Südkorea 1
Vorbemerkung
Die Form der Blogspots wird sich von hier ab etwas ändern. An die Stelle des Reisetagebuchs der Spots bis Vladivostok werden eher generelle Eindrücke treten, sicher auch immer wieder mit eingestreuten Erlebnissen. Aber die Chronologie werden wir nicht gleich aufrecht erhalten wollen und können.
Das hängt sicher damit zusammen, dass wir anders reisen, als bisher. Wir lassen fahren, nicht unsere Winde, nein Flugkapitäne, Chauffeure, Lokomotivführer, Bus- und Taxifahrer sind nun für unsere Fortbewegung verantwortlich, wir lehnen uns zurück.
Das gibt andere Eindrücke, diese führen zu anderem Ausdruck.
Russische Post mit Nachschlag
Wir sind seit dem 13. 9. in Südkorea. Das hängt damit zusammen, dass dies mit Olga aus Vladivostok einfacher zu organisieren war. Und es hat sich gelohnt. Aus Russland haben wir gehört, dass die russische Post sich geweigert hat, unsere Autonummern in die Schweiz zu spedieren, da sich darauf ein mit dem Schweizerkreuz ein Nationalemblem befindet. Begründung?????????? Sie werden also vermutlich auch keine Sackmesser mit Victorinox-Zeichen senden, aber da sie sowieso keine Messer transportieren, spielt das eine geringere Rolle. Bei Papierservietten mit Schweizerkreuzen, Schoggis mit dem helvetischen Staatswappen usw. wird es dann schon schwieriger. Ich habe auf jeden Fall geraten, die Wappen abzuschneiden und es so zu senden. In Frauenfeld bei der Automobilkontrolle werden sie sicher gnädig darüber hinwegsehen und das Auto abmelden!
In diesem Teil ist Jürgs Beitrag kursiv, Elo schreibt versal.
Im Land der Morgenstille
Wir fühlen uns in einer anderen Welt – nicht nur, weil wir anders reisen. Obwohl Vladivostok sehr europäisch ist, und wir in Südkorea in einer alten asiatischen Kultur sind, fühlen wir uns in Seoul näher an zu Hause. Zwar müssen wir hier auch erst lernen, wie alles funktioniert, aber es läuft zumindest oberflächlich alles ganz ähnlich wie in der Schweiz.
Das Land der Morgenstille ist allerdings alles andere als still, sondern sehr busy. Hier sind wir ganz und gar in der Informations- und Kommunikationsgesellschaft. Zwar sind wir totale Analphabeten (in Russland konnten wir doch die Schrift lesen und Vieles entziffern), aber wir finden uns viel besser zurecht. Das beginnt schon am Flughafen. In kaum ein anderes Land ausserhalb Westeuropas sind wir je so schnell eingereist. Hinweisschilder führen durch das Gewirr des Flughafens. Schnell haben wir ein Handy gemietet (das wir an einem anderen Flughafen oder Hafen wieder abgeben können), rasch wissen wir, welchen Bus wir wo nehmen müssen, um möglichst nahe an unser reserviertes Hotel zu kommen.
18 Minuten bis Goldfluss
Auch in der U-Bahn ist alles angeschrieben und somit leicht zu handhaben. Die Stationen sind jeweils in drei Sprachen angekündigt: koreanisch, japanisch und englisch. Wir haben dann noch Aha-Erlebnisse, wenn wir aus den japanischen Schriftzeichen (die ja zum Teil mit den chinesischen identisch sind) ersehen, dass die Station Akasu Goldfluss bedeutet.
Und zudem: Sobald wir irgendwo scheinbar ratlos mit unserem Stadtplan herumstehen, spricht uns bald jemand in Englisch an und fragt, ob er helfen könne. Ein älterer Herr zückt sein Handy, gibt etwas ein und informiert uns dann: „Sie müssen bis zu Ihrem Ziel neun Stationen fahren, das dauert ungefähr 18 Minuten.“
In einem Park entlang eines Kanals sind Schilder, die Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen darauf hinweisen, wo eine Rampe ist und wo sie nicht durchkommen. In Russland, so unser Eindruck, könnte man vor einem Abgrund stehen und es gebe kein Warnschild.
Anscheinend wollen die Südkoreaner auch genau darüber informiert sein, was sie in einem Restaurant erwartet. Welcher Art Küche auch immer - Bilder oder Plastikgerichte zeigen, was den Gast erwartet. Für uns äusserst angenehm. Ein kleiner Irrtum ist uns allerdings auch schon unterlaufen. Wir bestellten eine Platte, auf der saftiges rohes Fleisch, allerlei Gemüse und Nudeln zu sehen waren – in der Annahme, das werde wie am Nachbartisch für uns gegrillt. Die Kellnerin brachte zwar einen Ofen, erhitzte aber damit Wasser und brachte alles darin zum Kochen. So assen wir denn Nudelsuppe.
Handys, Handys, Handys
Ohne Handys können Südkoreaner und –koreanerinnen nicht leben. Es wir ständig telefoniert, oder aus dem Handy werden irgendwelche Informationen herausgeholt. Man hat das Gefühl, die Menschen leben in einer Scheinwelt, die sie ständig mit anderen verbindet, während sie ihre reale Umgebung rechts und links überhaupt nicht wahrnehmen.
Es ist aber auch eine junge Gesellschaft, zumindest dem Anschein nach in der Stadt, auf den Strassen, in der U-Bahn. Die Verkehrsverbindungen sind gut: ein dichtes, bequemes Netz an U-Bahnen und Bussen. Jede dritte Station ist irgendeine Universität. Die Stadt hat viele Parks und Promenaden entlang des Flusses und des Kanals, schön gestaltet für Fussgänger und Velofahrer.
Die Hochhäuser, in denen die Menschen dieser 16-Millionenstadt leben, wirken auf uns allerdings abweisend und anonym. Auf den Strassen herrscht Dauerstau.
Dennoch waren wir in knapp zweieinhalb Stunden in Sokcho, einer Stadt im Nordosten, Ausgangspunkt für Ausflüge in den Seoraksan-Nationalpark.
Die Stadt ist langweilig, auf Japaner eingestellt, vom Stadtplan, über das Hotel bis zu den Restaurants. Wir erhoffen uns Stille und Erholung im Gebirge und am Meer – aber der Wettergott meint es nicht gut mit uns.
Sightseeing
Wir haben das Tempo aus der Reise rausgenommen, lassen uns Zeit. Wir wollen an den Orten länger bleiben, auch im Land insgesamt.
In Seoul haben wir uns mit der Metro und zu Fuss bewegt. Der Metroplan gibt jeder Station eine dreistellige Nummer. Die erste Zahl für die Linie, dann die Haltestelle. Die Automaten sind auch in Englisch ablesbar. Du gibst die Nummer ein, dann die Banknoten und die Kiste spuckt Billets in Form von Plastikkarten aus und das Retourgeld. Am Zielort steckst Du die Karten in eine andere Maschine, die dann das Depot, das auf der Karte erhoben wird, zurückgibt.
Auf den Perrons gibt es, leider vorab in Koreanisch, grosse interaktive Bildschirme mit Karten, Streckenplänen usw. Du kannst die Karte mit dem Finger antippen und bewegen, vergrössern usw.
Wir sind zuerst in eine Art Ballenberg à la coréenne gegangen, mit (gut 100 Jahre) alten Häusern und einem schönen Park.
Freiheit
Im Café des Parks sind wir mit einer Gruppe Philippinas/nos ins Gespräch gekommen. Diese haben, als sie unsere Reisepläne hörten, vorgeschlagen, wir sollten doch für die Badeferien, die wir an sich eher in Indonesien (nicht: Bali!, da waren wir schon) machen wollten, doch lieber in ihr schönes Land gehen. Und sie haben uns gleich auch die besten Destinationen vorgeschlagen. Und das werden wir, obwohl wir davor nie daran gedacht hatten, jetzt wohl auch tun.
Das ist für uns zur Zeit Freiheit, nicht die grosse, allgemein menschliche, versteht sich, aber die persönliche, bourgeoise. Einfach von heute auf morgen zu sagen, das machen wir so, und alte Pläne über den Haufen zu werfen. Dafür nehmen wir die paar Unannehmlichkeiten, Unbequemlichkeiten gerne in Kauf¨
Schopping
Dann sind wir durch die Stadt getigert. Zuerst zum Markt (riesig!), um zu schoppen (das wird jetzt eingedeutscht!). Elo hat einen Ersatz für ihr mittlerweile schäbiges Handtäschli gesucht, dessen Leder sich von aussen her auflöst. Und nicht gefunden, bis jetzt. Dann wollte sie schon lange ein zweites Paar Jeans. Das hat sie gefunden. Anprobiert hat sie sie auf der Strasse, über die anderen Hosen drüber. Sie passen und wurden auf dem Markt sofort gekürzt. Und ich wollte den Geldclip für die Banknoten ersetzen. Das gelang mir erst zwei Tage später auf der Busstation.
Elos Jeans in Arbeit
Erholung am Fluss
Als dann unsere Beine total müde wurden, kamen wir an einen Fluss, der ca. 7-8 Meter unter dem Strassenniveau quer durch die Stadt geht. Beiderseitig gibt es einen Spazierweg, Ubergänge sind als Brücken oder Trittsteine ausgebildet. Die Bewohner Seouls geniessen das, sie sitzen am Ufer und halten die Füsse ins Wasser. Das taten wir auch, schauten den Kindern zu, die sich auch mal ins Wasser setzten, telefonierten mit Schwester Ruth, ruhten aus.
Kontakte mit Hindernissen
Ein Freund von uns, rüstig und wacker, nicht mehr der jüngste, gab uns eine Kontaktadresse, einen Geschäftskollegen aus früheren Asienjahren, den er als sehr hilfsbereit beschrieb. Ich habe da mehrfach angerufen, und bekam zunächst niemanden, dann mehrfach das Hauspersonal an den Apparat: „in ten minutes please“ usw. Dann war er einmal dran, aber wir verstanden uns kaum, und – erstaunlich – er wollte sich nicht an unseren Freund erinnern. Aber ich solle doch in einer Stunde wieder anrufen. Wieder das Personal, und beim dritten Mal konnte ich dann wenigstens meine Telefonnummer hinterlassen. Beim Abendessen rief er dann an, und es war ein merkwürdiges Gespräch. Vom Freund wollte er immer noch nichts wissen, auch nicht von Ciba-Geigy, wo sie zusammen gearbeitet haben sollen. Als ich dann noch meinte, ich müsste auch seine Frau grüssen, kam ein so erstaunter Ausruf: „my wife???“, dass ich glaube, mein Gesprächspartner ist gar nicht verheiratet.
Wir haben uns dann sehr freundlich verabschiedet, ich dankte für den Rückruf und hatte Verständnis, dass er „very busy“ war, und er wünschte uns eine gute Reise. Per Mail meinte dann unser Freund, das sei vermutlich der Sohn gewesen, knapp 50, Professor, der die Wohnung vom Vater übernommen habe.
Reiseplanung bis Peking
Christina Song in ihrem Reisebüro
Für Südkorea haben wir die Hilfe eines lokalen Reisebüros in Anspruch genommen. Die Inhaberin hat in Deutschland Betriebswirtschaft studiert. Auf dem Plan sind der Nationalpark bei Sokcho und die alte Kaiserstadt Gyoengju im Süden. Dann geht es über Busan nach Tokyo (am 24.9.).Bezahlen mussten wir bar, der Bankomat gibt nur 75 Franken her und daher haben wir unsere Barbestände geplündert (im Land, in dem alles elektronisch geht).
Dazwischen sind wir noch für eine Nacht in Seoul bei der Schwester eines leider früh verstorbenen koreanischen Freundes eingeladen, der in Deutschland gelebt hat und dort verheiratet war
Für die weitere Planung haben wir uns des Internets bedient. Wir haben ein Hotel in Tokyo für 3 Nächte reserviert, dann wissen wir noch nicht, was wir im Detail machen werden. wir werden auch hier ein Reisebüro suchen. Was wir wissen, ist, dass wir am 4. Oktober nach Peking fliegen werden (von Fukuoka in Südjapan nach Peking). Kioto, die alte Kaiserstadt, wollen wir auf alle Fälle besichtigen. In Peking haben wir das Hotel gebucht, vom 4. bis 15. 10. Und zwar – den Luxuskasten Penninsula. Das Superangebot im Internet hat Elo und dann auch mich überzeugt. Da lassen wir uns dann verwöhnen.
Regentag am Nationalpark
Gestern Abend haben wir im Fressdistrikt des Ortes Meeresfrüchte gegessen. Auf dem Boden, vor uns eine grosse mit Gas beheizte Pfanne, in der alles frisch gekocht wurde. Es war ausgezeichnet, wenn auch die Schärfe (wir haben gesagt: wenig!) auch für uns an der Grenze war. Als wir nach dem Essen wieder auf den Beinen waren und der Krampf sich gelöst hatte, waren wir uns einig: Sehr gut.
Jetzt sitzen wir im schönen Zimmer des guten und recht preiswerten Etablissement mit dem tollen Namen „Class 300 Membership Hotel“ und warten darauf, dass der starke Regen aufhört, der uns vor dem Ausflug in den nahe gelegenen Nationalpark hängt. Wir haben feine Meersicht – es ist stürmisch bewegt. Die Aussichten für morgen sind gleichbleibend – miserabel!
Koreanisches Spa
Hier im Vorort von Sokcho gibt es ein bekanntes Thermalbad, Cheoksan. Nach Internetrecherche ob das auch zugänglich sei, sind wir mit dem Bus hin, einmal umsteigen, quasi von Tür zu Tür. Wir haben die durchsichtigen Regencapes genommen, Sandalen, an den Freizeithosen die Unterbeine abgeschraubt und sind in den Regen. Es ging ganz gut.
Das Bad ist gut. Männer und Frauen getrennt, Männer oben am Licht, Frauen unten im Keller, wie es sich gehört! Ich beschreibe das Männerbad. Alles ist perfekt organisiert. Nach dem Eintritt (7000 Won oder gut 5 Franken) stellst du die Schuhe in ein Schliessfach ein, diesen Schlüssel tauschst du gegen einen elektronischen Kleiderkastenschlüssel.
Dann ziehst du alles aus, denn was jetzt kommt ist immer alles splitterfasernakt. In einem Eingangsbereich findest du Duschen, Seife und frische Tücher, zum dich waschen. Dann kommen die Bäder. Nicht so gross zum schwimmen, aber viele verschiedene: 38°, 40°, 42°, 44° oder recht frisches aber nicht kaltes Wasser, mit oder ohne Whirlpool, mit oder ohne Massagedüsen (oft sehr hart eingestellt), ein Becken mit Liegebänken unter Wasser, die Massagedüsen haben, ein Whirlpool im Freien, wo es dir auf den Kop regnet. Dann zwei Saunen, 83 und 86° (bei den Frauen markant weniger, sagt Elo).
Im Nassbereich sind auch Ruheliegen, auf denen du fröhlich weiterschwitzt, und zwei Massageplätze, die beide benutzt wurden, wenn auch nicht von mir.
In der Mitte ist der eigentliche Reinigungsbereich: Neben normalen Duschen viel Waschplätze auf Kniehöhe: ein Stühlchen von ca. 20 cm Höhe, davor Duschschläuche, Seifenhalter usw. Du kannst neben den erwähnten Waschtüchern auch Waschlappen, dann auch Zahnbürsten und – nicht im Nassbereich – Haarbürsten benutzen. Gebraucht kommen sie in einen Korb, dann werden sie gewaschen und – Zahn- und Haarbürsten in richtigen Autoklaven wie das Operationsbesteck im Spital sterilisiert.
Nach dem Verlassen des Nassbereichs findest du noch einen Coiffeur, Spiegel und Rasiermöglichkeiten, eine Waage. (Ich habe mich draufgestellt, das erste Mal seit langem. Ich wiege jetzt netto noch 82 Kilo, und damit dürfte die minus 10, die ich Elo versprochen habe, in etwa erreicht haben. Aber das ist ein Zwischenziel.)
Beim verlassen der Männerabteilung sehe ich noch, dass ich, hätte ich keine Sandalen getragen, mir die Schuhe hätte putzen lassen können. Der Schuhputzer war selbstverständlich auch im Badekostüm, nicht nackt zwar, aber nur mit Lendentuch bekleidet.
18.9. ejb
Kein Wunder hängen alle am Handy, wenn sie die Blogeinträge ihrer Verwandte stetig lesen müssen ;-).
AntwortenLöschenDanke für den Bericht, geniesst es!
Ich habe in Deutschland einfach Handy Leasing gemacht. Damit konnte ich dann überall das Smartphone verwenden.
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