Tropenmetropole / Die
Stadt geniessen / Blütenpracht / Sich vermischende Wasser – oder: ein Vorurteil
weniger / Planungen / Hängematte am Ellis Beach / In den Daintree / Crocs in
allen Grössen / Dschungel, Dschungel, Dschungel / Strände vom feinsten / Doch
Bergziege? / Ein gutes Projekt / Nächtliche Untiere / Laura / Wo Captain Cook
sein Schiff flickte /Wieder Willie / Willie bringt den Busch zum Leben / Geburt in der Höhle / Das Harz des Blutbaums heilt / Noah’s Beach zum zweiten /
Makrele / Bergbahn und Sesseli-Lift / Rückfahrttermine festgelegt: Ihr könnt am
roten Teppich stricken
Tropenmetropole
Cairns ist mit rund 150'000 Einwohnern die Metropole des tropischen
Nordostens. Wir haben hier vielmehr den Eindruck, in den Tropen zu leben, als
in Darwin, das ein ganzes Stück nördlicher liegt. Cairns liegt an einer grossen
Bucht – der Trinity Bay und dem dahinter liegenden, vom Fluss gleichen Namens
gebildeten Trinity Inlet mit dem Hafen.
Cairns hat alles, was eine Stadt braucht, auch wenn das Zentrum nicht
allzu gross ist. Die Esplanade entlang der Bay hat aber Flair, lädt zum
Flanieren und Einkehren ein. Hier wird auch klar, dass die Stadt eines der
grossen Touristenzentren des Landes ist. (Später sehen wir, wie viele Jets
jeden Abend einfliegen mit ihrer Ladung ausländischer Besucher.)
Die Stadt geniessen
Unser Campingplatz ist, wie gewöhnlich, etwas ausserhalb, aber er hat
eine gute Busverbindung ins Zentrum. Wir geniessen es, nach so viel
siedlungsmässigem Nichts der letzten Monate, wieder einmal in einer grösseren
Stadt zu sein. Wir schlendern durch die Strassen und die grossen
Einkaufszentren, schauen in Geschäfte und Galerien. Und wir essen wieder einmal
im Restaurant. Einmal vornehm, Fisch, ausgezeichnet, und einmal indisch,
ebenfalls sehr gut. Und das auf gedeckten Terrassen, halb im Freien.
Davor nehmen wir ein, zwei, drei Apéros an der Abendsonne, sei das in einer de Bars, die rund um den Marinablock angeordnet sind, zusammen mit den Restaurants.
Oder sei das in einer Bar im Hafen, wo ich im Pissoir eine sensationelle Aussicht auf die Jachten habe. Der Ausblick erinnert mich in seiner Einmaligkeit an die WC-Anlagen auf der Parsenn in Klosters-Davos, wo du beim Händewaschen das ganze Bündner Panorama vor dir ausgebreitet hast. Hier ist es insofern noch besser, als die Aussicht bei dem dieser Anlage entsprechenden Geschäft direkt vor deinen Augen liegt.
Blütenpracht
Wir besuchen den botanischen Garten, und dieser Besuch lohnt sich. Er
hat eine grosse Sammlung blühender Pflanzen aus aller Welt. Weil wir mit dem
Bus kommen und noch etwas zu Fuss gehen müssen, nähern wir uns dem Eingang
durch eine hinunter zum Fluss gelegene Zone mit tropischem Dschungel. Wie es da
wächst und wuchert. Papierrinden-Bäume (Paperbark Tree) mit ihrer Rinde, die
sich wirklich wie Reispapier abziehen lässt, Lianen und andere Schlinggewächse,
Farne und Palmen, Orchideen (nicht blühend zur Zeit) und andere Parasiten. Und
bereits hier ist plötzlich ein Baum zu sehen, der oben in der Krone voll mit Girlanden
von leuchtend roten Blüten ist.
Im eigentlichen Park selbst ist dann die Blütenpracht überwältigend. In
allen Farben und Formen, gross, klein, leuchtend, bescheiden, Bäume und Büsche,
Blüten am Stamm oder auf Stengeln. Nicht zu beschreiben.
Dem Garten angegliedert ist eine Kulturinstitution in alten grossen
Wassertanks, The Tanks.
In einem Tank ist eine Ausstellung mit Drucken: Lithos, Holzschnitte,
Stiche usw. Hier sehen wir zum ersten Mal in Australien eine gewisse
gegenseitige Befruchtung der Kunst der Ureinwohner und der des Westens. Die
Bilder der Aborigines sind klar auf der Basis ihrer alten Kultur, aber eben
weiterentwickelt, nicht einfach Mainstream für den Verkauf ins traute Heim. Und
die Bilder der Weissen haben Elemente der alten Bildsprache der Ureinwohner
aufgenommen. Und dann gibt es auch Gemeinschaftsarbeiten von Aborigines und Weissen.
Das ist das, was uns bisher gefehlt hat, und es tut gut, wenn ich so
eines meiner in früheren Texten geäusserten Urteile – es gebe eben keine
gegenseitige Befruchtung – korrigieren kann. Aber hier scheint sich etwas
wirklich „Australisches“ anzubahnen, im internationalen Rahmen zwar, das ist
unvermeidlich, aber eben etwas Neues. Die Wasser vermischen sich (vgl. Blogspot
3-14)
Planungen
In Cairns machen wir zwei Planungen: Zuerst für die Zeit mit Marianne
und Heiri, dann für uns und die Zeit nach Australien, die nun doch langsam aber
sicher näher rückt.
Mit den Freunden wollen wir einen Ausflug ins Barrier Reef machen, und
wir buchen: http://www.quicksilver-cruises.com/wavepiercer.htm.
Es sieht gut aus, und wenn das Wetter mitmacht…. Im Süden vor Brisbaine gehen
wir dann noch auf Fraser Island, die grösste Sandinsel der Welt, und wir wollen
Wale sehen, wenn sie da sind.
Für uns sind es zwei Dinge, die wir tun müssen. Zum einen den Verkauf
von Jeb vorbereiten, dann die Flüge für die Weiterfahrt und Heimreise
organisieren. Was das Wohnmobil betrifft, so haben wir die Einladung des
Verkäufers und eines weiteren Händlers, ein Angebot einzuholen, wenn wir im
Oktober wieder in Melbourne sind. Aber wir wollen es auch direkt versuchen,
über die Website Gum Tree, auf der alles angeboten wird, was vorstellbar ist,
also auch Mobile Homes. Und die scheint zu funktionieren.
Dafür muss ich noch schöne Bilder haben, und damit es nach etwas
aussieht, muss das Auto gewaschen sein. Gestern gemacht. Es glänzt wieder ganz
schön.
Was die nächsten Etappen und die Rückreise betrifft, machen wir uns ein
erstes Mal schlau in einem auf Flüge spezialisierten Reisebüro. Daraus ergibt
sich folgender Plan: Wenn das Auto verkauft ist, sicher aber vor dem 7.11.
(Visum läuft ab), gehen wir nach Neuseeland. Dort bleiben wir bis ca. 10.12.,
nicht länger, denn wir wollen die Weihnachts-Neujahrszeit vermeiden: alle
Australier sind dort!
Die nächste Etappe ist Französich-Polynesien mit Tahiti, Marquesas usw.
bis ca. Mitte Januar. Dann Hawaii für etwa zwei Wochen. Und dann noch eine oder
zwei Wochen in Phoenix in Arizona/USA im Haus von Elos Cousine. Die Rückkehr wird also etwa im Februar sein. Die
exakten Daten werden wir in der Zeit vor der Ankunft von Marianne und Heiri
festlegen, wenn wir nochmals einige Tage in Cairns sind und die Flüge buchen.
Hängematte am Ellis Beach
Anfangs September werden Marianne und Heiri kommen und 14 Tage mit uns
reisen, im eigenen Motorhome. Bis dahin wollen wir den Norden von Cairns
erkunden, nicht hoch bis ans Cape Yorke, den nördlichsten Teil des Festlands,
denn das geht nur über missliche Naturstrassen und soll auch nicht so extra
sein. Aber wenigstens in den Daintree National Park und bis Cooktown. Und wir
wollen am Meer sein.
Zuerst fahren wir wenige Kilometer bis Ellis Beach. Unterwegs sehen wir
uns Schluchten und Wasserfälle an. In einer Schlucht ist ein Kraftwerk, und im
Informationszentrum sehen wir einen Film, wie der Fluss, der jetzt fast trocken
ist, bei Hochwasser daherkommt. Gewaltig.
Der Campingplatz von Ellis Beach ist etwas eng, hinten die Strasse, aber nach vorn! Direkt am Meer und endlich an einem Sandstrand, wie wir ihn lieben: Keine hohen Wellen, Palmen, keine Krokodile, Haie oder Feuerquallen, recht angenehme Wassertemperatur. Wir nehmen Stühle und Hängematten und richten uns ein. Auf dem Rückweg wollen wir nochmals dahin, und auch mit Marianne und Heiri ist ein voller Badetag eingeplant.
In den Daintree
Zuerst rekognoszieren wir Port Douglas, von wo aus wir die Fahrt ans
Riff machen werden. Wir reservieren auch schon mal den Campingplatz. Die
Strasse geht mit vielen Kurven direkt am Meer entlang, Sandstrände,
Kiesstrände. Port Douglas ist ein sehr angenehmer Ferienort, mit Hafen und
Kleinstadt. Wir werden dort nochmals hingehen, wenn wir von Norden kommen und
etwas wie Ferien machen.
Nördlich von Port Douglas ist der Daintree National Park, ein
Nationalpark mit tropischem Regenwald und der entsprechenden Fauna. Die Fahrt
geht durch Zuckerrohrplantagen und immer wieder über die Geleise von
Kleinbahnen, die das abgeerntete Rohr möglichst schnell in die Raffinerien
bringt. Das ist nötig, denn die Pflanzen verlieren sonst den Zuckergehalt sehr
schnell.
Wir schalten kurz davor am Wanga Beach zwei Tage ein, in einem
parkartigen Campingplatz am Meer, leider mit Krokodilwarnung, aber einem
schönen Strand zum wandern.
Crocs in allen Grössen
Der Zugang zum Park ist eine Fähre über den Daintree River. Vor der
Fähre werden Flussfahrten angeboten. Wir buchen eine mit einem Solarboot. Der
Fluss ist hier Gezeitengebiet, der Tidehub beträgt 3 Meter! Wir fahren bei abfliessendem
Wasser eine gute Stunde. Wir sehen einige wenige Vögel, darunter sehr schöne
Exemplare von Eisvögeln.
Aber dafür viele, sehr viele Salzwasserkrokodile, die auch im Süsswasser leben können, aber das Brackwasser von Flüssen mit Gezeiteneinfluss lieben. Das grösste, ein Männchen, ist viereinhalb Meter lang und 450 Kilo schwer, die kleinsten sind Handgross und erst sechs Monate alt. Diese liegen nebeneinander, übereinander, auf Aesten mit dem Hinterfuss auf dem Rücken wie ein Schwan. Sie sind noch sehr gefährdet, denn nur 1% erreicht das geschlechtsreife Alter. Bei einem Gelege von rund 50 Eiern ist das nicht einmal eines.
Dschungel, Dschungel, Dschungel
Wir wandern verschiedene Rundwege im tropischen Dschungel ab und
besuchen auch das Daintree Discovery Center. Auf den Rundwegen sind wir einmal
mehr beeindruckt vom Pflanzenreichtum und der Ueppigkeit der Vegetation, im
Discovery Centre wird uns dann alles noch im Detail erklärt: Wie Palmenarten
auf Bäume klettern, um oben vom Licht zu profitieren, wie die Tiere und
Pflanzen miteinander harmonieren, und wie die Aborigines diese Pflanzen- und
Tierwelt genutzt haben.
Der Regenwald geht bis ans Meer, dementsprechend sind die Campingplätze auch mitten im Wald. Auf einem sehe ich nachts ein Bandincoot, eine Art Buschratte, sehr niedlich, aufrecht gehend.
Am Morgen, bevor wir einen Dschungelspaziergang machen, schauen wir zu, wie der Zeltplatzchef sein grosses Krokodil füttert, und wie dann die Kinder die Kängurus streicheln und füttern dürfen. Hier sehe ich auch zum ersten Mal bewusst ein Rotes Känguru, ein Exemplar der grössten Art dieser Gattung Tier.
Auch tropische Rebhühner laufen uns über den Weg, und Vögel. die wir
sonst nirgends gesehen haben. Aber der berühmteste, der Cassowary, ein sehr
grosser, dem Emu ähnelnder flugunfähiger Vogel, der, wenn er erschreckt wird,
den Menschen mit seinen Klauen tödlich verletzen kann. Aber der Cassowary versteckt
sich vor uns.
Strände vom feinsten
Und hier sehen wir auch die bisher schönsten Strände. Feiner, fester
Sand, auf dem wir wunderbar laufen können, menschenleer.
Ein Buschcamping (mit
Toilette, aber ohne Strom usw.) liegt mitten im Dschungel am Noah's Beach. Wir
sind 50 Meter vom Strand, aber unter einem Dach von tropischen Bäumen, wie in
einem Märchenwald.
Wenn wir vom im gleissenden Licht liegenden Strand ins
Halbdunkel des dahinter liegenden tropischen Regenwalds treten ist es ein
Gefühl wie wenn du vom blendenden Platz einer Adriastadt in eine der grossen
romanischen Basiliken oder in Andalusien in eine der maurischen Moscheen trittst – sakral.
Traumhaft, auch wenn es heute immer wieder mal regnet. Es ist komisch,
nach vier Monaten schönem Wetter. Ich muss den Scheibenwischer zuerst wieder
suchen! Wir spazieren den Strand rauf und runter, dann holen wir die Stühle und
lesen – bis uns der nächste Schauer in den Jeb vertreibt.
Wo Captian Cooks Probleme begannen
Cape Tribulation ist nach einem Logbucheintrag von James Cook aus dem
Jahr 1770 benannt. Cook, der mit der Endeavour die Welt umsegelte und nach
Tahiti und Neuseeland (da wollen wir noch hin) die Australische Ostküste (da
sind wir) erkundete, lief hier auf das Great Barrier Reef auf und musste sein
Schiff reparieren. Er benannte das Kap, vor dem er auflief, Cape Tribulation,
da hier all seine Schwierigkeiten begannen („as here began our Troubles“, wie
es im Logbuch heisst, das ich gerade lese).
In Cooktown (unser nächstes Ziel) hat er dann das Schiff auf den Strand
auflaufen lassen und repariert, bevor er mit grösster Mühe wieder aus dem Riff
auslief – nur um handkehrum wieder hinter das Riff zu fahren, da das Schiff
erneut in Gefahr war.
Am Cape machen wir grössere Strandwanderungen mit Einkehrmöglichkeiten
in netten Bistros (sie heissen so und sind gemütliche Restaurants inmitten des
Dschungels an der Küste). Am Strand spazieren wir unter riesigen Bäumen mit
Wurzeln, die sich mit vielen Fingern in den Sand eingraben, oder durch
Mangroven.
Hier ist es sehr touristisch, denn zu einem Aufenthalt in Cairns gehört
mindestens ein Tagesausflug ans Cap durch den Daintree National Park. Wir haben
hier, zum ersten Mal, viele Schweizer und Deutsche Mittouristen. Im Outback,
sieht man vom Ayers Rock ab, waren wir meist die einzigen Ausländer unter den
Australiern.
Den Apéro geniessen wir auf unseren Stühlen und schauen der Flut zu,
wie sie, erstaunlich schnell, das flache Watt überspült.
Doch Bergziege?
Bevor wir den Park nach vier Tagen wieder verlassen, erklettern wir noch
die Felsen am Cap Tribulation selbst. Wir müssen über Felsen, und es geht auf
allen Vieren. Elo straft ihre Aussage vom Kings Canyon, sie sei doch keine
Bergziege, Lügen und klettert munter rauf und runter.
Die versprochenen Wale, Delphine und Schildkröten sehen wir zwar nicht, aber der Blick auf die Küste ist einmalig schön.
Ein gutes Projekt
Auf der Fahrt nach
Cooktown im Norden müssen wir erst nach Süden und dann nach Westen um eine
Bergkette herum, denn die direkte Strecke ist nichts für Jeb. Sehr rau. Wir
übernachten nach dem Verlassen des Parks in Daintree Village, das nett ist,
aber nur einen Platz mit zwei Restaurants und einem Laden hat. Dafür ist die
Stimmung am Fluss am Abend umso schöner. Die Kühe weiden am andern Ufer, schöne
Bäume glühen im Abendlicht, ein Schwarm kleiner weisser Reiher nach dem anderen
fliegt über unsere Köpfe.
In Mossmann besuchen
wir die Mossman Gorge. Das Besucherzentrum und die Wanderwege durch die
Schlucht werden von Aborigines betrieben. Das Zentrum ist ganz neu und gute
Architektur. Es hat auch eine Gemäldegalerie mit sehr guten Werken. Und hier
muss ich ein weiteres Urteil über die Kultur der Aborigines korrigieren: Ich
sehe Beispiele von Steinwerkzeug, das durchaus den Artefakten unserer
Jungsteinzeit entspricht: klein, fein, scharf, gut gearbeitet. Also waren sie
doch weiter, als ich gedacht habe.
Die Schlucht wird
durch einen Shuttle-Bus erschlossen, der alle 15 Minuten fährt. Dann geht es
zuerst über breite Laufstege in den Regenwald, und dann auf fast romantischen
Wegen an Baumriesen vorbei, zwischen kleinen Bächen und Flüssen mit grobem
Flusskies. Einige Partien erinnern uns mit ihren Tobeln an den Hinterthurgau,
die Gegend, in der das Mittelland in die Voralpen übergeht. Aber im tropischen
Dschungel mit seiner üppigen Vegetation.
Das ganze Projekt Mossmann
Gorge macht uns einen sehr guten Eindruck.
Nächtliche Untiere
Die nächsten Nächte
sind wir in Mount Molloy, einem Kaff im Tafelland, das wir über einen
veritablen Pass erreichen: 10 Kilometer nur Rank, kein grades Stück. Mt Molloy
wurde nach einem Mann benannt, der hier vor rund 140 Jahren Kupfer entdeckte.
Heute gibt es ein Hotel (1905 gegründet) zwei Cafés (eins geführt von Herrn
Barmettler aus Luzern, der kaum noch Schweizerdeutsch kann, und seiner Gattin
aus Baja California in Mexico), eine Beiz, eine Post, eine Polizeistation, eine
Ruine einer Dampfmaschine (die einst ein Sägewerk antrieb) und einen Laden mit
sehr gutem Kunsthandwerk und selbst hergestelltem Opalschmuck.
Wir campieren am
Fluss, der ausreichend Holz für das Grillieren und ein am kühlen Abend
notwendiges Lagerfeuer liefert. Das Holz muss ich durch die Lianen des
Dschungels durchschleppen, nicht immer ganz einfach. Meine uralten Jeans, die
ich mit dem Schweizerkreuz geflickt habe, gehen dabei endgültig drauf.
Und auch hier, wie schon
in Daintree Village, wird Elo durch Tiere belästigt. In Daintree hat sie
plötzlich einen Schrei losgelassen, wie ich ihn von ihr noch nicht gehört habe.
Und das wegen einer kleinen, niedlichen Ratte, die unter unserem Wohnwagen
hervorkam und am Tisch vorbeilief. Sie hat das Fahrzeug in dieser Nacht nicht
mehr verlassen. Hier war es ein Oppossum oder so was ähnliches, aber ich denke,
sie glaubt mir heute noch nicht, dass das Biest keinen langen Schwanz gehabt
hat.
Aber es gefällt uns
hier, wir bleiben eine zweite Nacht.
Ein Campnachbar
erzählt uns so nebenbei, dass er von Westen kommend nach Alice Springs im
Zentrum des Kontinents in 10 Tagen 1660 Kilometer raue Sand- und Steinpiste
gefahren ist. Und dabei hat er eine Woche lang kein einziges Auto angetroffen! Das
ist dann mehr als Outback, das ist das reine Nichts, Nothing.
Laura
Bevor wir nach
Cooktown kommen, machen wir noch einen Abstecher nach Westen, weiter ins
Landesinnere, nach Laura.
Dort gibt es am Split Rock sehr schöne
Felszeichnungen der Aborigines. Wir müssen sie in rechter Hitze erwandern, denn
sie sind in den Klippen weit oberhalb der Strasse. Es lohnt sich, sie sind
schön. Weniger schön ist die WC-Anlage. Auch hier ist es ein Projekt der
Aborigines, aber genau das Gegenteil von Mossmann: So eine Sauerei haben wir in
ganz Australien nicht angetroffen. Und dann nehmen sie noch 5$ Eintritt, den
sie als Honesty Donation (Ehrlichkeitsspende) einfordern. Wir waren ehrlich und
hatten leider vorab schon bezahlt.
Laura ist nach der
Gemahlin eines ehemaligen Goldmineninspektors benannt. Denn hier in der Gegend
des Palmer Rivers fand ca. 1880 der grösste Goldrausch statt, zumindest für
Gold, das aus dem Fluss gewaschen werden konnte. Viele Chinesen kamen hierher,
und es gab Siedlungen, in denen es 3 Weisse und 1200 Chinesen gab. Die Weissen
werden Polizist, Bänkler und Pfarrer gewesen sein. Da war was los, denke ich.
Und verglichen mit
Laura ist Daintree Village (s.o.) eine Grossstadt. Nur ein Hotel, eine Post und
ein Polizeiposten. Aber der Campground ist schön, die Nacht ist lau und warm,
die Wallabys wuseln herum, der Sternenhimmel ist prächtig.
Mal sehen, ob wir
morgen nach Cooktown kommen, auf dem Weg sind wir ja.
Wo Captain Cook
sein Schiff flickte
Cooktown – wir sind da, und es
ist eine nette Stadt. Geruhsam, wie meist auf dem Land hier, weitläufig, wie
alles. Wir gehen vom Campingplatz zu Fuss in die Stadt, es ist schwül und die
Sonne sticht, wenn sie durch die vielen, tief hängenden Wolken dringt. Bis wir
zurück sind, sind wir etwas geschafft.
Auch den Friedhof besichtigen wir. Da sind die alten irischen Einwohner begraben und heute auch Aborigines. Nur die Chinesen und die Juden mussten sich abseits einen Platz suchen.
Cooktown wurde als Versorgungshafen für den Goldrausch von Palmer (s.o.) gegründet, und war mal der grösste Hafen von Queensland. Mit einer Eisenbahn ins Goldfeld, zuerst mit Dampf, dann mit Automotor. Da war Geld in der Stadt, alte Prunkgebäude und Hotels zeugen davon.
Die Post ist noch erhalten, über 130 Jahre alt, was hier viel heisst.
Dann ging es
zwischenzeitlich ganz schön runter, und als nach dem II. Weltkrieg noch ein
Sturm durch die Stadt fegte und viele Gebäude niederlegte, war mit etwa 300
Einwohnern ein Tiefpunkt erreicht.
Heute hat die Stadt
wieder rund 2000 Einwohner, was hier etwas heisst. Diese leben von Verwaltung
und Tourismus, denn von hier aus fahren diejenigen, die Dreckstrassen lieben, fast
800 Kilometer hinauf nach Cape York, dem nördlichsten Punkt des australischen
Festlandes.
Vor fünf Jahren, als
Elo auf einer Journalistenreise zwei Wochen in Queensland war, machte sie eine
Exkursion mit einem Lehrer der Aborigines zu den Kultplätzen seines Clans. Ein
Clan, das sind etwa 100 bis 200 Menschen gewesen. Die Definition des Clans war
so, dass die Mädchen nicht innerhalb der Gemeinschaft heiraten durften, um
Degenerationen zu vermeiden.
Die Sprachgemeinschaft
umfasste etwa 50 Clans oder 5000 bis 10'000 Menschen, hier mit einem
Territorium von etwa 4000 bis 5000 Quadratkilometern entlang der Ostküste des
Kap York. Die Nachbarvölker hatten eine völlig unterschiedliche Sprache. Heute
haben die Nugall-warra ein Territorium von 1000 Quadratkilometern, das ihnen
aber nicht gehört, sondern nur vom Staat geliehen ist.
Willie (er heisst
Wilfried, denn er wurde in einer deutschen Missionsgemeinschaft geboren) hat
mit Judy, einer Partnerin, ein kleines Unternehmen (www.guurribtours.com) und ist heute
weit herum bekannt. Elo hat damals so
begeistert von dem Ausflug mit Willie erzählt, dass ich da unbedingt hin
wollte. Und es hat sich gelohnt. Willie ist beeindruckend, die Landschaft ist schön,
und die Orte sind voller Magie.
Elo hat am 24. Februar
2007 im Tagblatt einen Artikel veröffentlicht. Dieser sagt auch für heute alles,
daher folgt er hier:
Willie bringt den Busch zum Leben
Auf einer Aborigine-Tour im Norden von Queensland
………..
………..
Geburt in der Höhle
Hier [bei Cooktown] ist auch das Land der Aborigines. Sie können schon seit Jahrzehnten nicht mehr wie ihre Vorfahren leben, viele haben Probleme mit der Integration in die weisse Gesellschaft. Aber sie bemühen sich um den Erhalt ihrer Traditionen.
Hier [bei Cooktown] ist auch das Land der Aborigines. Sie können schon seit Jahrzehnten nicht mehr wie ihre Vorfahren leben, viele haben Probleme mit der Integration in die weisse Gesellschaft. Aber sie bemühen sich um den Erhalt ihrer Traditionen.
Wie Willie Gordon. Er ist ausgebildeter Ingenieur und zugleich traditioneller Geschichtenerzähler des Nugal-Warra Clans. Der Stammesälteste führt uns in den Busch zwischen Cooktown und Hope Vale, in die Hügel und Höhlen, wo seine Vorfahren lebten. Willie bringt den Busch zum Leben.
Er zeigt uns den Geburtsplatz, versteckt zwischen
Felsen, wo auch die Schwester seines Vaters geboren wurde. Das war in den
30er-Jahren. Hier im Wald hat sein Grossvater, wie es die Tradition verlangt,
die Nachgeburt vergraben, um dem Kind seine Identität zu geben. Seinen Vater
hat der heute 49-jährige Willie als Knabe im Wald auf der Jagd begleitet.
Mutter mit Kind an der Nabelschnur
Willie kennt den Busch wie seine Hosentasche. Er
streift ein wenig vom Harz des Blutbaums ab und zerreibt es in den Händen.
Zunächst erscheinen Kristalle wie Rubine, dann wird daraus ein rosarotes
Pulver, das er mit ein wenig Wasser vermischt. «Damit kann man Wunden
desinfizieren», sagt Willie. Die trocknende Masse wird klebrig. «Das schützt
die Wunde. Legt man noch ein Eukalyptusblatt darauf, wirkt dessen Öl beruhigend
und heilend», erklärt der Aborigine.
Die Pflanzen des Buschs oder des Regenwaldes
lieferten Nahrung, Medizin und Material für Kleidung, Unterkunft und
Gebrauchsgegenstände. In den Höhlen fanden die Aborigines Schutz vor der Unbill
der Natur. In der «Great Emu Cave» und in der «Rainbow Serpent Cave» sind die
Wände mit Malereien in tiefem Rotbraun verziert. Sie erzählen Geschichten von Menschen
und Tieren, von Wut und Versöhnung, vom täglichen Leben, von Geburt und Tod.
«Heute zählen Überlebensart und Geist nichts mehr»,
sagt Willie und malt zwei S für «survival» und «spirit» in den Sand. «Heute
zählt nur noch das Geld», fügt er hinzu und malt ein S mit zwei Längsstrichen
in den Sand – das Zeichen für Dollar. (eb)
(Noch eine Ergänzung am 24.8.2012: Der Clan, dem
die Vorfahren Willies angehörten, war nicht hierarchisch gegliedert, es gab
keine „Aeltesten“ oder Chiefs. Es war eine segmentäre Gesellschaft, wie wir es
bei unserem akademischen Lehrer Christian Sigrist gelernt haben. Erst als der
Clan es im Kontakt mit Weissen notwendig fand, Ansprechpartner und Sprecher zu
haben, wurde unter den Lehrern, den angesehensten Mitgliedern des Clans, ein „König“
gewählt. Die egalitäre, urdemokratische Struktur wurde aufgebrochen.)
Noah's Beach zum
zweiten
Nach Cairns fahren wir
die gleiche Strecke zurück, die wir gekommen sind. Zuerst gibt es nochmals ein
Abendfeuer auf dem Platz in Mt Molloy, und dann geht es nochmals über die Fähre
in den Daintree Park.
Wir übernachten
zweimal auf dem Dschungelplatz am Noah's Beach, wo wir den Strand wieder fast für
uns allein haben. Bei einer Flasche Weissem schauen wir der hereinkommenden
Flut zu, bis sie an unseren Füssen nippt. Am Horizont kreuzen Frachter, über
uns gleitet ein Adler, dunkler Körper, weisser Kopf.
Als ich heute Mittag
weiter oben am Strand im Schatten sass, raschelte es. Ein mittelgrosser Leguan
– etwa ein Meter lang – suchte sich seinen Weg. Ich wollte ihn fotografieren,
er verschwand. Dann kam er wieder, ich war still, und er ging praktisch unter
meinem Stuhl hindurch seines Wegs.
Makrele
Dann schalten wir noch
zwei Tage in Port Douglas ein. Hier mieten wir Velos, und es ist ein schönes
Gefühl, nach so langer Zeit wieder im Sattel sitzen zu können. Das Sitzfleisch
allerdings ist etwas ausser Uebung und schmerzt ganz schön. Aber wir kommen
etwas herum, denn auch hier ist alles eher weitläufig, wie es sich eben für
Australien gehört.
Hier leiste ich mir
nochmals einen Fischausflug auf das offene Meer. Auf dem Boot sind acht
Fischergenossen, und wir werden an verschiedene Plätze auf dem offenen Meer
gefahren. Ausserhalb des Great Barrier Reefs ist der Seegang durchaus spürbar
und das Gleichgewichtsvermögen gefordert. Ich ziehe eine schöne Makrele an
Bord, rund einen Meter lang. Davon schneidet mir ein anderer Fischer ein Stück
ab, das zwei Portionen gibt. Den Rest nimmt er, denn er verschenkt seinen Fang
jeweils an alte Männer hier in der Stadt, die nicht mehr fischen können, aber
gern Fisch essen.
Wir grillen eine
Hälfte am Abend. Ausgezeichnet!
Bergbahn und
Sesseli-LiftKurz vor Cairns machen wir einen Ausflug nach Kuranda, hoch auf die 300 M ü M gelegene Kante des Tabellands mit einer Schmalspurbahn, runter mit einem Sesselilift. Die Bahn überwindet die Steigung ohne Zahnrad und ist eine technische Meisterleistung. Sie wurde 1886 bis 1891 zur Zeit des Goldrausches am Palmer River (s.o.) gebaut mit Dynamit, Pickel und Schaufel – und vor allem Muskelkraft, Einfallsreichtum und viel Schweiss. Von den vielen Erläuterungen geblieben ist mir unter anderem, dass die Arbeiter ihr Werkzeug mitbringen mussten, wollten sie eingestellt werden.
Die Bahn führt durch
schwierigstes Gelände mit vielen Tunnels und Brücken, herausgehauen aus dem
Granit dieser Gegend. Sie bietet wunderschöne Ausblicke in die Tiefe und die
Weite, und das gewundene Trasse ermöglicht immer wieder, Kopf und Schwanz des
Zuges zu sehen.
Kuranda selbst ist
einfach ein Touristenort mit vielen
Läden (meist
Souvenirs) und Beizen. Wir machen einen knapp stündigen Dschungelspaziergang,
der uns gut gefällt. Auf diesem sehen wir eine schöne , etwa einen Meter lange
Schlange, eine Rotbäuchige Schwarzotter (Red Bellied Black Snake) aus der
Familie der Giftnattern. Sie soll „bissfaul“ sein, sagt Wikipedia. Sie war ganz
friedlich am Sonnen auf dem Teer eines Weges. Ich habe sie leider zu schnell
ins Gras vertrieben, indem ich mit einem lauten Tritt angehalten habe. So
konnten wir sie nicht so gut sehen, aber immerhin.
Eindrücklich ist dann
wieder die Fahrt ins Tal mit einer Kabinenbahn über die Bäume des Regenwalds im
sehr ruppig zum Meer abfallenden Gelände. Regenwald von oben, einmal anders.
Rückfahrttermine festgelegt: Ihr könnt am roten Teppich stricken
Hier in Cairns warten wir
nun auf Marianne und Heiri, mit denen wir bis Brisbane fahren. Sie werden ihr
eigenes Wohnmobil haben. Wir sind einige Tag hier, und die brauchen wir.
Wir haben jetzt die
Rückfahrttermine festgelegt und die Flugtickets gekauft, denn die
australienweit operierende Firma Flight Centre offeriert sehr gute Preise. Das Programm
sieht so aus( was wir in Tahiti und Hawaii tun werden, ist noch offen):
-
wann wir
nach Neuseeland fliegen, hängt vom Verkauf des Jeb ab, aber so im Laufe Oktober
-
Tahiti –
Hawaii: 13. Januar
-
Hawaii –
Phoenix/Arizona: 30./31. Januar; Ankunft 0843 Sky Harbor. US125
-
Phoenix –
Zürich: 17./18. Februar
Wir landen in Zürich am 18. Februar 2013, 1055h, Flug LX9 aus Chicago.
Ihr könnt beginnen, am roten Teppich zu stricken!
[1] Wegen der Datumsgrenze kommen wir einen Tag
früher an, als wir abfliegen. Das verstehe, wer will, mir versucht Elo das seit
Jahrzehnten erfolglos beizubringen. Irgendwie verlieren wir auf der Reise von
Westen nach Osten immer mal wieder einige Stunden, die wir nun einziehen als
ganzen Tag. Jules Verne hat das im Roman „In 80 Tagen um die Erde“ genutzt, und
sein Phileas Fogg hat so die Wette gewonnen.
2.9.2012 / JB
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