Verzögerung / Papeete /
Planungen / Endlich warm – aber nass / Mo’orea / Eine feuchte Geschichte /
Fliegen wie anno dunnemals / Flughafen im Wasser / Kuriri Village / Faulenzen /
Pfarrer / Bürgermeister / Fischer / Hochzeit / Vom Regen in die Sonne /
Weihnachten in der Südsee / Moschtkopf / PS. Weihnachtsgeschenk
Dann lesen wir. In der Gemeinschaftshalle hat
es eine gute Bibliothek über Tahiti und über die Entdeckungsreisen in der
Südsee. Ich lese eine grosse wunderschöne Faksimile-Ausgabe eines Manuskripts
von Paul Gaugin über seine Zeit hier, reich bebildert, und ich studiere die
Karten der Entdecker aus dem 18. Jahrhundert. Elo hat neben ihren Büchern noch ein
grosses Sudoku-Buch (ich kann nur die leichten). Wir haben begonnen, die
Zürizitig (NZZ) regelmässig zu lesen, wenn wir Internet haben, damit wir wieder
etwas über die Schweiz informiert sind.
In der Kirche, die man sowohl von der Strasse
als auch von der Lagune (Anlegesteg) erreichen kann, sprechen wir mit dem
Pfarrer. Die Protestanten (Anglikaner), die von England aus missioniert worden
sind, bilden die Mehrheit der Bevölkerung, es gibt auch noch Katholiken,
Mormonen und noch eine Sekte mit Kirchen (Adventisten). Der Gottesdienst ist in
tahitisch, wenn französisch und/oder englisch Sprechende da sind, wird
übersetzt, und dann, so der Pfarrer, kann die Sache schon mal zwei Stunden
dauern.
Es sind Fischer, teils im Pensionsalter. Sie fischen innerhalb und ausserhalb des Riffs, und sie verkaufen den Fisch an Pensionen und Private. Aber auch Tauschwirtschaft ist noch gang und gäbe: Fisch gegen Gemüse und Früchte, und so müssen sie dann nur noch das Brot kaufen, wie sie erzählen. Dieses wird auf der Insel gebacken, das Mehl kommt aus Frankreich, da Maniokbrot nicht mehr beliebt ist.
(Foto: Camille)
(Hier noch einige Bilder, die Valerio, ein sizilianischer Mailänder, der in der gleichen Pension wohnt, in der Kirche gemacht hat:)
Anschliessend kaufte Annemarie noch in der
Bäckerei ein, ich fotografierte die Besitzerin und ihren Sohn im
Verkaufsfenster, dem offenen Ladentisch.
Aussicht aus dem Bungalow
Wir haben an sehr schöner Lage nun für zwei Nächte ein etwas einfacheres Quartier. Aber der Regen hat aufgehört, die Sonne kommt leicht durch, der Gastgeber und seine Frau Ena sind sehr sympathisch, das Wasser ist warm, die Fische auf den Korallenstöcken, wo ich schnorchle, wirken wie in einem grossartigen Aquarium. Was macht es da aus, dass die Toilette weder Brille noch (natürlich dann) Deckel hat. Aber die Spülung läuft, das Licht brennt, ein Moskitonetz ist vorhanden. Alles palletti.
Moschtkopf
Verzögerung
Die Ankunft in Tahiti war etwas verzögert.
Ganz knapp kamen wir doch am gleichen Tag an, an dem wir abreisten, wenn auch
fast 24 Stunden früher, am Morgen um halb eins, obwohl wir doch erst am Abend
um sechs abgeflogen sind, am gleichen Tag. Der Flieger hatte in Auckland
Verzögerung. Wegen des schlechten Wetters, sagten sie uns. Wir mussten also 8
Stunden warten, eine Zeit, die wir mit Lesen und Jassen überbrückten.
So kamen wir zwar noch am gleichen Tag über
die Datumsgrenze, und ich musste den Kalender auf der Uhr einen Tag
zurückstellen, aber bis wir landeten, war es dann doch wieder der Abflugtag,
wenn auch 18 Stunden früher.
Wir wurden in der Hauptstadt von Französisch
Polynesien Papeete vom Hotelier, Beni, dem Honorarkonsul der Schweiz, abgeholt,
und ab ins Bett.
Dass wir jetzt der Zeit statt voraus hinten
nach sind verglichen mit der Schweiz, scheint nicht nur mich, sondern auch
einige unserer Leser durcheinander zu bringen. Heiri aus Zürich hat uns denn
auch prompt in der ersten Nacht um viertel vor Eins angerufen. Magenotti,
wenigstens hat die Telefonnummer funktioniert.
Papeete
Hier haben wir von Englisch auf Französisch
umgestellt. Französisch Polynesien gehört zu Frankreich, hat aber eine eigene
Währung, herausgegeben auf Papier wie der alte Franc vom Institut d’Émission
d’Outre-Mer, die zum Franken 100:1 steht.
Die Stadt Papeete ist nicht besonders, eine
Tropenstadt, mit vielen Häusern, an denen das Klima nagt. Der polynesische
Schlendrian, angeregt durch die tropische, fruchtbare Umgebung, hat sich gut
mit französischem Charme verbunden. Aber die Stadt ist lebhaft, die Einwohner
sind sehr freundlich, und sie können beides: gemächlichen Rhythmus leben und
ganz effizient arbeiten.
Planungen
Wir haben die Effizienz erlebt, als wir mit
der Air Tahiti, dem Flugmonopolisten, die Reise planten. Zuerst erwarben wir im
Flugbüro einen Ausweis für über 60-Jährige, der uns im Schnitt 40% Rabatt
brachte. Die Frau am Schalter war wirklich gut: Sie konnte telefonieren, den
Computer bedienen, Formulare ausfüllen und den Ausweis zusammenkleben, alles
gleichzeitig.
Elo stellte in der Zwischenzeit mit einer
anderen Dame einen Reiseplan auf. Als ich dazu kam, waren die Flüge fast schon
fertig gebucht, super auch hier. In einem Reisebüro hat uns dann Mme Justine,
deren Mutter aus La-Chaux-de-Fonds stammt, die Hotels organisiert. Wir fahren
respektive fliegen auf 4 Inseln: Mo’orea, Maupiti, Nuku Hiva auf den Marquises
und am Schluss – purer Luxus ist dann angesagt – auf Bora Bora. Dazwischen
landen wir immer wieder in Papeete, wo wir auch den Weihnachtstag verbringen.
Endlich warm – aber nass
Hier ist es endlich warm, tropisch warm.
Dafür haben wir eine Regenwoche erwischt, und es giesst immer wieder mal. Aber
nicht durchgehend, und es kühlt gar nicht ab, was wir schätzen. Am ersten Tag
können wir in der grossen Markthalle unterschlüpfen, auf deren Blechdach der
starke Regen trommelt, dessen Wasser dann wie ein Vorhang seitlich auf die
Strasse fällt. Wir schlendern durch die Gemüsestände und die Stände, die
Souvenirs, Kleider, Parfum und so allerhand Krimskrams verkaufen.
Für Elo finden wir eine schöne schwarze
Zuchtperle, günstig, da sie trotz schönem Glanz kleine Fehler hat, die wir aber
nicht sehen. Und ich stosse per Zufall auf einen Tätowier-Hammer, einige
Jahrzehnte alt, mit schön geschnitztem Stiel und einem Beilkopf ähnlich einem Steinzeitbeil
aus Haifischknochen. Die Schneide des Beils hat viele kleine Spitzen. Diese
wurden, so erklärte uns der Verkäufer, in die Tätowiertinte getaucht, und dann
wurde das Muster in die Haut geschlagen, was kleine Wunden ergab, in die die
Tinte dann eindrang. Wir kaufen das schöne Stück – der Wirt ist am Abend beeindruckt
vom günstigen Preis –, aber benutzen wollen wir ihn nicht.
Verkauft hat uns das Stück ein Mahu. Das sind
Männer, die sich wie Frauen kleiden und verhalten. Sie werden von Kind auf wie
Mädchen erzogen, sind aber nicht homosexuell. Die Missionare waren völlig von
den Socken, als sie vor über 200 Jahren auf so was stiessen. „Shocking“, meinten
zuerst die Engländer und sprachen von „unnatural crime (unnatürliches
Verbrechen)“, „détestable“ wagten dann die Franzosen, die anschliessend die
Inseln an sich rissen – die sie später (bis vor gut 15 Jahren!) für ihre
Atomversuche missbrauchten, wofür die Begriffe wohl besser passen. Auf jeden
Fall konnten sie den Brauch nicht ausrotten.
Mo’orea
Wir fliegen nach Mo’orea, die Insel, die
unmittelbar neben Papeete liegt. Die Fähre wäre auch gegangen, aber Air Tahiti
hat das alles mit dem Flieger gemacht. Mo’orea ist, wie die Hauptinsel Tahiti
und viele andere hier, ein Atoll, in dessen Mitte ein Vulkan steht (ca. 1,5 bis
2 Millionen Jahre alt), der umgeben ist von einem sogenannten Saumriff. Bei
kleineren Atollen steht heute nur noch das Riff. Das Riff geht rund um die
Insel, immer in etwa einem Kilometer Abstand. Es hat mehrere Stellen, an denen
Schiffe passieren können, aber sonst schottet es die Insel von den Wellen ab,
die wir immer auf das Riff auflaufen hören. Die Strasse rund um die Insel ist
mit allen Einbuchtungen etwa 60 Kilometer lang.
Innerhalb ist die Lagune sehr ruhig. Wenn
kein starker Wind weht, ist das Wasser spiegelglatt und glasklar. Das Wasser ist
bei uns nicht tief. Wenn ich über den Korallenstöcken stehe, sehe ich alle
Fische wie in einem Aquarium.
Wir wohnen in einer kleinen Hotelanlage in
polynesischem Stil, mit Palmblättern gedeckte Bungalows (polynesisch Faré),
einige Schritte vom Meer, sodass wir uns zum Baden im Häuschen umziehen können.
Das Wasser ist, wie gesagt, nicht tief: Bei Ebbe müssen wir es etwas suchen.
Und es hat eine mehr oder weniger starke Strömung, immer in der gleichen
Richtung, von links nach rechts (Westen – Osten). Das ist dann wie in einer
Gegenstromanlage: Wir schwimmen und bleiben fast stehen. Aber das Wasser ist
herrlich warm
Eine feuchte Geschichte
Am Strand sind Palmen, Bilderbuchsüdsee, bei
schönem Wetter. Aber dieses ist rar. Es regnet sehr viel, oft urplötzlich und
wie aus Kübeln, dann hört es wieder auf, oder auch nicht. Wir leben die
Ausläufer von Tropenstürmen weiter westlich aus. Zwischen den Güssen gehen wir
mal schwimmen, dann sind wir wieder auf den zum Glück recht geräumigen Bungalow
(grosser Wohnraum und Schlafraum) angewiesen. Wenn es schifft, wird es so
dunkel, dass ich jetzt mit Licht schreiben muss, mitten am Tag. Eben giesst es
so, dass ich kaum den Nachbarbungalow sehe.
Wir benutzen nur einen Badeanzug, den wir
immer wieder nass anziehen. Trocken wird hier gar nichts. Wir haben heute
Wäsche zum Waschen gegeben. Sie soll morgen trocken sein. Mal sehen. Gute Seite:
Meine Brissagos sind wieder wie neu.
Wir haben hier eine kleine Küche, in der wir
unser Frühstück machen. Dafür müssen wir im nahen Dorf einkaufen. Wir suchen
jeweils ein Regenloch, um hinzugehen. Gestern haben wir es fast geschafft: 5
Minuten vor dem Hotel kam es dann aber doch. Und der Ausflug war, sieht man vom
Spaziergang ab, erst noch für die Katz: Sonntag. Und der wird hier befolgt, alles
zu.
Wir gehen immer zwischen den Güssen
schwimmen. Manchmal reicht die Zeit nicht voll aus, und es kommt schon wieder,
wenn wir noch im Wasser sind. Dann ist es, wie wenn du in der Badewanne sitzt,
im Bad also, und gleichzeitig die Dusche auf Volldampf laufen lässt, ganz
angenehm. Eine Zeitlang.
Einen Tag regnet es voll durch, wie aus
Giesskannen. Das Trommeln des Regens auf dem Dach klingt fast gleich wie der
Regen auf dem Zelt im Pfadilager. Erinnerungen werden wach. Seealpsee, eine
Woche Regen und Schnee: Eine feuchte Geschichte. Aber wie gesagt:
Das Positive ist, dass es auch bei starkem
Regen oder Gewitter – heute Nacht hat es ganz schön gerummst – zwar etwas
kühler wird, aber nie richtig abkühlt. Es ist immer um die 30 Grad. Sonst wäre
es nicht zum Aushalten. Die Hoffnung auf Besserung ist nicht gross, wir werden
wohl mit Schwimmhäuten zwischen Fingern und Zehen heimkommen.
Fliegen wie anno dunnemals
Die nächster Destination ist das am Westende
des Archipels der Gesellschaftsinseln gelegene Maupiti, eine Insel mit 1200
Einwohnern und bekannt als sehr geruhsam und schön. Wir fliegen – wie auf allen
Verschiebungen in Französische Polynesien – über die Hauptstadt Papeete auf der
Hauptinsel Tahiti. Der Flughafen von Mo’orea ist noch sehr still, als wir um
halb acht ankommen.
Ein Krebs huscht über den Eingang, eine Katze
putzt sich vor dem Abfertigungsschalter, elektronische Kontrollen gibt es hier
nicht. Ein netter Mann fertigt uns in 2 Minuten ab, dann fällt alles zurück in
die Ruhe des Morgens. Die kleine Tochter begutachtet die Abfertigungsanlagen.
Dann kommen zwei Inder. Kurz vor dem Abflug noch eine Familie mit Kind. Wir
sieben werden dann über das Gelände ins Flugzeug geführt und los geht’s.
Fliegen wie anno dunnemals.
In Papeete ist das Gepäck schon da, als wir
den Flughafen betreten. Wir checken es ein und dann haben wir drei Stunden
Zeit. Wir nehmen den Bus in die Stadt, sind in 15 Minuten im Zentrum am Markt.
Nach einigen Einkäufen – Zahnputzmaterial und eine Taucherbrille für den Monsieur
– gibt es ein Bier oder einen Tee, ein Sandwich, ein weiteres Bier und einen
Express, und dann geht es wieder mit dem Bus an den Flughafen, wo wir nach 20
Minuten den Flieger nach Maupiti besteigen. Der ist voll, denn der Flug vom
Vortag ist ausgefallen.
Flughafen im Wasser
Auf dem Flug können wir einige Inselatolle
besichtigen, so auch Bora Bora, wo wir dann am Schluss sein werden. Hier sehen
wir es deutlich: in der Mitte jeweils der alte Vulkan, rund herum das
Korallenriff, dazwischen die Lagune.
Der Flughafen hier ist noch kleiner, alles im
Freien, Die Landebahn liegt aufgeschüttet in der flachen Lagune, das Wasser ist
quasi auf Fensterhöhe. Wir werden von Camille, unserem Gastwirt, mit einem
Blumenkranz begrüsst.
Dann geht es mit dem Gepäck einige Schritte zur Vorfahrt
– nicht der Taxis und Busse, sondern der Boote, die die Passagiere zu den verschiedenen Destinationen im Atoll bringen.
Kuriri Village
Wir fahren an der Zentralinsel vorbei hinaus
zu unserem Motu, so heissen die flachen Koralleninseln rund um das Atoll. Auf
dem Motu Diapa’a legen wir auf der Lagunenseite an, und nach wenigen Schritten
sind wir über das Motu gegangen und in unserer Pension auf der Ozeanseite, die
auch hier vom Korallenriff etwa hundert Meter weiter aussen geschützt ist.
Die Pension heisst Kuriri Village und wird
von Camille und seiner Partnerin Anne Marie, beide Franzosen, betrieben. Es ist
sehr familiär: 5 Pavillons, eine offne „Halle“ mit einem grossen Esstisch und
einer Sitzgruppe, einer kleineren Frühstückshalle am Strand, einem Hauptgebäude
mit Küche, Büro und Wohnraum der Wirte, einigen Nebengebäuden, und fertig. Auf
der Lagunenseite liegen 6 Kajaks, die wir benutzen können (korrekter: "könnten", denn wir sind zu faul).
Unser Bungalow ist geräumig und gemütlich: Eintrittsbereich,
Wohnnische mit Sitzgruppe, Schlafnische, das Bad ist angebaut, sehr schön,
offen mit kleinem Garten. Eine Leiter führt zu einem weiteren Schlafplatz unter
dem Dach. Wir frühstücken individuell, das Abendessen ist gemeinsam. Das Essen
ist tahitisch: Viel Fisch, oft Kokos als Gewürz, Gemüse und Dessert. Zuerst
sind wir mit einer vierköpfigen Franzosenfamilie und einem italienischen Paar,
die beide morgen abfahren. es kommen vier Italiener und zwei Franzosen.
Faulenzen
Dann schwimmen wir (ich nicht immer). Dann
machen wir einen Spaziergang im Sand und im Wasser um fast das ganze Motu, der
eine halbe Stunde dauert. Dann lesen wir wieder, dann schwimmen wir wieder,
dann ein Apéro, dann Abendessen, dann ein Glas Wein und lesen und vielleicht
noch eine Brissago, dann gute Nacht!
Dolce far niente.
Pfarrer
Heute haben wir die Zentralinsel besucht und
besichtigt. Camille hat uns über die Lagune gefahren, dann haben wir Velos
gemietet. Die Rundreise ist 9 Kilometer, eine Steigung. Im Dorf kaufen wir Gummischuhe
zum Baden und Flipflops für Elo.
Im Zentrum ist eine grosse Kirche, rundrum
viel Betrieb. Wir erfahren, dass morgen eine grosse Doppelhochzeit ist. Die
Familien haben das angrenzende Gemeinschaftszentrum gemietet, viele schlafen
heute schon dort. In der Küche wird das Essen vorbereitet, alles mit direkter
Aussicht auf die Lagune.
Bürgermeister
In der Mairie, dem Gemeindehaus treffen wir
den Vizegemeindepräsidenten. Er führt uns in den Sitzungsraum, und ich denke,
es wird nicht so schnell wieder einen Ort geben, an dem ein Gemeinderat tagt,
der eine so sensationelle Aussicht hat: voll auf die Lagune und das Riff weiter
draussen. Der Rat hat 15 Mitglieder, die verschiedenen Parteien angehören. Aber
es werden eigentlich Personen gewählt.
Steuern werden von den 1260 Einwohnern nicht erhoben, nur Abgaben für Wasser, Abfall
und so. Für weitere Ausgaben erhält die Kommune Geld von der Regierung in
Papeete, die auch die einzige Strasse unterhält. Der Strom kommt von einem
kleinen Kraftwerk. Solarstrom ist im Kommen, wobei für die Zellen je die Hälfte
vom Staat und vom Bürger bezahlt wird. Aber letzterer braucht dazu Bares, und
die Leute sind arm. Sie leben vom Fischfang, haben Gärten, betreiben
Kunsthandwerk für die Touristen. Der Abfall wird verbrannt, nur Plastik wird
gesammelt und auf der Hauptinsel rezykliert.
Fischer
Wir fahren um die Insel. An der Südspitze ist
ein schöner Strand, an dem wir baden und lesen. Elo hat eine gute Mango
gefunden (Mango mission) – es ist Saison
–, die wir als Mittagessen zusammen mit zwei Crackers verspeisen. Auf dem
Rückweg schenkt uns ein Mann an der Strasse zwei weitere Mangos. Er hat eine
Pension und bedauert, dass wir nicht bei ihm abgestiegen sind.
Dann haben wir bis zum Rendezvous mit Camille
noch eine Stunde Zeit, und wir wollen ein Bier trinken (ich!). Aber das einzige
Restaurant ist zu, im Hof am Strand unter dem Dach sitzen ein paar Männer. Sie
fragen mich, was wir wollen, und als ich „une bière“ sage, schicken sie einen
auf dem Motorrad mit einem Rucksack los. Ich kaufe eine Flasche von dem, was er
mitbringt, und wir kommen ins Gespräch.
Es sind Fischer, teils im Pensionsalter. Sie fischen innerhalb und ausserhalb des Riffs, und sie verkaufen den Fisch an Pensionen und Private. Aber auch Tauschwirtschaft ist noch gang und gäbe: Fisch gegen Gemüse und Früchte, und so müssen sie dann nur noch das Brot kaufen, wie sie erzählen. Dieses wird auf der Insel gebacken, das Mehl kommt aus Frankreich, da Maniokbrot nicht mehr beliebt ist.
Die Leute sind gut informiert über die Welt,
interessiert und unterhaltend. Am Nachmittag (und nicht nur am Nachmittag)
haben sie Zeit für einen Schwatz und ein Bier. Fischen können sie am Morgen
oder in der Nacht. Es ist windig, wodurch die
Regenschauer nur ganz kurz sind, die Sonne scheint, die Farben des
Wassers in der Lagune sind prächtig.
Der Lebensrhythmus ist gemächlich.
Hochzeit
Heute haben uns unsere Gastgeber mit auf den
zivilen Teil der Doppelhochzeit genommen. Wir fuhren mit dem Boot zur Marie und
waren auch im Saal mit den festlich geschmückten Brautpaaren und Gästen. Vorn
am Tisch las der Bürgermeister die Trauurkunde in Tahitisch vor und Bräutigam
und Braut beantworteten seine Frage mit einem Wort, das wohl „ja“ hiess, dann
las die Gemeindeschreiberin die französische Uebersetzung, dann hatten das
Brautpaar, der Bürgermeister und die Trauzeugen viele Unterschriften in
Register und auf Kopien zu leisten, dann durften die Brautleute sich küssen und
wir applaudierten wie wild.
Es war sehr feierlich. Alle waren schön
angezogen, nur wir etwas sehr einfach. Auch die Kinder sahen aus wie kleine
Bräute, vor allem die Kinder der Brautpaare, die munter umhersprangen. Die
Brautpaare, die Bräute waren Schwestern, hatten nämlich schon lang Kinder und
waren alle Ende 30. Warum sie jetzt oder überhaupt heirateten, konnte uns
niemand sagen.
Eine eindrückliche alte Dame von 93 Jahren mit Blumenkranz um
den Hals und auf dem Kopf liess sich von Camille vor einem Jugendporträt aus
dem Jahr 1935 fotografieren, das in der Sammlung alter Fotos im Sitzungszimmer
hängt. Das junge, oben ohne poisierende Mädchen von damals war eine würdevolle
Schönheit, die Dame von heute ist es immer noch.
Nach der Trauung begrüsste uns der
stellvertretende Bürgermeister, den wir gestern kennen gelernt hatten, und
stellte uns den Bürgermeister vor. Dieser ist mit zwischenzeitlichen Abwahlen
und Wiederwahlen seit 1972 im Amt und präzisierte die Einwohnerzahl auf 1231
(Zählung von vor einem Jahr).
(Hier noch einige Bilder, die Valerio, ein sizilianischer Mailänder, der in der gleichen Pension wohnt, in der Kirche gemacht hat:)
Heute Nachmittag ist es wieder regnerisch und
windig. Morgen müssen wir auf der Insel zügeln, die Pension Kuriri ist ab dann
besetzt, und wir gehen in die Pension Auira auf dem Motu gleichen Namens auf
der anderen Seite des Atolls.
Vom Regen in die Sonne
Am Morgen giesst es wie aus Kübeln. Wir
packen unsere Reisetasche (wir haben hier auf den Inseln nur eine, die andere
ist in Papeete eingestellt) in Abfallsäcke kunstvoll ein, ebenso die Rucksäcke.
Dann geht es bei etwas leichterem Regen über die Lagune, wo uns Gilbert, der
neue Wirt, mit seinem Sohn abholt. Nach einer kurzen Autofahrt werden das
Gepäck und wir durch das seichte Wasser auf ein Schiff geladen, dann geht es
wieder über die Lagune, und wir sind da.
Aussicht aus dem Bungalow
Wir haben an sehr schöner Lage nun für zwei Nächte ein etwas einfacheres Quartier. Aber der Regen hat aufgehört, die Sonne kommt leicht durch, der Gastgeber und seine Frau Ena sind sehr sympathisch, das Wasser ist warm, die Fische auf den Korallenstöcken, wo ich schnorchle, wirken wie in einem grossartigen Aquarium. Was macht es da aus, dass die Toilette weder Brille noch (natürlich dann) Deckel hat. Aber die Spülung läuft, das Licht brennt, ein Moskitonetz ist vorhanden. Alles palletti.
Nur die vielen Hunde sind eine Plage. Sie
belästigen uns am Strand, und Elo wird auf dem Spaziergang fast aufgefressen.
Weihnachten in der Südsee
Es ist eine Stimmung hier, die eigentlich gar
nicht an Weihnachten erinnert: Es ist warm, vor dem Zimmer der Strand mit
feinem Sand, Kokospalmen, die Lagune mit dem gelblichen Wasser über dem Sand,
das dann, wenn es tiefer wird, ins Stahlblaue/Türkise übergeht, dann und wann
ein Boot in der Lagune, und je nach Wetter: Wolken, warme Regenschauer,
Sonnenschein, etwas Wind, Kinder am Fischen, Hunde faul im Sande sich räkelnd,
fast keine Leute. Wir sitzen in Badehosen und T-shirt auf unserer Veranda und
geniessen die Aussicht – kurz, Südsee wie im Bilderbuch.
In der Pension haben Edna und Gilbert einen
schönen Christbaum aufgebaut, aber er ist für uns etwas anachronistisch,
er passt nicht so ganz. Aber am 24. gibt
es dann ein richtiges Weihnachtsmenue: Salat mit rohem, eingelegtem Fisch,
Muscheln in einer ausgezeichneten Weissweinsauce, Truthahn (!), dazu Salat,
Reis, Bratkartoffeln, und zum Abschluss einen Fruchtsalat. Danach sitzen wir
auf unserer Veranda und geniessen die Lagune bei fast vollem Mond. Am Strand
auf der Hauptinsel ist eine Party, die Musik klingt bei leichtem Wind bis zu
uns herüber. Wir geniessen den Weihnachtsabend auf polynesisch.
Edna mit zwei Enkeln und zwei FranzosenkindernMoschtkopf
Alle unsere Flüge gehen über Papeete. Wir
werden von Gilbert zum Flughafen gebracht, und Edna schenkt uns zwei
wunderschöne Muschelketten. Der Flug geht in den Regen, in der Hauptstadt schifft
es den ganzen Tag schon. Wir übernachten wieder im Fare Suisse, was
Schweizerhaus heisst.
Bilder von diesem Reiseteil kann ich zur Zeit
keine liefern, wenn überhaupt. Ich Moschtkopf habe nämlich die Kamera im Flugi
liegen gelassen, auf dem Sitz. Air Tahiti ist am suchen, und wenn ich Glück habe, bekomme ich sie morgen
früh um 6, wenn wir von hier nach den Marquises/Marquesas abfliegen.
Hoffentlich kommt er wieder vüren, denn ein Fotogeschäft gibt es da sicher
nicht, und dann gibt es auch von dort nur Text.
25.12.12 / JB.
PS. Weihnachtsgeschenk
Der Foti ist vürengekommen! Die Putzfrau hat
ihn gefunden, ich kann ihn morgen früh beim Einchecken behändigen.! Die Fotos
werden baldmögichst nachgeliefert.
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