
Und eben auch aus menschlichen nicht: Wo du lebst, wo du herkommst, ist der
Mittelpunkt, Anfang und Ende. Für uns ist hier das Ende, für die Gastgeberin
der Anfang. Und das scheint mir gut so.
Der längste Ortsname
Hinter Porangahau kommen wir am
Berg vorbei, der zwar mit seiner Höhe von 305 Metern
nicht beeindruckend kann, dafür
mit seinem Namen. Er heisst „Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimanungahoronukupokaiwhenua
kitanatahu“, was so viel heisst wie
„Der-Häuptling-und-Krieger-Tamatea-beweint-hier-jeden-Morgen-seinen-Bruder-der-im-Krieg-den-Tamatea-mit-den
Nagati-Hina-angezettelt-hatte-unkam-und-er-spielt-für-ihn-auf-der-Flöte“. (Da
könnten doch auch beispielsweise Mosang ins Guiness Buch der Rekorde kommen.
Sie müssten einfach die Iddaburg etwas umbenennen, in etwa so: „BurgplatzaufdemderGrafvonToggenburgdieheiligeIddaausdemFensterinsMurgtobelgewor
fenhatalsermeintesiehätteihnbetrogenworaufsievoneinemEngelwunderbarerweiseaufgefan
genundsogerettetwurdeunddannjedenMorgenvoneinemHirschmitKerzenaufdemGeweihzur
MesseindieKlosterkircheFischingengeführtwurdebissiestarb“. Da würden die Maori aber Bauklötze staunen. Und die Iddaburg ist mit fast 1000 Metern erst noch viel höher!
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genundsogerettetwurdeunddannjedenMorgenvoneinemHirschmitKerzenaufdemGeweihzur
MesseindieKlosterkircheFischingengeführtwurdebissiestarb“. Da würden die Maori aber Bauklötze staunen. Und die Iddaburg ist mit fast 1000 Metern erst noch viel höher!
Weideland
Hinter der Küste des Südostens
breiten sich auf dem ruppigen Hügelland grosse Weiden aus. Aecker sind selten.
Hier ist das Land der Kühe und vor allem der Schafe. Die satt grünen Wiesen
sind weiss gesprenkelt, die Schafe haben jetzt Junge und es sind schöne Bilder.
Die Tiere sind scheu, wenn wir anhalten oder ihnen auf einem Spaziergang in den Weiden begegnen, rennen sie davon. Oft verirren sie sich auf den Nebenstrassen, deren kurviges auf und ab wir hier befahren, ausserhalb der Zäune, und sie sind dann ganz aufgeregt, wenn wir an ihnen vorbeifahren.
Die Tiere sind scheu, wenn wir anhalten oder ihnen auf einem Spaziergang in den Weiden begegnen, rennen sie davon. Oft verirren sie sich auf den Nebenstrassen, deren kurviges auf und ab wir hier befahren, ausserhalb der Zäune, und sie sind dann ganz aufgeregt, wenn wir an ihnen vorbeifahren.
Die Rinder sind da ruhiger. Es
gibt entweder Muttertierhaltung oder Munimast. Gemolken scheint wenig zu
werden. Meist sind es schwarze Angus oder braunweisse Hereford, ähnlich den
Simmentalern. Die Herden sind auch hier oft riesig gross, mehrere Hundert
Stück.
Auch dort, wo das Land eben
ist, sind Felder selten. In den von den Westwinden durch Gebirgszüge
geschützten flachen Mulden des Süsdostens wird Wein angebaut, vor allem rund um
Matheson und Martinborough. Hier wachsen feine Weisse und Pinot Noirs.
In
Martinborough übernachten wir im bisher schönsten Motel: Eine gut und
geschmackvoll eingerichtete Einzimmerwohnung mit Küche, Sprudelbad, Stereo- und
Videoanlage (mit CDs und DVDs) usw. Dazu ein schöner Garten, in dem wir das
endlich etwas wärmere Wetter geniessen. Es wird dann schon wieder kalt (und das
wurde es!).
Haloween in Martinborough
Seehunde
An der Südostecke der Südinsel,
am Cape Palliser, beobachten wir eine Seehundkolonie von ganz nah. Die Tiere
sonnen sich oder sie lassen sich in der starken Brandung treiben. Wenn wir
näher kommen, beäugen sie uns, wie wir sie, und wenn es ihnen zu bunt wird,
geben sie etwas ungehalten Laut und verdrücken sich ins Wasser. Ihr schönes
Fell glänzt im Sonnenlicht.
In die Hauptstadt
Dann geht es über einen respektablen
Pass in Richtung der Hauptstadt Wellington. Er ist zwar nur 550 Meter hoch,
kommt aber auch hier halt von Meereshöhe. An den Bergflanken blüht es, der
Frühling ist deutlich zu sehen. Zu spüren ist er dann in Wellington weniger,
der Wind ist wieder einmal saukalt.
Aber die Stadt gefällt uns. Sie
liegt an einer von den Wellen – nicht vom Wind! – geschützten Meeresbucht,
umgeben von Hügeln, die heute überbaut sind. Wellington rühmt sich, die Stadt
mit der besten Lebensqualität auf der Welt zu sein. Das können wir nicht
beurteilen, aber sie macht einen sehr guten Eindruck, mit schönen Strassen,
Plätzen, Gebäuden, mit einer feinen Umgebung und vielen Freizeitmöglichkeiten
in unmittelbarer Nähe.
Ein Museum – ein Tag
Das Te Papa-Museum, das
Nationalmuseum Neuseelands, ist unsere Rettung. Als wir aus dem Hotel kommen,
bläst ein richtiger Sturmwind, der uns in seiner Kälte und Heftigkeit den Atem
nimmt. Die Fahrt mit der Standseilbahn auf einen nahe gelegenen Hügel mit
anschliessendem Spaziergang durch den botanischen Garten wird vom Programm
gestrichen, wir besuchen das Museum.
Und so wie das Museum in
Auckland schlecht gestaltet war, so ist dieses gut. Abwechslungsreich, immer
wieder interaktiv zum Knöpfe drücken und Filme anlassen, mit vielen verschiedenen
Themen, oft witzig, meist eindrücklich. Abteilungen über Erdbeben (in einem
Zimmer wurden wir richtig geschüttelt) und Vulkane, über die Ureinwohner, deren
Herkunft, Geschichte und Kultur, deren Kampf um die Anerkennung des Vertrags
von 1840, der ihnen alle Landrechte gab, die ihnen dann wieder genommen wurden,
über die Einwanderer und deren Schicksale, über Alltag und Freizeit, über den
(meist brutalen) Umgang der Menschen mit der Natur usw. usf.
Wir waren von 10 bis halb sechs
im Museum, zweimal haben wir in der schönen Cafeteria Tee/Kaffee getrunken und
uns ausgeruht. Es war uns nie langweilig, und am Schluss hatten wir noch zu
wenig Zeit. Dieses Museum darf der Tourist hier nicht verpassen.
Am Abend waren wir noch in
einem Kleintheater. Auch wenn die Schauspieler gut waren, so hat das Stück das,
was es ankündigte, nicht gehalten: Junge Neuseeländer 1974 in Peking, in Maos
China. Wir waren aus biografischen Gegebenheiten gespannt. Aber es war dann bei
aller Nachsicht doch zu dünn.
Nach Süden
Morgen fahren wir mit der Fähre
auf die Südinsel, also ins Kalte, hier unten. Davon haben wir heute nochmals
einen guten Schluck genommen. Es brauchte richtig Uebewindung, um aus dem
Motel zu gehen. Regen und Sturm. Wir
sind also nochmals ins Museum gegangen, ins Museum of Wellington, das die
Geschichte der Stadt dokumentiert. Auch hier wieder ein gutes Beispiel von
Museumspädagogik. Interaktiv, kurzweilig. Der Film über den Schiffbruch der
Fähre Wahine von 1968 im Hafen vor der Stadt war eindrücklich.
Dann haben wir uns in ein
Restaurant am Queens Wharf verdrückt und einige Stunden mit guter Wein- und
Speisekarte verbracht.
3.11.2012 / JB.
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